18.10.2024
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Dokument-Nr. 4996

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Bundesverfassungsgericht Beschluss27.09.2007

Verminderung von Beamten­ge­hältern ist verfas­sungsgemäßKein Verstoß gegen das Alimen­ta­ti­o­ns­prinzip

Die Kürzungen in der Beamten­ver­sorgung um Rücklagen für die Altersvorsorge der Staatsdiener zu bilden, ist mit dem Grundgesetz vereinbar. Dies hat das Bundes­ver­fas­sungs­gericht entschieden. Der Anstieg der Versor­gungs­lasten, mit dem der Gesetzgeber die Einführung der Versor­gungs­rü­cklage begründet hat, ist geeignet, die Verminderungen der Besoldungs- und Versor­gungs­an­pas­sungen zu rechtfertigen.

Um zukünftige Versor­gungs­leis­tungen für pensionierte Beamte finanziell abzusichern, haben der Bund und die Länder damit begonnen, eine Versor­gungs­rü­cklage zu bilden. Hierzu wird ab 1999 das Besoldungs- und Versor­gungs­niveau der Beamten und Pensionäre in jährlichen Schritten von je ,2 % abgesenkt, indem die regelmäßig beschlossenen Besol­dungs­an­pas­sungen der Beamten und die daraus resultierenden Anpassungen der Pensionen entsprechend vermindert werden. Die dadurch eingesparten Beträge sollen einem Sondervermögen zugeführt werden, das der Finanzierung künftiger Versor­gungs­auf­wen­dungen dient. Da mit Wirkung zum 1. Januar 2002 auch eine schrittweise Absenkung des Höchstru­he­ge­halts­satzes erfolgte, setzte der Gesetzgeber die Verminderungen der Besoldungs- und Versor­gungs­an­pas­sungen für die auf den 1. Januar 2002 folgenden acht Anpassungen aus, um eine übermäßige Belastung der Besoldungs- und Versor­gungs­emp­fänger zu verhindern. Gleichzeitig wurde der Gesamtzeitraum, in dem die Anpas­sungs­min­de­rungen stattfinden sollen, vom 31. Dezember 2013 bis zum 31. Dezember 2017 verlängert.

Das Bundes­ver­fas­sungs­gericht hat die Verfas­sungs­be­schwerden mehrerer Beamter und Pensionäre nicht zur Entscheidung angenommen. Die Verminderung der Besoldungs- und Versor­gungs­an­pas­sungen ist mit den hergebrachten Grundsätzen des Berufs­be­am­tentums vereinbar. Insbesondere verstößt sie nicht gegen das beamten­rechtliche Alimentationsprinzip. Sie ist sowohl wegen des Anstiegs der Versor­gungs­lasten als auch im Hinblick auf die Reformmaßnahmen im Bereich der gesetzlichen Renten­ver­si­cherung sachlich gerechtfertigt.

Dem Nicht­an­nah­me­be­schluss liegen im Wesentlichen folgende Erwägungen zu Grunde:

Der Anstieg der Versor­gungs­lasten, mit dem der Gesetzgeber die Einführung der Versor­gungs­rü­cklage begründet hat, ist geeignet, die Verminderungen der Besoldungs- und Versor­gungs­an­pas­sungen zu rechtfertigen. Die steigenden Versor­gungs­lasten sind jedenfalls auch auf die gestiegene durch­schnittliche Lebenserwartung sowie die höhere Zahl von Frühpen­si­o­nie­rungen und damit auf die verlängerte Laufzeit der Versor­gungs­leis­tungen zurückzuführen. Hierbei handelt es sich um Gründe, die im System der Beamtenversorgung wurzeln und nicht in steigenden Anforderungen, die die Allgemeinheit an den Staat und den Beamtenapparat stellen, begründet sind. Gleichzeitig kommen die erhöhten Aufwendungen für die Alters­ver­sorgung der Beamtenschaft in spezifischer Weise zugute.

Darüber hinaus sind die Verminderungen der Besoldungs- und Versor­gungs­an­pas­sungen auch im Hinblick auf Reformen im Bereich der gesetzlichen Renten­ver­si­cherung sachlich gerechtfertigt. Dort gab es wiederholt Reformmaßnahmen, unter anderem in Form der Einführung eines Alters­vor­sor­ge­anteils, die zu einer Absenkung des Rentenniveaus führten. Dem Gesetzgeber ging es mit den Verminderungen der Besoldungs- und Versor­gungs­an­pas­sungen darum, einen gewissen Gleichlauf mit den Kürzungen in der gesetzlichen Renten­ver­si­cherung herzustellen. Auch wenn die durch die getroffenen Maßnahmen bewirkte Absenkung der Beamtenbezüge über die im Bereich der gesetzlichen Rente vorgenommenen Kürzungen hinaus gehen dürfte, so stellen sich die Anpas­sungs­ver­min­de­rungen dennoch als Teil eines Konzepts dar, mit dem der Gesetzgeber sich bemüht hat, die Reformmaßnahmen im Bereich der gesetzlichen Renten­ver­si­cherung in der Beamten­ver­sorgung systemkonform nachzuführen und "Sonderopfer" der Besoldungs- und Versor­gungs­emp­fänger im Wesentlichen zu vermeiden. Es ist auch nicht erkennbar, dass die Absenkung der Besoldungs- und Versorgungsbezüge zu einer Unterschreitung der verfas­sungs­rechtlich garantierten Untergrenze der Alimentation geführt hätte.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 102/07 des BVerfG vom 16.10.2007

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