21.11.2024
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Bundesverfassungsgericht Beschluss18.07.2005

Regelungen des Risikostruk­tu­r­aus­gleichs verfas­sungsgemäßNormen­kon­trol­lantrag dreier Bundesländer scheitert vor dem Bundes­ver­fas­sungs­gericht

Die Regelungen des Risikostruk­tu­r­aus­gleichs in der gesetzlichen Kranken­ver­si­cherung sind mit dem Grundgesetz vereinbar. Der Risikostruk­tu­r­aus­gleich verwirklicht den sozialen Ausgleich in der gesetzlichen Kranken­ver­si­cherung im Einklang mit dem allgemeinen Gleichheitssatz kassen­über­greifend und bundesweit. Auch die Einbeziehung der ostdeutschen Versicherten in den gesamtdeutschen Solidarverband der gesetzlichen Kranken­ver­si­cherung dient der Verwirklichung des für die Kranken­ver­si­cherung charak­te­ris­tischen sozialen Ausgleichs. Dies entschied der Zweite Senat des Bundes­ver­fas­sungs­ge­richts. Damit scheiterten die Länder Baden-Württemberg, Bayern und Hessen mit ihrem Vorhaben, die Regelungen des Risikostruk­tu­r­aus­gleichs zu Fall zu bringen.

Bei dem Risikostruk­tu­r­aus­gleich handelt es sich um ein komplexes finanzielles Ausgleichs­ver­fahren, an dem alle gesetzlichen Krankenkassen beteiligt sind. Nach Ermittlung der jeweiligen Mitglie­der­struktur der einzelnen Krankenkasse wird dadurch unter Berück­sich­tigung von zuvor ermittelten Durch­schnitts­werten ein ausgleichender Finanztransfer unter den Krankenkassen bewirkt.

Ursprünglich war die Durchführung des Risikostruk­tu­r­aus­gleichs nach Ost- und Westdeutschland getrennt. Mit der Abschottung der Ausgleichs­systeme kam es zu einer gegenläufigen finanziellen Entwicklung in Ost und West. Die Krankenkassen in den neuen Ländern wurden auf der Einnahmenseite insbesondere durch die hohe Arbeits­lo­sigkeit und einen hohen Rentenanteil belastet, während in einigen Leistungs­be­reichen die Ausgaben je Versichertem deutlich über dem Westniveau lagen. Defizitäre Entwicklungen und Beitrags­sat­z­er­hö­hungen im Osten waren die Konsequenz.

Der Gesetzgeber reagierte hierauf mit der stufenweisen Einführung des gesamtdeutschen Risikostruk­tu­r­aus­gleichs. Dieser führte zu einem finanziellen West-Ost-Transfer. Der Finanz­kraft­aus­gleich erreichte im Jahr 2001 ein Volumen von rund 1,5 Mrd. Euro, was zu einer durch­schnitt­lichen Entlastung der ostdeutschen Krankenkassen von rund einem Beitrags­satzpunkt führte. Die korre­spon­dierende Belastung der Kassen im Westen belief sich auf , 19 Beitrags­satz­punkte.

Diese Regelungen verstoßen laut Bundes­ver­fas­sungs­gericht unter anderem deshalb nicht gegen das Grundgesetz, weil dadurch nicht gegen Bestimmungen der Finanz­ver­fassung (Artt. 104 a ff. GG) verstoßen werde, da es sich im Bezug auf das zu verteilende Finanzaufkommen um grundrechtlich gebundene Sozia­l­ver­si­che­rungs­beiträge handle, welche als indisponible Finanzmasse keinen tauglichen Gegenstand finanz­ver­fas­sungs­recht­licher Vertei­lungs­me­cha­nismen darstellen könne. Auch ein Verstoß gegen Art. 120 Absatz 1 Satz 4 GG scheide aus, weil es sich insoweit lediglich um eine reine Zustän­dig­keits­vor­schrift handle, welche das finan­z­wirt­schaftliche Verhältnis zwischen Bund und Ländern regele und daher nicht von den Sozia­l­ver­si­che­rungs­trägern als Anspruchsnorm herangezogen werden könne. Schließlich sei der Risikostruk­tu­r­aus­gleich keine unver­hält­nis­mäßige Belastung für die einzelnen Länder, weil zur Verwirklichung des Zwecks der Solida­ti­täts­si­cherung durch einen kassen­über­grei­fenden sozialen Ausgleich bei gleichzeitigem Wettbewerb der Krankenkassen kein gleich wirksames aber weniger belastendes Mittel existiere.

Quelle: Presemitteilung des Bundesverfassungsgerichts vom 31.08.2005 - bearbeitet von der ra-online Redaktion

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