21.11.2024
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Dokument-Nr. 23794

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Beschluss12.01.1971Bundesverfassungsgericht2 BvR 520/70
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • DÖV 1971, 384Zeitschrift: Die Öffentliche Verwaltung (DÖV), Jahrgang: 1971, Seite: 384
  • NJW 1971, 795Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Jahrgang: 1971, Seite: 795
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Vorinstanz:
  • Oberlandesgericht Stuttgart, Beschluss05.08.1970, 2 VAs 97/70
ergänzende Informationen

Bundesverfassungsgericht Beschluss12.01.1971

BVerfG: Widerruf einer Begnadigung unterliegt gerichtlicher NachprüfungGewährte Freiheit kann ohne gerichtliche Kontrolle nicht wieder entzogen werden

Wird die Begnadigung eines Straftäters widerrufen, so unterliegt dieser Widerruf der gerichtlichen Nachprüfung. Es gilt daher die Rechts­weg­ga­rantie des Art. 19 Abs. 4 GG. Eine gewährte Freiheit kann ohne gerichtliche Kontrolle nicht wieder entzogen werden. Dies hat das Bundes­verfassungs­gericht entschieden.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im September 1968 kam ein verurteilter Straftäter in den Genuss einer Begnadigung durch das Justiz­mi­nis­teriums des Landes Baden-Württemberg. Die Restfrei­heits­strafe von 61 Tagen wurde zur Bewährung ausgesetzt. Nachfolgend wurde die Begnadigung aber wegen schlechter Lebensführung widerrufen. Dem Straftäter wurde vorgeworfen nicht regelmäßig gearbeitet, erhebliche Schulden gemacht und keinen Unterhalt für seine Familie gezahlt zu haben. Der Straftäter war damit nicht einverstanden und klagte gegen den Widerruf.

Oberlan­des­gericht hielt Klage für unzulässig

Das Oberlan­des­gericht Stuttgart hielt die Klage des Straftäters für unzulässig. Da nach dem Beschluss des Bundes­ver­fas­sungs­ge­richts vom 26.04.1969 - 2 BvR 552/63 - weder positive noch negative Gnaden­ent­schei­dungen einer gerichtlichen Kontrolle unterliegen, müsse dies ebenfalls für den Widerruf eines Gnadenaktes gelten. Gegen diese Entscheidung richtete sich die Verfas­sungs­be­schwerde des Straftäters. Seiner Meinung nach dürfe eine einmal gewährte Begnadigung nicht unkon­trol­lierbar widerrufen werden.

Bundes­ver­fas­sungs­gericht bejaht Anspruch auf gerichtliche Kontrolle des Widerrufs

Das Bundes­ver­fas­sungs­gericht entschied zu Gunsten des Straftäters und hob daher die Entscheidung des Oberlan­des­ge­richts auf. Der Widerruf eines Gnadenaktes unterliege der gerichtlichen Kontrolle nach Art. 19 Abs. 4 GG. Es sei zu beachten, dass durch eine gnadenweise Strafaussetzung auf Bewährung dem Verurteilten Freiheitsrechte eingeräumt werden. Auf deren Wahrung dürfe er sich grundsätzlich verlassen. Die Exekutive sei durch ihre Gnadenentscheidung gebunden. Der dem Verurteilten gewährten Freiheitsraum unterliege somit nicht mehr ihrer freien Verfügung.

Quelle: Bundesverfassungsgericht, ra-online (vt/rb)

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