23.11.2024
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Dokument-Nr. 946

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Bundesverfassungsgericht Beschluss05.09.2005

Verfas­sungs­be­schwerde betreffend die Einfuhr von Textilien aus China bleibt erfolglos

Die Verfas­sungs­be­schwerde (Vb) eines Textil­her­stellers gegen die Nichterteilung von Einfuhr­ge­neh­mi­gungen für Textilien aus der Volksrepublik (VR) China und die Änderung der entsprechenden Einfuhraus­schrei­bungen durch das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhr­kon­trolle (BAFA) hat die 3. Kammer des Ersten Senats aus prozessualen Gründen nicht zur Entscheidung angenommen.

Die Beschwer­de­führerin (Bf) ist ein Unternehmen der Textilbranche und produziert Bekleidung unter verschiedenen Markennamen. Im April und Mai 2005 schloss sie mit mehreren in der VR China ansässigen Firmen Verträge über die Lieferung verschiedener Beklei­dungswaren. Im Juni 2005 haben die Europäische Gemeinschaft und die VR China eine Vereinbarung über die Beschränkung der Einfuhr von bestimmten Textil- und Beklei­dungs­er­zeug­nissen mit Ursprung in der VR China geschlossen. Auf dieser Grundlage hat die Europäische Kommission am 8. Juli 2005 durch Verordnung (EG) Nr. 1084/2005 mit Wirkung zum 12. Juli 2005 Gemein­schafts­höchst­mengen für die Einfuhr dieser Erzeugnisse eingeführt. Binnen weniger Tage waren die Quoten für bestimmte Erzeugnisse - beginnend mit Pullovern - erschöpft. Dies hat zur Folge, dass die Kommission der Europäischen Gemeinschaft dem BAFA derzeit keine Bestätigung bzw. Freigabe zur Ausstellung von Einfuhr­ge­neh­mi­gungen für solche Waren erteilt. Entsprechende Waren sind seither blockiert, ihre Weiter­ver­wendung nicht möglich. Das BAFA hat seine Einfuhraus­schrei­bungen für Textilwaren und Bekleidung dem EG-Recht mit Wirkung zum 12. Juli 2005 angepasst.

Die chinesischen Lieferanten der Bf haben nach dem 12. Juli 2005 begonnen, ihre Vertrags­ver­pflich­tungen aus den im April und Mai geschlossenen Verträgen zu erfüllen. Teilmengen der bestellten Ware sind bereits eingetroffen, aber zollrechtlich in den Zustand der vorübergehenden Verwahrung überführt worden. Auf die von der Bf gestellten Anträge auf Erteilung einer Einfuhr­ge­neh­migung führte das BAFA unter Hinweis auf die eingetretene Quote­n­er­schöpfung aus, das Geneh­mi­gungs­ver­fahren müsse zunächst ausgesetzt werden, da noch nicht absehbar sei, ob und welche weitergehenden Entscheidungen über mögliche Quote­n­er­hö­hungen in Brüssel getroffen würden. Die von der Bf beantragte Abfertigung der Waren zum freien Verkehr war schon vorher vom Hauptzollamt mit der Begründung abgelehnt worden, es sei keine Einfuhr­ge­neh­migung vorgelegt worden. Über die von der Bf hiergegen eingelegten Rechtsbehelfe ist noch nicht entschieden worden. Mit ihrer Vb verfolgte die Bf das Ziel, die auf Grund der bestehenden Verträge gelieferten und noch zu liefernden Waren aus der VR China einführen zu können. Zugleich hat sie einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt. In der Sache machte die Bf im Wesentlichen geltend, die Änderung der Einfuhraus­schrei­bungen verletze sie in ihrer wirtschaft­lichen Handlungs­freiheit. Die getroffene Überg­angs­re­gelung hinsichtlich derjenigen Waren, die nach dem 12. Juli 2005 aus der VR China versandt wurden, verstoße gegen das Rückwir­kungs­verbot.

Der Entscheidung liegen im Wesentlichen folgende Erwägungen zu Grunde:

Die Vb ist nicht zur Entscheidung anzunehmen, da sie unzulässig ist. Die Bf hat ihr Begehren, die streit­ge­gen­ständ­lichen Waren einführen zu dürfen, nicht vor den Fachgerichten verfolgt. Sie hat auch nicht hinreichend substantiiert dargelegt, dass ihr durch die Verweisung auf den Rechtsweg ein schwerer und unabwendbarer Nachteil entstehen würde. Insbesondere ergibt sich aus ihrem Vortrag nicht, dass es ihr unzumutbar gewesen wäre, ihr Begehren im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes vor den Fachgerichten zu verfolgen. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass ein Nachsuchen um vorläufigen Rechtsschutz offensichtlich aussichtslos gewesen wäre. Dies gilt unabhängig davon, ob sich die von der Bf geltend gemachten Bedenken hinsichtlich der auch für Altverträge unter Anrechnung auf die vorhandenen Gemein­schafts­mengen beizubringenden Einfuhr­ge­neh­mi­gungen auf das Gemein­schaftsrecht oder das nationale Recht beziehen. Denn die Prüfungs­kom­pe­tenzen der Fachgerichte erstrecken sich nicht nur auf die von der Bf angegriffenen Regelungen des nationalen Rechts. An der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes sind die Fachgerichte nicht nur dann nicht gehindert, wenn sie die Verfas­sungs­mä­ßigkeit nationaler Rechtsnormen bezweifeln und gegebenenfalls die Entscheidung des Bundes­ver­fas­sungs­ge­richts nach Art. 100 Abs. 1 GG einholen müssen. Vielmehr steht auch die Gültigkeit von Gemein­schaftsrecht dessen zeitweisem Nichtvollzug in einem Mitgliedstaat nicht zwingend entgegen.

Mit der Nichtannahme der Vb erledigt sich der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.

Quelle: Pressemitteilung Nr. 82/2005 des BVerfG vom 08.09.2005

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