15.11.2024
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Dokument-Nr. 8224

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Beschluss30.06.2009Bundesverfassungsgericht1 BvR 470/09
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Bundesverfassungsgericht Beschluss30.06.2009

Bundes­ver­fas­sungs­gericht lehnt Verfas­sungs­be­schwerde wegen Versagung von Beratungshilfe im Anhörungs­ver­fahren abAnspruch auf Rechts­wahr­neh­mungs­gleichheit nicht verletzt

Die Verfas­sungs­be­schwerde einer Beschwer­de­führerin, deren Antrag auf Beratungshilfe für die Äußerung im Anhörungs­ver­fahren zurückgewiesen wurde, wurde vom Bundes­ver­fas­sungs­gericht nicht angenommen. Die Verfas­sungs­be­schwerde hätte keine Aussicht auf Erfolg.

Die Beschwer­de­führerin beantragte beim Amtsgericht Beratungshilfe, um im Rahmen eines Anhörungs­ver­fahrens nach § 24 Zehntes Buch Sozial­ge­setzbuch (SGB X) zu einer beabsichtigten Rückforderung Stellung zu nehmen. Die Bundesagentur für Arbeit hatte mitgeteilt, dass nach ihrem Kenntnisstand eine Überzahlung von Leistungen entstanden sei, weil die Beschwer­de­führerin eine Änderung der Verhältnisse nicht angezeigt habe.

Bemühungen um Klärung hätten direkt bei der Agentur für Arbeit erfolgen müssen

Das Amtsgericht wies den daraufhin von der Beschwer­de­führerin gestellten Antrag auf Beratungshilfe für die Äußerung im Anhörungs­ver­fahren zurück, weil der Beschwer­de­führerin zugemutet werden könne, sich zunächst durch Nachfrage bei der Agentur für Arbeit um eine Klärung der Angelegenheit zu bemühen. Die Erinnerung der Beschwer­de­führerin blieb ebenso erfolglos wie die zuletzt erhobene Anhörungsrüge.

BVerfG lehnt Beschwerde mangels ausreichender Erklärung der Beschwer­de­führerin ab

Das Bundes­ver­fas­sungs­gericht nahm die von der Beschwer­de­führerin erhobene Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung an. Die Beschwer­de­führerin hat nicht substantiiert dargelegt, dass das Amtsgericht die Bedeutung und Tragweite ihrer verfas­sungs­mäßigen Rechte dadurch verkannt hat, dass es die Beratung durch die zuständige Behörde im Anhörungs­ver­fahren hier für zumutbar gehalten hat. Art. 3 Abs. 1 iVm Art. 20 Abs. 1 und Abs. 3 GG gewährleistet auch im außer­ge­richt­lichen Bereich Rechts­wahr­neh­mungs­gleichheit in dem Sinne, dass ein unbemittelter Rechtsuchender einem solchen Bemittelten gleichzustellen ist, der bei seiner Inanspruchnahme von Rechtsrat auch die hierdurch entstehenden Kosten berücksichtigt und vernünftig abwägt. Der Rechtsuchende darf dabei zunächst auf zumutbare andere Möglichkeiten für eine fachkundige Hilfe bei der Rechts­wahr­nehmung verwiesen werden. Der Begriff der Zumutbarkeit wird zwar von den Fachgerichten überdehnt, wenn ein Rechtsuchender für das Wider­spruchs­ver­fahren zur Beratung an dieselbe Behörde verwiesen wird, gegen die er sich mit dem Widerspruch richtet (vgl. Bundes­ver­fas­sungs­gericht, Beschluss v. 11.05.2009 - 1 BvR 1517/08 - ). Das dem Wider­spruchs­ver­fahren vorgelagerte Anhörungs­ver­fahren ist jedoch in Bezug auf die Zumutbarkeit behördlicher Beratung grundsätzlich nicht mit dem Wider­spruchs­ver­fahren vergleichbar.

Von einer Gegnerschaft zwischen Behörde und Rechtsuchendem kann erst im Wider­spruchs­ver­fahren gesprochen werden. Anders als im Fall des Wider­spruchs­ver­fahrens ist im Anhörungs­stadium eine belastende Entscheidung der Behörde noch nicht getroffen worden. Das Anhörungs­schreiben enthält ein Angebot zur Kontaktaufnahme, bevor eine beein­träch­tigende Regelung erfolgt.

Kosten für Anhörung müssen immer selbst getragen werden

Außerdem müsste auch ein bemittelter Rechtsuchender unabhängig vom Ausgang des Verfahrens in jedem Fall die Kosten der Anhörung selbst tragen. Denn Aufwendungen für die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts können im Erfolgsfall zwar für das Wider­spruchs­ver­fahren (§ 63 Abs. 2 SGB X), nicht aber für ein Anhörungs­ver­fahren erstattet werden (vgl. BSG, Urteil vom 12. Dezember 1990 - 9a/9 RVs 13/89 -, SozR 3-1300 § 63 Nr. 1).

Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 86/09 des BVerfG vom 29.07.2009

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