21.11.2024
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Dokument-Nr. 24405

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Urteil21.07.2000Bundesverfassungsgericht2 BvH 3/91
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • DÖV 2000, 1047Zeitschrift: Die Öffentliche Verwaltung (DÖV), Jahrgang: 2000, Seite: 1047
  • NJ 2000, 590Zeitschrift: Neue Justiz (NJ), Jahrgang: 2000, Seite: 590
  • NJW 2000, 3771Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Jahrgang: 2000, Seite: 3771
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Bundesverfassungsgericht Urteil21.07.2000

Einkom­mens­zulagen für stell­ver­tretende Fraktions­vorsitzende, parla­men­ta­rische Geschäftsführer sowie Aus­schuss­vorsitzende des Thüringer Landtags verstößt gegen Ab­geordneten­gleich­heit und der MandatsfreiheitZulagen für Fraktions­vorsitzende zulässig

Die Einkom­mens­zulagen für stell­ver­tretende Fraktions­vorsitzende, parla­men­ta­rische Geschäftsführer und Aus­schuss­vorsitzende des Thüringer Landtags verstoßen gegen den Grundsatz der Ab­geordneten­gleich­heit und der Mandatsfreiheit und sind daher unzulässig. Dagegen sind die Zulagen für die Fraktions­vorsitzenden nicht zu beanstanden. Dies hat das Bundes­verfassungs­gericht entschieden.

In dem zugrunde liegenden Fall klagten im Jahr 1991 mehrere Abgeordnete des Thüringer Landtags gegen die Einkom­mens­zulagen für die Frakti­o­ns­vor­sit­zenden, stell­ver­tre­tenden Frakti­o­ns­vor­sit­zenden, parla­men­ta­rischen Geschäftsführer und Ausschuss­vor­sit­zenden. Sie hielten die Zulagen für nicht vereinbar mit dem Grundsatz der Gleich­be­handlung aller Abgeordneten.

Bundes­ver­fas­sungs­gericht zieht Grenzen für Einkom­mens­zulagen

Das Bundes­ver­fas­sungs­gericht führte zum Fall aus, dass die Gewährung von zusätzlichen Einkom­mens­zulagen für Abgeordnete mit besonderen Funktionen eine Maßnahme im Rahmen der Parla­ment­s­au­tonomie sei, die der Landtag grundsätzlich in eigener Verantwortung treffe. Jedoch sei die Regelungsmacht des Parlaments nicht unbegrenzt. Sie werde hinsichtlich von Funkti­o­ns­zulagen durch Art. 38 Abs. 1 des Grundgesetzes eingeschränkt.

Gefahr der Abhängigkeit und Beein­träch­tigung der Mandatsfreiheit

Das Bundes­ver­fas­sungs­gericht verwies darauf, dass für das Gelingen einer wirksamen und rationalen parla­men­ta­rischen Arbeit besondere Qualifikationen demokratischer Führung notwendig seien. Dazu gehören etwa besondere Sach- und Verfahrenskunde sowie Fähigkeiten der Information, Kommunikation und des Vermittelns. Dies spreche dafür, dass Funktionen geschaffen und unter bestimmten Voraussetzungen auch besonders honoriert werden können. Auf der anderen Seite bestehe die Gefahr, dass durch die systematische Ausdehnung von Funkti­o­ns­zulagen "Abgeord­ne­ten­lauf­bahnen" und Einkom­mens­hi­er­a­rchien geschaffen werden, die die Freiheit des Mandats und die Bereitschaft des Abgeordneten beeinträchtigen, ohne Rücksicht auf eigene wirtschaftliche Vorteile die jeweils beste Lösung für das Gemeinwohl anzustreben. Es könne als erstrebenswert gelten, parla­men­ta­rische Funktionen aus ökonomischen Gründen, unabhängig von individuellen politischen Intentionen und Kompetenzen, zu übernehmen, auszuüben und gegenüber Konkurrenten zu behaupten. Zudem verstärke sich durch eine Vielzahl von besonders zu entschädigenden Funkti­o­ns­stellen die Abhängigkeit des einzelnen Angeordneten von der politischen Gruppe, die er angehöre.

Funkti­o­ns­zulagen für Frakti­o­ns­vor­sitzende zulässig

Davon ausgehend hielt das Bundes­ver­fas­sungs­gericht die Funkti­o­ns­zulagen für die Frakti­o­ns­vor­sit­zenden des Thüringer Landtags für zulässig. Denn deren Posten seien in der Anzahl begrenzt und in ihrer politischen Bedeutung in besonderem Maße herausgehoben.

Unzulässigkeit der Funkti­o­ns­zulagen für stell­ver­tretende Frakti­o­ns­vor­sitzende, parla­men­ta­rische Geschäftsführer sowie Ausschuss­vor­sitzende

Dagegen erachtete das Bundes­ver­fas­sungs­gericht die Funkti­o­ns­zulagen für die stell­ver­tre­tenden Frakti­o­ns­vor­sit­zenden, parla­men­ta­rischen Geschäftsführer sowie Ausschuss­vor­sit­zenden als unzulässig. Sie verstoßen gegen die Freiheit des Mandats und den Grundsatz der Gleich­be­handlung aller Abgeordneten. Diese Stellen seien nicht in gleicher Weise wie die des Frakti­o­ns­vor­sit­zenden politisch herausgehoben und in ihrer Zahl begrenzt.

Quelle: Bundesverfassungsgericht, ra-online (vt/rb)

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