Bei dem Risikostrukturausgleich handelt es sich um ein komplexes finanzielles Ausgleichsverfahren, an dem alle gesetzlichen Krankenkassen beteiligt sind. Nach Ermittlung der jeweiligen Mitgliederstruktur der einzelnen Krankenkasse wird dadurch unter Berücksichtigung von zuvor ermittelten Durchschnittswerten ein ausgleichender Finanztransfer unter den Krankenkassen bewirkt.
Ursprünglich war die Durchführung des Risikostrukturausgleichs nach Ost- und Westdeutschland getrennt. Mit der Abschottung der Ausgleichssysteme kam es zu einer gegenläufigen finanziellen Entwicklung in Ost und West. Die Krankenkassen in den neuen Ländern wurden auf der Einnahmenseite insbesondere durch die hohe Arbeitslosigkeit und einen hohen Rentenanteil belastet, während in einigen Leistungsbereichen die Ausgaben je Versichertem deutlich über dem Westniveau lagen. Defizitäre Entwicklungen und Beitragssatzerhöhungen im Osten waren die Konsequenz.
Der Gesetzgeber reagierte hierauf mit der stufenweisen Einführung des gesamtdeutschen Risikostrukturausgleichs. Dieser führte zu einem finanziellen West-Ost-Transfer. Der Finanzkraftausgleich erreichte im Jahr 2001 ein Volumen von rund 1,5 Mrd. Euro, was zu einer durchschnittlichen Entlastung der ostdeutschen Krankenkassen von rund einem Beitragssatzpunkt führte. Die korrespondierende Belastung der Kassen im Westen belief sich auf , 19 Beitragssatzpunkte.
Diese Regelungen verstoßen laut Bundesverfassungsgericht unter anderem deshalb nicht gegen das Grundgesetz, weil dadurch nicht gegen Bestimmungen der Finanzverfassung (Artt. 104 a ff. GG) verstoßen werde, da es sich im Bezug auf das zu verteilende Finanzaufkommen um grundrechtlich gebundene Sozialversicherungsbeiträge handle, welche als indisponible Finanzmasse keinen tauglichen Gegenstand finanzverfassungsrechtlicher Verteilungsmechanismen darstellen könne. Auch ein Verstoß gegen Art. 120 Absatz 1 Satz 4 GG scheide aus, weil es sich insoweit lediglich um eine reine Zuständigkeitsvorschrift handle, welche das finanzwirtschaftliche Verhältnis zwischen Bund und Ländern regele und daher nicht von den Sozialversicherungsträgern als Anspruchsnorm herangezogen werden könne. Schließlich sei der Risikostrukturausgleich keine unverhältnismäßige Belastung für die einzelnen Länder, weil zur Verwirklichung des Zwecks der Solidatitätssicherung durch einen kassenübergreifenden sozialen Ausgleich bei gleichzeitigem Wettbewerb der Krankenkassen kein gleich wirksames aber weniger belastendes Mittel existiere.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 01.09.2005
Quelle: Presemitteilung des Bundesverfassungsgerichts vom 31.08.2005 - bearbeitet von der ra-online Redaktion