Bundesverfassungsgericht Beschluss09.07.2025
Beschlagnahme eines Smartphones wegen der Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes gemäß § 201 StGB wohl nicht rechtmäßigVerfassungsbeschwerde gegen Beschlagnahme des Smartphones ist allerdings unzulässig, da zuvor eine Gehörsrüge hätte erhoben werden müssen
Die 2. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts hat eine Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen, deren Gegenstand eine ermittlungsrichterliche Beschlagnahme sowie die dazu ergangene Beschwerdeentscheidung sind.
Die Beschwerdeführerin geriet in eine Verkehrskontrolle durch mehrere Polizeibeamte, in deren Verlauf einer der Polizeibeamten seine Bodycam aktivierte. Die Beschwerdeführerin begann ebenfalls, mit ihrem Smartphone ein Video von der Kontrollsituation aufzunehmen. Im weiteren Verlauf beschlagnahmten die Polizeibeamten auf telefonische Anordnung der Staatsanwaltschaft ihr Smartphone wegen des Verdachts einer Strafbarkeit der Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes gemäß § 201 Strafgesetzbuch (StGB).
Die Verfassungsbeschwerde ist unzulässig. Die Beschwerdeführerin hat den Rechtsweg nicht erschöpft, da sie eine Verletzung rechtlichen Gehörs rügt, ohne zuvor eine Gehörsrüge angebracht zu haben. Es kann daher offenbleiben, ob sich die Beschlagnahmeanordnung und die Entscheidung über die Beschwerde in der Sache noch als verfassungsgemäß erweisen, auch wenn diese verfassungsrechtlichen Bedenken begegnen.
So unterliegt bereits die Annahme der Fachgerichte, dass in der vorliegenden Konstellation einer Verkehrskontrolle durch Polizeibeamte im öffentlichen Straßenraum mit Bodycamaufzeichnung ein Anfangsverdacht einer Straftat nach § 201 Abs. 1 StGB vorliege, zumindest gewissen Zweifeln. Auch das staatliche Interesse an der andauernden Beschlagnahme des Smartphones selbst ist jedenfalls vorliegend als nicht besonders hoch zu bewerten. Denn schon abstrakt weist § 201 Abs. 1 StGB eine nicht besonders hohe Strafdrohung auf. Es liegen auch bereits erhebliche Beweismittel zum Tatnachweis vor, sodass die Beweisbedeutung des Smartphones als Tatmittel und auch des auf dem Smartphone gespeicherten Videos selbst nicht besonders hoch ist.
Den Aspekten, die das staatliche Interesse an einer über drei Monate andauernden Beschlagnahme des Smartphones als schwach erscheinen lassen, stehen hier durchaus gewichtige private Interessen der Beschwerdeführerin aus dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung und Art. 14 Abs. 1 Grundgesetz gegenüber.
Zumindest in der vorliegenden Konstellation einer prognostisch nur geringen Beweisbedeutung auf dem Endgerät gespeicherter Daten und des hier nur geringen Gewichts der vorgeworfenen Straftat, in der die Beschwerdeführerin sich nach den Gründen der angegriffenen Entscheidungen jedenfalls bereiterklärt hat, die PIN für ihr Smartphone herauszugeben, bestehen in einer Zusammenschau verfassungsrechtliche Zweifel an dessen andauernder Beschlagnahme.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 04.09.2025
Quelle: Bundesverfassungsgericht, ra-online (pm/pt)