Dokument-Nr. 946
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Bundesverfassungsgericht Beschluss05.09.2005
Verfassungsbeschwerde betreffend die Einfuhr von Textilien aus China bleibt erfolglos
Die Verfassungsbeschwerde (Vb) eines Textilherstellers gegen die Nichterteilung von Einfuhrgenehmigungen für Textilien aus der Volksrepublik (VR) China und die Änderung der entsprechenden Einfuhrausschreibungen durch das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) hat die 3. Kammer des Ersten Senats aus prozessualen Gründen nicht zur Entscheidung angenommen.
Die Beschwerdeführerin (Bf) ist ein Unternehmen der Textilbranche und produziert Bekleidung unter verschiedenen Markennamen. Im April und Mai 2005 schloss sie mit mehreren in der VR China ansässigen Firmen Verträge über die Lieferung verschiedener Bekleidungswaren. Im Juni 2005 haben die Europäische Gemeinschaft und die VR China eine Vereinbarung über die Beschränkung der Einfuhr von bestimmten Textil- und Bekleidungserzeugnissen mit Ursprung in der VR China geschlossen. Auf dieser Grundlage hat die Europäische Kommission am 8. Juli 2005 durch Verordnung (EG) Nr. 1084/2005 mit Wirkung zum 12. Juli 2005 Gemeinschaftshöchstmengen für die Einfuhr dieser Erzeugnisse eingeführt. Binnen weniger Tage waren die Quoten für bestimmte Erzeugnisse - beginnend mit Pullovern - erschöpft. Dies hat zur Folge, dass die Kommission der Europäischen Gemeinschaft dem BAFA derzeit keine Bestätigung bzw. Freigabe zur Ausstellung von Einfuhrgenehmigungen für solche Waren erteilt. Entsprechende Waren sind seither blockiert, ihre Weiterverwendung nicht möglich. Das BAFA hat seine Einfuhrausschreibungen für Textilwaren und Bekleidung dem EG-Recht mit Wirkung zum 12. Juli 2005 angepasst.
Die chinesischen Lieferanten der Bf haben nach dem 12. Juli 2005 begonnen, ihre Vertragsverpflichtungen aus den im April und Mai geschlossenen Verträgen zu erfüllen. Teilmengen der bestellten Ware sind bereits eingetroffen, aber zollrechtlich in den Zustand der vorübergehenden Verwahrung überführt worden. Auf die von der Bf gestellten Anträge auf Erteilung einer Einfuhrgenehmigung führte das BAFA unter Hinweis auf die eingetretene Quotenerschöpfung aus, das Genehmigungsverfahren müsse zunächst ausgesetzt werden, da noch nicht absehbar sei, ob und welche weitergehenden Entscheidungen über mögliche Quotenerhöhungen in Brüssel getroffen würden. Die von der Bf beantragte Abfertigung der Waren zum freien Verkehr war schon vorher vom Hauptzollamt mit der Begründung abgelehnt worden, es sei keine Einfuhrgenehmigung vorgelegt worden. Über die von der Bf hiergegen eingelegten Rechtsbehelfe ist noch nicht entschieden worden. Mit ihrer Vb verfolgte die Bf das Ziel, die auf Grund der bestehenden Verträge gelieferten und noch zu liefernden Waren aus der VR China einführen zu können. Zugleich hat sie einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt. In der Sache machte die Bf im Wesentlichen geltend, die Änderung der Einfuhrausschreibungen verletze sie in ihrer wirtschaftlichen Handlungsfreiheit. Die getroffene Übergangsregelung hinsichtlich derjenigen Waren, die nach dem 12. Juli 2005 aus der VR China versandt wurden, verstoße gegen das Rückwirkungsverbot.
Der Entscheidung liegen im Wesentlichen folgende Erwägungen zu Grunde:
Die Vb ist nicht zur Entscheidung anzunehmen, da sie unzulässig ist. Die Bf hat ihr Begehren, die streitgegenständlichen Waren einführen zu dürfen, nicht vor den Fachgerichten verfolgt. Sie hat auch nicht hinreichend substantiiert dargelegt, dass ihr durch die Verweisung auf den Rechtsweg ein schwerer und unabwendbarer Nachteil entstehen würde. Insbesondere ergibt sich aus ihrem Vortrag nicht, dass es ihr unzumutbar gewesen wäre, ihr Begehren im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes vor den Fachgerichten zu verfolgen. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass ein Nachsuchen um vorläufigen Rechtsschutz offensichtlich aussichtslos gewesen wäre. Dies gilt unabhängig davon, ob sich die von der Bf geltend gemachten Bedenken hinsichtlich der auch für Altverträge unter Anrechnung auf die vorhandenen Gemeinschaftsmengen beizubringenden Einfuhrgenehmigungen auf das Gemeinschaftsrecht oder das nationale Recht beziehen. Denn die Prüfungskompetenzen der Fachgerichte erstrecken sich nicht nur auf die von der Bf angegriffenen Regelungen des nationalen Rechts. An der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes sind die Fachgerichte nicht nur dann nicht gehindert, wenn sie die Verfassungsmäßigkeit nationaler Rechtsnormen bezweifeln und gegebenenfalls die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nach Art. 100 Abs. 1 GG einholen müssen. Vielmehr steht auch die Gültigkeit von Gemeinschaftsrecht dessen zeitweisem Nichtvollzug in einem Mitgliedstaat nicht zwingend entgegen.
Mit der Nichtannahme der Vb erledigt sich der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 08.09.2005
Quelle: Pressemitteilung Nr. 82/2005 des BVerfG vom 08.09.2005
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