15.11.2024
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Dokument-Nr. 9977

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Bundesverfassungsgericht Beschluss07.07.2010

Verfas­sungs­be­schwerde gegen die Anrechnung von BAföG-Leistungen auf "Hartz IV-Leistungen" erfolglosBAföG-Leistungen dürfen als bedarfs­min­derndes Einkommen berücksichtigt werden

Bezieht ein Auszubildender neben Hartz IV-Leistungen auch BAföG-Leistungen, dürfen diese auf die Hartz IV-Bezüge angerechnet werden. BAföG darf grundsätzlich als bedarfs­min­derndes Einkommen berücksichtigt werden. Dies entschied das Bundes­ver­fas­sungs­gericht und nahm eine hiergegen gerichtete Verfas­sungs­be­schwerde nicht zur Entscheidung an.

Die Beschwer­de­führerin absolvierte eine dreijährige Ausbildung in einer privaten Berufs­fach­schule und hatte monatliche Schulgebühren zu entrichten. Sie bezog in dieser Zeit Leistungen nach dem so genannten „Hartz-IV-Gesetz“ (SGB II), wobei der Leistungsträger die der Beschwer­de­führerin ebenfalls gewährten Leistungen nach dem Bundes­aus­bil­dungs­för­de­rungs­gesetz (BAföG) als bedarfs­min­derndes Einkommen berücksichtigte. Auf ihre Klagen vor den Sozialgerichten entschied schließlich das Bundes­so­zi­al­gericht, dass die Leistungen nach dem BAföG als bedarfs­min­derndes Einkommen anzurechnen seien, wobei lediglich eine Pauschale (20 % des Gesamtbedarfs nach dem BAföG) für ausbil­dungs­be­stimmte Kosten als zweckbestimmtes privilegiertes Einkommen in Abzug zu bringen sei; die Schulgebühren seien darüber hinaus nicht zusätzlich absetzbar.

Beschwer­de­führerin nicht in Grundrechten verletzt

Die sich hiergegen richtende Verfassungsbeschwerde hat das Bundes­ver­fas­sungs­gericht nicht zur Entscheidung angenommen, weil die Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen, die Beschwer­de­führerin insbesondere nicht in ihren Grundrechten verletzt ist.

Besuch einer privaten Ausbil­dungs­ein­richtung muss nicht von Verfassungs wegen durch die Gewährung staatlicher Mittel ermöglicht werden

Das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschen­würdigen Existenz­mi­nimums aus Art. 1 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozial­staats­prinzip des Art. 20 Abs. 1 GG enthält einen Anspruch auf die Zurver­fü­gung­s­tellung derjenigen Mittel, die zur Aufrecht­er­haltung eines menschen­würdigen Daseins unbedingt erforderlich sind. Ein Anspruch auf Leistungen zur Finanzierung der Aufwendungen für den Besuch einer Privatschule oder zur Rückla­gen­bildung kann daraus nicht abgeleitet werden. Der Besuch einer privaten Ausbil­dungs­ein­richtung muss nicht von Verfassungs wegen durch die Gewährung staatlicher Mittel ermöglicht oder erleichtert werden. Auch wird dieses Grundrecht nicht dadurch verletzt, dass bei der Berechnung der Leistungen nach dem SGB II Einkommen angerechnet wird. Denn es greift erst dann ein, wenn und soweit andere Mittel zur Gewährleistung eines menschen­würdigen Existenz­mi­nimums nicht zur Verfügung stehen. Die Verfassung gebietet nicht die Gewährung von bedarf­s­u­n­ab­hängigen, voraus­set­zungslosen Sozia­l­leis­tungen. Aus verfas­sungs­recht­licher Sicht ist es ausreichend, dass das Existenzminimum gedeckt werden kann, ohne dass es auf den Rechtsgrund der Einnahme oder die subjektive Verwen­dungs­absicht des Hilfe­be­dürftigen ankäme.

Keine Schlech­ter­be­handlung gegenüber anderen Auszubildenden

Schließlich verletzt die Anrechnung des so genannten Schüler-BAföG auch nicht den Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG. Eine Ungleich­be­handlung der Beschwer­de­führerin gegenüber anderen Auszubildenden, die eine schulgeldfreie Schule besuchen, liegt nicht vor, da bei ihnen, soweit sie Leistungen nach dem SGB II beziehen, in gleicher Weise ihr BAföG-Einkommen angerechnet wird. Auch gegenüber bemittelten Auszubildenden wird die Beschwer­de­führerin nicht schlechter behandelt, sondern sogar privilegiert. Denn Personen, die über hinreichendes Einkommen bzw. Vermögen verfügen, erhalten weder Leistungen nach dem SGB II noch Leistungen nach dem BAföG.

Quelle: ra-online, Bundesverfassungsgericht

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