21.11.2024
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Dokument-Nr. 5364

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Bundesverfassungsgericht Beschluss11.12.2007

Anrechnung von Erwer­b­s­ein­kommen einer Beamtenwitwe auf das Witwengeld verfas­sungs­rechtlich nicht zu beanstanden

Nach § 53 Beamten­ver­sor­gungs­gesetz müssen sich Ruhestands­beamte und ihre Hinterbliebenen auf ihre Versor­gungs­bezüge in gewissem Umfang anderweitiges Erwerbs- und Erwer­b­s­er­sat­zein­kommen anrechnen lassen, wenn die Versor­gungs­bezüge zusammen mit dem anderweitigen Einkommen eine bestimmte Höchstgrenze übersteigen. Erwerbs- und Erwer­b­s­er­sat­zein­kommen aus einer Beschäftigung in der Privat­wirt­schaft finden allerdings nur solange Berück­sich­tigung, bis der Versor­gungs­be­rechtigte das 65. Lebensjahr vollendet hat.

Die 1955 geborene Beschwer­de­führerin ist die Witwe eines im Jahre 2001 verstorbenen Beamten. Das Witwengeld, das zunächst auf 2.591,27 DM festgesetzt worden war, wurde aufgrund eigenen Erwer­b­s­ein­kommens der Beschwer­de­führerin aus einer Tätigkeit für ein privates Versi­che­rungs­un­ter­nehmen bis zur Höhe von 886,55 DM zum Ruhen gebracht. Die hiergegen gerichtete Klage blieb vor den Verwal­tungs­ge­richten ohne Erfolg. Mit ihrer Verfas­sungs­be­schwerde wendet sich die Beschwer­de­führerin gegen die Anrechnung ihres Einkommens auf ihre Versor­gungs­ansprüche. Des Weiteren rügt sie, dass ihr Einkommen mit dem Bruttobetrag in die Ruhens­be­rechnung eingestellt worden ist.

Die 1. Kammer des Zweiten Senats des Bundes­ver­fas­sungs­ge­richts hat die Verfas­sungs­be­schwerde nicht zur Entscheidung angenommen. Die Anrechnung des privaten Erwer­b­s­ein­kommens der Beschwer­de­führerin auf das Witwengeld sowie die Zugrundelegung des Bruttobetrages sind verfas­sungs­rechtlich nicht zu beanstanden.

Dem Nicht­an­nah­me­be­schluss liegen im Wesentlichen folgende Erwägungen zu Grunde:

1. Die Vorschrift des § 53 BeamtVG ist zunächst insoweit verfas­sungs­rechtlich unbedenklich, als sie eine Anrechnung privat­wirt­schaft­lichen Erwer­b­s­ein­kommens des Ruhestands­beamten selbst auf das Ruhegehalt vorsieht. Sie ist durch den Gedanken des Vorteils­aus­gleichs gerechtfertigt. Der vorzeitige Ruhestand­seintritt und der damit verbundene vorzeitige Wegfall der Dienst­leis­tungs­pflicht kann auf Seiten des Beamten Arbeitskraft freisetzen und ihm - im Einzelfall - ermöglichen, in erheblichem Umfang außerhalb des öffentlichen Dienstes erwerbstätig zu sein und unter Umständen zusammen mit seinem Ruhegehalt ein die vollen ruhege­halt­fähigen Dienstbezüge weit übersteigendes Einkommen zu erzielen. Derartige Vorteile schlagen sich typischerweise zu Lasten des Dienstherrn nieder. Diesem geht infolge der vorzeitigen Zurruhesetzung die Arbeitskraft des Beamten verloren. Gleichzeitig ist er über einen längeren Zeitraum hinweg zur Erbringung von Versor­gungs­leis­tungen verpflichtet. Dem Gesetzgeber war es daher gestattet, die durch einen Wegfall der Dienst­leis­tungs­ver­pflichtung vor Erreichen der Altergrenze eintretende Verschiebung des Pflich­ten­gefüges im Beamten­ver­hältnis durch eine Anrech­nungs­re­gelung auszugleichen. Dies ist mit der Vorschrift des § 53 BeamtVG sachgerecht erfolgt.

2. Hiervon ausgehend begegnet auch die in § 53 BeamtVG vorgesehe Anrechnung privat­wirt­schaft­lichen Erwer­b­s­ein­kommens einer Beamtenwitwe auf das Witwengeld keinen verfas­sungs­recht­lichen Bedenken. Denn der Versor­gungs­an­spruch des Hinterbliebenen ist von Verfassungs wegen nicht besser geschützt als die Ansprüche des Beamten selbst, aus dessen Rechtsposition sich die Hinter­blie­be­nen­ver­sorgung herleitet. Auch die konkrete Ausgestaltung der Vorschrift ist verfas­sungs­rechtlich nicht zu beanstanden. Die Anrech­nungs­re­gelung greift nur bei besonders hohem Erwer­b­s­ein­kommen ein und gewährleistet hierdurch und durch die Ausrichtung am Famili­en­ein­kommen des verstorbenen Beamten, dass keine unzumutbare Beein­träch­tigung in der Lebensführung der Witwe des Beamten eintritt. Des Weiteren stellt das Gesetz sicher, dass auch bei hohem Erwer­b­s­ein­kommen ein zusätzliches Witwengeld erhalten bleibt. Eine völlige Entwertung des Beamtendienstes im Hinblick auf die Versorgung der Witwe ist damit ausgeschlossen. Schließlich ist zuberück­sichtigen, dass der Anspruch auf Witwengeld nicht endgültig erlischt, sondern nur solange ruht, wie die Witwe auch tatsächlich zusätzliches Erwebseinkommen erzielt.

Schließlich ist es im Hinblick auf das Alimen­ta­ti­o­ns­prinzip auch unbedenklich, dass das Erwer­b­s­ein­kommen der Beschwer­de­führerin mit dem Bruttobetrag in die Berechnung eingestellt worden ist. Die Beschwer­de­führerin hat nicht dargetan, dass ihr im Endergebnis ein Nettoeinkommen verbleibt, das nicht mehr amtsangemessen wäre.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 119/2007 des BVerfG vom 28. Dezember 2007

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