21.11.2024
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Dokument-Nr. 7961

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Beschluss12.05.2009Bundesverfassungsgericht2 BvR 743/01
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • NVwZ 2009, 1030Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht (NVwZ), Jahrgang: 2009, Seite: 1030
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Bundesverfassungsgericht Beschluss12.05.2009

Bundes­ver­fas­sungs­gericht: Abgaben an den Forstab­s­atzfonds bzw. Holzabsatzfonds nicht zulässigAbgaben sind unzulässige Sonderabgaben

Die Regelungen des Forstab­s­atz­fonds­ge­setzes und deren Nachfol­ge­re­ge­lungen im Holzab­satz­fonds­gesetz zur Abgabenerhebung sind verfas­sungs­widrig. Dies entschied das Bundes­ver­fas­sungs­gericht.

Neben der Absatzförderung der deutschen Land- und Ernäh­rungs­wirt­schaft (vgl. BVerfG, Urteil v. 03.02.2009 - 2 BvL 54/06 -) gibt es die Absatzförderung der deutschen Forst- und Holzwirtschaft nach dem Holzab­satz­fonds­gesetz (HAfG) bzw., bis Ende 1998, nach dem Forstab­s­atz­fonds­gesetz (FAfG). Der Forstabsatzfonds und anschließend der Holzabsatzfonds hatten als Anstalt des öffentlichen Rechts mit Sitz in Bonn die Aufgabe, den Absatz und die Verwertung von Erzeugnissen der deutschen Forstwirtschaft und der Holzwirtschaft durch Erschließung und Pflege von Märkten im In- und Ausland mit modernen Mitteln und Methoden zu fördern. Zu diesem Zweck flossen dem Fonds zur Durchführung Abgaben zu. Diese Abgaben wurden von den Betrieben der Forstwirtschaft, später auch der Holzwirtschaft erhoben. Auf ausländische Rohholzimporte wurden keine Abgaben erhoben. Die Gesamt­auf­wen­dungen des Holzabsatzfonds betrugen ausweislich seines Jahresberichts im Jahr 2007 insgesamt rund 14,1 Millionen Euro. Davon wurden rund 13,5 Millionen Euro für Marke­ting­maß­nahmen aufgewendet.

Mit Bescheid vom 21. Juni 1996 setzte die im Ausgangs­ver­fahren beklagte Bundesanstalt gegenüber dem Beschwer­de­führer gemäß § 10 Abs. 1 FAfG für das zweite Halbjahr des Jahres 1995 Forstab­s­atz­fond­s­abgaben in Höhe von 3.036,50 DM fest. Der Widerspruch gegen den Bescheid und die anschließend erhobene Klage blieben erfolglos; der Antrag des Beschwer­de­führers auf Zulassung der Berufung wurde abgelehnt. Mit der Verfassungsbeschwerde macht der Beschwer­de­führer geltend, die Abgabe sei eine verfas­sungs­widrige Sonderabgabe.

Unzulässige Sonderabgaben

Das Bundes­ver­fas­sungs­gericht entschied, dass die Regelungen des Forstab­s­atz­fonds­ge­setzes und deren Nachfol­ge­re­ge­lungen im Holzab­satz­fonds­gesetz zur Abgabenerhebung mit dem Grundgesetz unvereinbar und nichtig sind und den Beschwer­de­führer in seinem Grundrecht aus Art. 12 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 105 und Art. 110 des Grundgesetzes verletzen. Bei der Abgabe handelt es sich um eine unzulässige Sonderabgabe, da es an der Finan­zie­rungs­ver­ant­wortung der deutschen Holz- und Forstwirtschaft dafür fehlt.

Begrenzungen für Sonderabgaben mit Finan­zie­rungs­funktion

Der Entscheidung liegen im Wesentlichen folgende Erwägungen zugrunde: Nach ständiger Rechtsprechung des Bundes­ver­fas­sungs­ge­richts (vgl. zuletzt Urteil des Zweiten Senats vom 3. Februar 2009 - 2 BvL 54/06 -) ergeben sich aus den Begrenzungs- und Schutz­funk­tionen der bundess­taat­lichen Finanz­ver­fassung (Art. 104a ff. GG) Grenzen auch für die Erhebung nicht­steu­er­licher Abgaben und insbesondere für die Erhebung von Sonderabgaben mit Finan­zie­rungs­funktion, die der Gesetzgeber in Wahrnehmung einer ihm zustehenden Sachkompetenz außerhalb der Finanz­ver­fassung nach den allgemeinen Regeln der Art. 70 ff. GG erhebt.

Finanzielle Inanspruchnahme stellt Einschränkung in der unter­neh­me­rischen Freiheit dar

Die Abgabe zum Forstab­s­atzfonds stellt mangels einer Finan­zie­rungs­ver­ant­wortung der deutschen Forstwirtschaft eine verfas­sungs­rechtlich unzulässige Sonderabgabe dar. Wie bei der Abgabe nach dem Absatz­fonds­gesetz fehlt es bei der nachträglich aus dem Absatz­fonds­gesetz herausgelösten, jedoch strukturell nicht veränderten Abgabe nach dem Forstab­s­atz­fonds­gesetz an einem hinreichenden recht­fer­ti­genden Zusammenhang von Gesetzeszweck, Sachnähe, Gruppen­ho­mo­genität und Finan­zie­rungs­ver­ant­wortung. Es handelt sich nicht um eine Sonderabgabe, die bei der Zurechnung von Sonderlasten der Abgabe­pflichtigen an den Verur­sa­chungs­ge­danken anknüpft und ihre Rechtfertigung in einer Verant­wort­lichkeit für die Folgen gruppen­spe­zi­fischer Zustände oder Verhal­tens­weisen finden kann. Vielmehr geht es um eine zwangsweise durchgeführte Fördermaßnahme, zu deren Finanzierung die Gruppe der Abgabe­pflichtigen nur aus Gründen eines Nutzens herangezogen wird, den der Gesetzgeber dieser Gruppe zugedacht hat. Die abgabe­pflichtigen Unternehmen verursachen keinen Bedarf, für dessen Befriedigung sie ohne weiteres verantwortlich gemacht werden könnten. Der Staat greift vielmehr auf der Grundlage des Forstab­s­atz­fonds­ge­setzes mit wirtschafts­po­litisch begründeten Förde­rungs­maß­nahmen gestaltend in die Wirtschafts­ordnung ein und weist den erst dadurch entstehenden Finan­zie­rungs­bedarf den mit der Abgabepflicht belasteten Unternehmen zu. Diese finanzielle Inanspruchnahme für die staatliche Aufga­ben­wahr­nehmung, die durch hoheitliche Entscheidung an die Stelle des individuellen unter­neh­me­rischen Handelns tritt, stellt sich aus der Sicht des Abgabe­pflichtigen nicht nur als eine recht­fer­ti­gungs­be­dürftige, zur Steuer hinzutretende Sonderbelastung, sondern auch als Verkürzung seiner durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützten unter­neh­me­rischen Freiheit dar und bedarf auch insoweit besonderer Rechtfertigung.

Abzuwehrende Nachteile im internationalen Wettbewerb sind nicht dargelegt und auch nicht ersichtlich. Angesichts des moderaten Außen­han­dels­de­fizits bereits bei Inkrafttreten des Forstab­s­atz­fonds­ge­setzes im Jahre 1990 waren für die Forstwirtschaft von Anfang an keine abzuwehrenden erheblichen Beein­träch­ti­gungen oder Nachteile im transnationalen Wettbewerb zu beobachten. Deshalb kann es dahingestellt bleiben, ob die seit diesem Zeitpunkt feststellbare positive Entwicklung auch auf die Tätigkeit des Forstab­s­atzfonds zurückzuführen ist. Andere branchen­spe­zi­fische Nachteile, die die Erhebung einer Zwangsabgabe rechtfertigen könnten, sind ebenfalls nicht ersichtlich.

Die Verfas­sungs­wid­rigkeit der als Sonderabgabe gestalteten Abgabe nach § 10 FAfG führt zur Nichtigkeit von § 2 Abs. 1 bis Abs. 3, § 10 Abs. 1 bis Abs. 4, § 11 und § 12 FAfG sowie der entsprechenden Normen des Holzab­satz­fonds­ge­setzes. Einen praktisch bedeutsamen Sinn für die Durchführung von Abwick­lungs­aufgaben behalten lediglich die aktuell geltenden Vorschriften zur Errichtung des Forst- beziehungsweise des Holzabsatzfonds als rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts und über deren Organe und Finanzen, ferner die Vorschriften zur Aufsicht durch das Bundes­mi­nis­terium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbrau­cher­schutz, die Prüfungs­kom­petenz des Bundes­rech­nungshofs sowie die Regelung über die Steuerfreiheit und die Vorschrift, aufgrund deren der Holzabsatzfonds der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung Personal- und Sachkosten für die bisherige Beitrags­er­hebung zu erstatten hat.

Quelle: ra-online, Bundesverfassungsgericht

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