21.11.2024
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Bundesverfassungsgericht Beschluss06.05.2008

Auch ehrenamtliche Richter unterliegen der Pflicht zur Verfas­sungstreueMitglied einer "Skinhead-Band" scheitert mit Verfas­sungs­be­schwerde

Ein ehrenamtlicher Richter des Landes­a­r­beits­gericht Baden-Württemberg durfte wegen Mitgliedschaft in einer rechtsradikalen Musikgruppe des Amtes enthoben werden. Dies hat das Bundes­ver­fas­sungs­gericht entschieden.

Der Beschwer­de­führer war ehrenamtlicher Richter beim Arbeitsgericht. Im Januar 2008 enthob ihn das Landes­a­r­beits­gericht seines Amtes. Zur Begründung führte das Gericht aus, dass der Beschwer­de­führer seit 1989 Mitglied einer Rockband sei, die seit 1988 bei über 200 Konzerten im In- und Ausland mit einer Vielzahl anderer recht­s­ex­tre­mis­tischer Skinhead-Bands aufgetreten sei. Das Landes­a­r­beits­gericht kam in Ausein­an­der­setzung mit den Liedtexten und dem Auftreten der Band zu dem Schluss, dass diese Assoziationen zum natio­nal­so­zi­a­lis­tischen Regime weckten, gewalt­ver­herr­lichend seien und von einer verfas­sungs­feind­lichen Ideologie zeugten. Das Verhalten des Beschwer­de­führers stelle eine grobe Verletzung seiner Amtspflicht dar, die seine Amtsenthebung rechtfertige.

Die hiergegen gerichtete Verfassungsbeschwerde hatte keinen Erfolg. Das Bundes­ver­fas­sungs­gericht kam zu dem Ergebnis, dass die Amtsenthebung des Beschwer­de­führers verfas­sungs­rechtlich nicht zu beanstanden ist.

Der Entscheidung liegen im Wesentlichen folgende Erwägungen zu Grunde:

Nicht nur hauptamtliche, sondern auch ehrenamtliche Richter unterliegen einer Pflicht zur besonderen Verfassungstreue. Dies folgt - unbeschadet der Tatsache, dass Art. 33 Abs. 5 GG nur die hergebrachten Grundsätze des Berufs­be­am­tentums anerkennt und somit auf ehrenamtliche Richter nicht unmittelbar anzuwenden ist - aus der Funktion ehrenamtlicher Richter als den hauptamtlichen Richtern gleich­be­rechtigte Organe staatlicher Aufga­be­n­er­füllung. Das Grundgesetz fordert, dass die rechtsprechende Gewalt durch staatliche Gerichte ausgeübt wird. Ein Gericht wird nicht schon dadurch als "staatliches" ausgewiesen, dass seine Bildung auf staatlichem Gesetz beruht und dass es der Erfüllung staatlicher Aufgaben dient. Seine Bindung an den Staat muss vielmehr auch in personeller Hinsicht ausreichend gewährleistet sein. Daher haben die Landes­jus­tiz­ver­wal­tungen streng darauf zu achten, dass zum ehrenamtlichen Richter nur Personen ernannt werden dürfen, die die Gewähr dafür bieten, dass sie die ihnen von Verfassungs und Gesetzes wegen obliegenden, durch Eid bekräftigten richterlichen Pflichten jederzeit uneingeschränkt erfüllen werden. Die Treuepflicht des ehrenamtlichen Richters erhält wie die Treuepflicht des hauptamtlichen Beamten oder Richters unter der Geltung des Grundgesetzes ein besonderes Gewicht dadurch, dass diese Verfassung nicht wertneutral ist, sondern sich für zentrale Grundwerte entscheidet, sie in ihren Schutz nimmt und dem Staat aufgibt, sie zu sichern und sie zu gewährleisten. Dies schließt es aus, dass der Staat zur Ausübung von Staatsgewalt Bewerber zulässt und in (Ehren-) Ämtern, die mit der Ausübung staatlicher Gewalt verbunden sind, Bürger belässt, die die freiheitliche demokratische, recht- und sozial­staatliche Ordnung ablehnen und bekämpfen.

Es ist nicht zu beanstanden, dass das Landes­a­r­beits­gericht in der Mitwirkung des Beschwer­de­führers bei den Aktivitäten der Band ein die Amtsenthebung recht­fer­ti­gendes gewichtiges Fehlverhalten gesehen hat.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 59/08 des BVerfG vom 29.05.2008

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