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Dokument-Nr. 13042

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Urteil14.02.2012Bundesverfassungsgericht2 BvL 4/10
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • BVerfGE 130, 263Sammlung: Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE), Band: 130, Seite: 263
  • JuS 2013, 91Zeitschrift: Juristische Schulung (JuS), Jahrgang: 2013, Seite: 91
  • JZ 2012, 457Zeitschrift: JuristenZeitung (JZ), Jahrgang: 2012, Seite: 457
  • NVwZ 2012, 357Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht (NVwZ), Jahrgang: 2012, Seite: 357
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Bundesverfassungsgericht Urteil14.02.2012

Bundes­verfassungs­gericht erklärt W 2-Besoldung der Professoren in Hessen für verfas­sungs­widrig

Die Besoldung der Professoren in Hessen aus der Besol­dungs­gruppe W 2 verstößt gegen das Alimentations­prinzip des Art. 33 Abs. 5 GG und ist daher verfas­sungs­widrig. Der Gesetzgeber hat verfas­sungs­konforme Regelungen mit Wirkung spätestens vom 1. Januar 2013 zu treffen. Dies entschied das Bundes­verfassungs­gericht.

Mit dem Gesetz zur Reform der Profes­so­ren­be­soldung (Profes­so­ren­be­sol­dungs­re­form­gesetz – ProfBesReformG) vom 16. Februar 2002 ordnete der Bundes­ge­setzgeber die Besoldung von Professoren an deutschen Hochschulen neu. Die im Unterschied zum früheren Besol­dungs­system dienst­al­ter­su­n­ab­hängig ausgestaltete W-Besoldung beruht auf einem zweigliederigen Vergü­tungs­system, das aus einem festen Grundgehalt und variablen Leistungs­bezügen besteht. § 32 des Bundes­be­sol­dungs­ge­setzes (BBesG) samt Anlagen regelt die Grundgehälter der aus den Besol­dungs­gruppen W 1, W 2 und W 3 bestehenden neuen Besol­dungs­ordnung W. Neben dem als Mindestbezug gewährten Grundgehalt werden nach § 33 BBesG variable Leistungsbezüge vergeben, und zwar aus Anlass von Berufungs- und Bleibe­ver­hand­lungen, für besondere Leistungen in Forschung, Lehre, Kunst, Weiterbildung und Nachwuchs­för­derung sowie für die Wahrnehmung von Funktionen oder besonderen Aufgaben im Rahmen der Hochschul­selbst­ver­waltung oder der Hochschul­leitung. Hinsichtlich der Ausgestaltung der Leistungsbezüge werden Bund und Ländern jeweils für ihren Bereich umfangreiche Handlungs­spielräume eröffnet.

Das neue System gilt seit dem 1. Januar 2005 für alle neu eingestellten Professoren und eröffnet Optio­ns­mög­lich­keiten für bereits ernannte Professoren, die zwischen dem alten und dem neuen System wählen können. Seit dem 1. September 2006 sind infolge der so genannten Födera­lis­mus­reform I die Länder für die Besoldung ihrer Beamten und damit auch ihrer Professoren zuständig.

Sachverhalt

Der im Jahr 1965 geborene Kläger des Ausgangs­ver­fahrens wurde im Jahr 2005 unter Berufung in das Beamten­ver­hältnis auf Lebenszeit zum Univer­si­täts­pro­fessor ernannt und in eine Planstelle der Besol­dungs­gruppe W 2 der Besol­dungs­ordnung W eingewiesen. Nach erfolglosem Wider­spruchs­ver­fahren erhob er beim Verwal­tungs­gericht Gießen Klage gegen das Land Hessen, mit der er zuletzt im Hauptantrag die Feststellung begehrt, dass seine Alimentation aus der Besol­dungs­gruppe W 2 den verfas­sungs­recht­lichen Anforderungen an eine amtsangemessene Besoldung nicht genügt.

VG sieht in Besol­dungs­gruppe W 2 Verstoß gegen Alimen­ta­ti­o­ns­prinzip

Das Verwal­tungs­gericht hat das Verfahren ausgesetzt und dem Bundes­ver­fas­sungs­gericht die Frage zur Entscheidung vorgelegt, ob die Besol­dungs­ordnung W verfas­sungs­konform ist. Das Vorlagegericht ist der Auffassung, dass die Besoldung des Klägers des Ausgangs­ver­fahrens nach der Besol­dungs­gruppe W 2 gegen das in Art. 33 Abs. 5 GG gewährleistete Alimen­ta­ti­o­ns­prinzip verstößt. Das Grundgehalt stelle keine dem Amt des Professors angemessene Alimentation dar. Für die Beurteilung der Amtsan­ge­mes­senheit komme es nur auf die jeweiligen Grundgehälter, nicht auch auf die in Aussicht gestellten Leistungsbezüge an. Das dem W 2-Professor zustehende Grundgehalt entspreche weder der vom Amtsinhaber geforderten Ausbildung, Beanspruchung und Verantwortung noch der Bedeutung und dem Ansehen des Amtes in den Augen der Gesellschaft. Dies ergebe sich aus einem Vergleich mit der früheren Profes­so­ren­be­soldung, der Besoldung anderer Beamtengruppen sowie dem Einkommen vergleichbarer Berufsgruppen außerhalb des öffentlichen Dienstes. Die Besoldung eines W 2-Professors schmelze am Ende seines Arbeitslebens auf das Niveau eines nach Besol­dungs­gruppe A 13 besoldeten Beamten zurück.

Das Bundes­ver­fas­sungs­gericht entschied, dass die Besoldung der Professoren in Hessen aus der Besol­dungs­gruppe W 2 gegen das Alimen­ta­ti­o­ns­prinzip des Art. 33 Abs. 5 GG verstößt und daher verfas­sungs­widrig ist. Der Gesetzgeber hat verfas­sungs­konforme Regelungen mit Wirkung spätestens vom 1. Januar 2013 zu treffen.

Alimen­ta­ti­o­ns­prinzip verpflichtet Dienstherrn zur lebenslangen angemessen Bezahlung des Beamten

Die Entscheidung ist mit 6:1 Stimmen ergangen. Der Richter Gerhardt hat ein Sondervotum abgegeben. Das Urteil beruht im Wesentlichen auf folgenden Erwägungen:

Das Alimen­ta­ti­o­ns­prinzip verpflichtet den Dienstherrn, den Beamten und seine Familie lebenslang angemessen zu alimentieren und ihm nach seinem Dienstrang, nach der mit seinem Amt verbundenen Verantwortung und nach der Bedeutung des Berufs­be­am­tentums für die Allgemeinheit entsprechend der Entwicklung der allgemeinen wirtschaft­lichen und finanziellen Verhältnisse und des allgemeinen Lebensstandards einen angemessenen Lebensunterhalt zu gewähren. Im Rahmen dieser Verpflichtung hat der Gesetzgeber die Attraktivität des Beamten­ver­hält­nisses für überdurch­schnittlich qualifizierte Kräfte, das Ansehen des Amtes in den Augen der Gesellschaft, die vom Amtsinhaber geforderte Ausbildung und seine Beanspruchung zu berücksichtigen. Diesen Kriterien muss der Gesetzgeber sowohl bei strukturellen Neuaus­rich­tungen im Besoldungsrecht als auch bei der konti­nu­ier­lichen Fortschreibung der Besoldungshöhe über die Jahre hinweg im Wege einer Gesamtschau der hierbei relevanten Kriterien und anhand einer Gegen­über­stellung mit jeweils in Betracht kommenden Vergleichs­gruppen Rechnung tragen.

Vergleiche bei Besoldung sind nicht nur innerhalb einer Besol­dungs­ordnung, sondern auch zwischen verschiedenen Besol­dungs­ord­nungen vorzunehmen

Taugliche Vergleichs­gruppen sind primär innerhalb des Besol­dungs­systems zu finden. Durch die Anknüpfung der Alimentation an inner­dienstliche, unmittelbar amtsbezogene Kriterien wie den Dienstrang soll sichergestellt werden, dass die Bezüge entsprechend der unter­schied­lichen Wertigkeit der Ämter abgestuft sind. Vergleiche sind dabei nicht nur innerhalb einer Besol­dungs­ordnung, sondern auch zwischen den verschiedenen Besol­dungs­ord­nungen möglich und geboten. Des Weiteren bestimmt sich die Amtsan­ge­mes­senheit der Alimentation durch ihr Verhältnis zu den Einkommen, die für vergleichbare und auf der Grundlage vergleichbarer Ausbildung erbrachte Tätigkeiten außerhalb des öffentlichen Dienstes erzielt werden. Angesichts der zwischen Staatsdienst und Privat­wirt­schaft bestehenden Syste­mun­ter­schiede müssen die Konditionen allerdings (nur) insgesamt vergleichbar sein.

Gesetzgeber muss dafür Sorge tragen, dass besol­dungs­rechtliche Neubewertung eines Amtes den (unveränderten) Anforderungen des Amtes gerecht wird

Bei der Konkretisierung der aus Art. 33 Abs. 5 GG resultierenden Pflicht zur amtsan­ge­messenen Alimentierung besitzt der Gesetzgeber einen weiten Entschei­dungs­spielraum. Insofern stellt die in Art. 33 Abs. 5 GG enthaltene Garantie eines „amtsan­ge­messenen“ Unterhalts lediglich eine den Besol­dungs­ge­setzgeber in die Pflicht nehmende verfas­sungs­rechtliche Gestal­tungs­di­rektive dar. Dem weiten Gestal­tungs­spielraum des Gesetzgebers entspricht eine zurückhaltende, auf den Maßstab evidenter Sachwidrigkeit beschränkte Kontrolle der einfach­ge­setz­lichen Regelung durch das Bundes­ver­fas­sungs­gericht. Damit die Gestal­tungs­di­rektive des Art. 33 Abs. 5 GG gleichwohl eingehalten wird, bedarf es prozeduraler Sicherungen in Form von Begründungs-, Überprüfungs- und Beobach­tungs­pflichten, die sowohl bei der konti­nu­ier­lichen Fortschreibung der Besoldungshöhe in Gestalt von regelmäßigen Besol­dungs­an­pas­sungen als auch bei strukturellen Neuaus­rich­tungen in Gestalt von Systemwechseln gelten. Bei Systemwechseln, die die Bewertung eines Amtes und die damit einhergehende besol­dungs­rechtliche Einstufung betreffen, muss der Gesetzgeber dafür Sorge tragen, dass die besol­dungs­rechtliche Neubewertung eines Amtes immer noch den (unveränderten) Anforderungen des Amtes gerecht wird. Führt die gesetz­ge­be­rische Neubewertung zu einer deutlichen Verringerung der Besoldung, bedarf es hierfür sachlicher Gründe.

Grundsätzlich zweigliedriges Vergü­tungs­system bestehend aus Grundgehalt und Leistungs­bezügen möglich

Der weite Gestal­tungs­spielraum des Gesetzgebers deckt auch die Einführung neuer und die Modifizierung bestehender Leistungs­elemente in der Besoldung ab. Grundsätzlich kann anstelle eines grund­ge­halts­o­ri­en­tierten, nach Dienst­al­ter­s­stufen gegliederten Besol­dungs­systems ein zweigliederiges Vergü­tungs­system bestehend aus festen Grundgehältern und variablen Leistungs­bezügen vorgesehen werden. Wenn der Gesetzgeber aber von der einen auf eine andere Gestal­tungs­va­riante übergeht, dann muss er neben den vom Alimen­ta­ti­o­ns­prinzip gestellten Anforderungen auch den sonstigen verfas­sungs­recht­lichen Vorgaben Genüge tun. Leistungsbezüge müssen, um kompen­sa­to­rische Wirkung für ein durch niedrige Grund­ge­haltssätze entstandenes Alimen­ta­ti­o­ns­defizit entfalten zu können, für jeden Amtsträger zugänglich und hinreichend verstetigt sein. Dies ist etwa – bezogen auf den Personenkreis der Professoren – der Fall, wenn die Kriterien für die Vergabe der Leistungsbezüge vom Gesetzgeber hinreichend bestimmt ausgestaltet sind und wenn der einzelne Professor – vorbehaltlich unaus­weich­licher Beurtei­lungs­spielräume zur Wahrung der Wissen­schafts­freiheit – unter klar definierten, vorhersehbaren und erfüllbaren Voraussetzungen einen einklagbaren Rechtsanspruch auf die Gewährung von Leistungs­bezügen hat.

Die W 2-Besoldung der Professoren in Hessen entspricht in ihrer Gesamt­kon­zeption nicht den Anforderungen, die das Alimen­ta­ti­o­ns­prinzip an eine amtsangemessene Alimentierung des betroffenen Personenkreises stellt. Die gewährte Besoldung ist evident unzureichend. Das durch die Grund­ge­haltssätze entstandene Alimen­ta­ti­o­ns­defizit wird durch die Leistungsbezüge in ihrer bisherigen Ausgestaltung nicht kompensiert.

Grund­ge­haltssätze der Besol­dungs­ordnung W für angemessenen Lebensunterhalt nicht ausreichend

Die festen Grund­ge­haltssätze der Besol­dungs­ordnung W genügen in der Besol­dungs­gruppe W 2 nicht, um dem Professor nach seinem Dienstrang, nach der mit seinem Amt verbundenen Verantwortung und nach der Bedeutung des Berufs­be­am­tentums für die Allgemeinheit einen angemessenen Lebensunterhalt zu ermöglichen. Der Gesetzgeber hat bei der Festlegung der Grund­ge­haltssätze die Sicherung der Attraktivität des Profes­so­re­namtes für entsprechend qualifizierte Kräfte, das Ansehen dieses Amtes in den Augen der Gesellschaft, die vom Professor geforderte Ausbildung, seine Verantwortung und seine Beanspruchung nicht hinreichend berücksichtigt. Dies ergibt sich in erster Linie aus dem Vergleich der Grund­ge­haltssätze der Besol­dungs­gruppe W 2 mit den Grund­ge­halts­sätzen der Besol­dungs­ordnung A und wird durch den Vergleich mit den Einkommen außerhalb des öffentlichen Dienstes bestätigt.

Grund­ge­haltssätze gegenüber Qualifikation und Anforderungen nicht gerecht

Im Vergleich mit der Besol­dungs­ordnung A erreicht das Grundgehalt eines W 2-Professors nicht die Besoldung eines jungen Regie­rungs­di­rektors bzw. Studi­en­di­rektors (Besol­dungs­gruppe A 15). Es liegt unter dem Besol­dungs­niveau des Eingangsamtes des höheren Dienstes in der Endstufe (Besol­dungs­gruppe A 13). Dieses vom Bundes­ge­setzgeber begründete evidente Missverhältnis hat der nun für die Besoldung und Versorgung seiner Beamten zuständige hessische Landes­ge­setzgeber bei der Einführung der hessischen Landes­be­sol­dungs­ord­nungen bzw. bei den allgemeinen Besol­dungs­an­pas­sungen fortgeschrieben. Die Grund­ge­haltssätze der Besol­dungs­gruppe W 2 werden den hohen Anforderungen an den akademischen Werdegang und die Qualifikation der Inhaber dieser Ämter ebenso wenig gerecht wie den vielfältigen und anspruchsvollen Aufgaben in Forschung und Lehre sowie administrativer Art, die mit dem Professorenamt verbunden sind. Zudem ergibt der Vergleich der W 2-Besoldung mit dem Verdienst verwandter Beschäf­tig­ten­gruppen in der Privat­wirt­schaft, dass die W 2-Professoren in der betreffenden Verdienstskala weit unten angesiedelt sind.

Höhenmäßige Bemessung der Leistungsbezüge nur Ermes­sen­s­ent­scheidung

Die evidente Unange­mes­senheit der Grund­ge­haltssätze wird nicht durch die vom Gesetzgeber in Aussicht gestellten Leistungsbezüge aufgehoben, weil diese offensichtlich weder für jeden Amtsträger zugänglich noch hinreichend verstetigt sind. Nach der einfach­recht­lichen Ausformung und der Intention des Gesetzgebers besteht kein Anspruch auf die Gewährung von Leistungs­bezügen, sondern nur ein Anspruch darauf, dass über die Gewährung ermes­sens­feh­lerfrei entschieden wird. Bei der höhenmäßigen Bemessung der Leistungsbezüge handelt es sich um eine von nur wenigen normativen Vorgaben eingehegte Ermes­sen­s­ent­scheidung. Da nach der gesetzlichen Ausgestaltung ein sog. Vergaberahmen, also ein Gesamtbetrag für die jährliche Gewährung von Leistungs­bezügen, festzulegen ist, muss bei der Vergabe einzelner Leistungsbezüge berücksichtigt werden, in welchem Maße der Vergaberahmen durch frühere Vergaben bereits ausgeschöpft ist. Für die „zu spät gekommenen“ Professoren kommen dann allenfalls niedrig bemessene Leistungsbezüge in Betracht, ohne dass dies von der individuellen Leistung des Professors abhängig oder von ihm in irgendeiner Weise beeinflussbar wäre. Auch die sonstigen Modalitäten der Vergabe der Leistungsbezüge belegen, dass sie in ihrer derzeitigen Ausgestaltung lediglich additiven und keinen alimentativen Charakter aufweisen. Sie können nicht nur unbefristet, sondern auch befristet oder als Einmalzahlung gewährt werden und werden daher auch für die Ruhestands­ver­sorgung oft nur in geringerem Maße wirksam.

Mehrere Besei­ti­gungs­mög­lich­keiten des verfas­sungs­widrigen Alimen­ta­ti­o­ns­de­fizits für Gesetzgeber gegeben

Zur Beseitigung des als verfas­sungs­widrig erkannten Alimen­ta­ti­o­ns­de­fizits stehen dem Gesetzgeber mehrere Möglichkeiten offen. Er kann ein amtsan­ge­messenes Alimen­ta­ti­o­ns­niveau über die Höhe der Grund­ge­haltssätze sicherstellen oder etwa die Leistungsbezüge so ausgestalten, dass sie alimentativen Minde­st­an­for­de­rungen genügen. Angesichts dieser Gestal­tungs­mög­lich­keiten trifft den Gesetzgeber die Pflicht, nach dem er sich in Umsetzung der verfas­sungs­recht­lichen Vorgaben für ein bestimmtes Neure­ge­lungs­modell entschieden hat, dessen Funkti­o­ns­fä­higkeit und System­ge­rech­tigkeit zu beobachten und gegebenenfalls erforderliche Nachbesserungen vorzunehmen. Erweist sich das für die Zukunft gewählte Modell als nicht tragfähig oder kommt es aus sonstigen Gründen zu einer nicht unerheblichen Abweichung der tatsächlichen von der prognos­ti­zierten Entwicklung, so ist der Gesetzgeber verpflichtet, Korrekturen an der Ausgestaltung des Besol­dungs­systems bzw. der Bezügehöhe vorzunehmen.

Sondervotum des Richters Gerhardt: Die Besoldung der Hochschullehrer folgt seit jeher Grundsätzen, die von denjenigen für die Besoldung der anderen Beamten abweichen. Zu den charak­te­ris­tischen Besonderheiten des Rechts der Hochschul­lehr­er­be­soldung gehört unter anderem seit je, dass es neben den dem Hochschullehrer in jedem Fall zustehenden Bezügen fakultative Bezüge unter­schied­licher Art und Ausgestaltung gibt, darunter in erheblichem Umfang tätigkeits- und leistungs­be­zogene, teilweise vertraglicher Vereinbarung zugängliche Elemente. Auch im Hinblick auf die Höhe der Profes­so­ren­be­soldung lassen sich im tradi­ti­o­ns­bil­denden Zeitraum keine Struk­tur­prin­zipien ausmachen, die als hergebrachte Grundsätze des Berufs­be­am­tentums gemäß Art. 33 Abs. 5 GG die Gestal­tungsmacht des Gesetzgebers im Hinblick auf die Profes­so­ren­be­soldung beschränken könnten. Insbesondere gibt es keine verfas­sungsfeste Tradition eines bestimmten Verhältnisses zur Alimentation der anderen Beamten.

Die Senatsmehrheit überdehnt daher die dem Gesetzgeber durch Art. 33 Abs. 5 GG auferlegten Schranken, indem sie auf den für die allgemeine Beamtenschaft geltenden Alimen­ta­ti­o­ns­grundsatz zurückgreift und auf der Grundlage eines direkten Vergleichs von Teilelementen der Besol­dungs­ord­nungen A und W eine Unter­a­li­men­tierung einer Gruppe von Professoren feststellt. Damit bleibt die in der Tradition der Profes­so­ren­be­soldung stehende Grund­ent­scheidung des Gesetzgebers unrespektiert, nämlich eine den Chancen und Risiken in Werdegang und beruflicher Entwicklung der Hochschullehrer sowie den spezifischen Aufgaben von Wissenschaft und Forschung gerecht werdende Besoldung zu schaffen, die ein unstreitig moderates, aber auskömmliches Grundgehalt mit der Chance auf Tätigkeits- und Leistungs­zulagen integral verbindet.

Quelle: Bundesverfassungsericht/ra-online

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