22.11.2024
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Bundesverfassungsgericht Beschluss02.05.2006

Keine Verbreitung von Luftaufnahmen der Anwesen Prominenter nebst AdressdatenPersön­lich­keits­schutz steht vor Pressefreiheit

Der Beschwer­de­führer betreibt eine Presseagentur. Er verfolgt die Geschäftsidee, von einem Hubschrauber aus Luftbilder von auf Mallorca gelegenen Wohnhäusern prominenter Personen zu fertigen und diese sodann Presse­un­ter­nehmen zusammen mit Angaben zur Identität der Betroffenen und zur Lage der Anwesen zur Verfügung zu stellen. Unter Verwendung solcher Luftbilder berichtete eine Fernseh­zeit­schrift über verschiedene Prominente in der Weise, dass Luftbilder ihrer Anwesen unter Nennung der Namen sowie einer Anfahrts­weg­be­schreibung abgebildet wurden. Die Leser wurden aufgefordert, von der ihnen eröffneten Möglichkeit Gebrauch zu machen, Prominente an deren Wohnsitz aufzusuchen.

Eine Film- und Fernseh­pro­du­zentin sowie ihr als Regisseur tätiger Ehemann nahmen den Beschwer­de­führer erfolgreich vor den Fachgerichten auf Unterlassung einer Verbreitung von Luftbildern ihres Anwesens, der Offenlegung ihrer Identität sowie der Wegbeschreibung in Anspruch. Die hiergegen gerichtete Verfas­sungs­be­schwerde des Beschwer­de­führers hat die 1. Kammer des Ersten Senats des Bundes­ver­fas­sungs­ge­richts nicht zur Entscheidung angenommen, da sie keine Aussicht auf Erfolg hat.

Der Entscheidung liegen im Wesentlichen folgende Erwägungen zu Grunde:

Die Entscheidungen der Fachgerichte sind verfas­sungs­rechtlich nicht zu beanstanden. Zutreffend haben sie den Schutz des Persön­lich­keits­rechts auf die Veröf­fent­lichung von Abbildungen erstreckt, die Einblick in die räumliche Privatsphäre als einem von öffentlicher Kontrolle und Beobachtung freien Rückzugsbereich ermöglichen. Vorausgesetzt ist, dass der Betroffene nach den konkreten Gegebenheiten die begründete und für Dritte erkennbare Erwartung hegen darf, dass seine privaten Verhältnisse den Blicken der Öffentlichkeit entzogen bleiben. So liegt es hier. Die Betroffenen hatten den abgebildeten Grund­s­tücks­bereich erkennbar dem Einblick von außen verschlossen halten wollen.

Auch die vorgenommene Abwägung zwischen Persönlichkeitsrecht und Pressefreiheit begegnet keinen verfas­sungs­recht­lichen Einwänden. Nicht zu beanstanden ist, dass die Gerichte ein berechtigtes Veröf­fent­li­chungs­in­teresse verneint haben. Dabei durften sie berücksichtigen, dass durch die Veröf­fent­lichung ungeachtet des Interesses eines breiten Publikums an solchen Bildern lediglich private Angelegenheiten ausgebreitet wurden, um die Neugier zu befriedigen. Dass die Kombination der Abbildung des Anwesens mit der Namensnennung und der Wegbeschreibung die Schwere der Persön­lich­keits­be­ein­träch­tigung gegenüber einer bloßen Abbildung erhöht, ist nachvollziehbar. Das Schutzbedürfnis entfällt nicht dadurch, dass die Adresse auch unter Rückgriff auf allgemein zugängliche Verzeichnisse verschafft werden kann. Werden Angaben zur Anschrift gezielt in einem Massenmedium veröffentlicht, um die Leser zu einem Aufsuchen des privaten Lebensbereichs zu ermuntern, so werden die Informationen in einen neuen Kontext gesetzt, der Risiken weiterer Beein­träch­ti­gungen des Persön­lich­keits­rechts bewirken kann.

Siehe zum Thema auch:

Fernseh­mo­de­ratorin Gundlach nimmt TV-Movie erfolgreich auf Unterlassung der Veröf­fent­lichung einer Wegbeschreibung zu ihrem Anwesen auf Mallorca in Anspruch

Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 47/06 des BVerfG vom 07.06.2006

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