21.11.2024
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Dokument-Nr. 2952

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Bundessozialgericht Urteil05.09.2006

Falsche Bewerbung ist einer Nichtbewerbung bzw. einer Arbeits­ab­lehnung gleichzustellenInhalt und Form einer Bewerbung müssen Ernsthaftigkeit darstellen

Der Kläger war zuletzt als Software-Berater und Produkt-Disponent beschäftigt. Nach Bezug von Arbeits­lo­sengeld und einer von der beklagten Bundesagentur geförderten kaufmännischen Fort­bildung für Techniker sowie einer Weiter­bil­dungs­maßnahme für erfahrene Arbeitnehmer aus dem technischen Bereich bezog der Kläger Arbeits­lo­senhilfe. Nachdem das Arbeitsamt ihn aufgefordert hatte, sich für eine Tätigkeit als Disponent in einem Unternehmen für Fahrzeug­wasch­anlagen zu bewerben, gab er eine Bewerbung ab, in der er zunächst seinen beruflichen Werdegang schilderte,

Die Schilderung des beruflichen Werdegangs enthielt folgenden Passus: "Nach inzwischen langer Arbeitssuche ist es mir vor allem wichtig, wieder einer geregelten Tätigkeit nachzugehen - vorausgesetzt, sie bietet mir eine gewisse Perspektive und liegt im Bereich meiner Interessen und Fähigkeiten!

Trotzdem ich denke, über eine gute Qualifikation zu verfügen möchte ich darauf hinweisen, dass ich im Bereich AV (Arbeits­vor­be­reitung) weder über eine Ausbildung noch über jedwede Berufspraxis verfüge und dies auch keine Wunsch-Tätigkeit wäre." [Die Hervorhebungen sind im Original enthalten]

Nachdem die beklagte Bundesagentur für Arbeit die Zahlung von Arbeits­lo­senhilfe (Alhi) mit Ablauf des 30. April 1999 vorläufig eingestellt hatte, stellte sie den Eintritt einer zwölfwöchigen Sperrzeit vom 21. April bis 13. Juli 1999 fest, hob die Bewilligung von Alhi für den Zeitraum vom 21. bis 30. April 1999 auf und forderte zu Unrecht gezahlte Leistungen zurück; für die Folgezeit stellte sie die Gewährung von Alhi vorläufig ein. Mit weiterem Bescheid forderte die Beklagte den Kläger zur Erstattung von Beiträgen zur Kranken- und Pflege­ver­si­cherung für die Zeit vom 21. bis 30. April 1999 auf.

Das Bundes­so­zi­al­gericht hat die Auffassung der Bundesagentur für Arbeit bestätigt, dass Inhalt und Form des Bewer­bungs­schreibens einer Ablehnung des Beschäf­ti­gungs­an­gebots gleichzustellen sind. Bei der Frage, ob ein Bewer­bungs­schreiben einer Nichtbewerbung gleichzustellen ist, kommt es allein darauf an, dass ein Arbeitgeber bereits wegen des objektiven Inhalts beziehungsweise der Form eine Bewerbung von vornherein als unbeachtlich oder offensichtlich unernst gemeint behandelt. Mit einer Bewerbung muss der Arbeitnehmer sein Interesse an der Aufnahme eines Arbeits­ver­hält­nisses zum Ausdruck bringen. Diese Verpflichtung besteht im Sinne einer Obliegenheit auch dann, wenn es sich bei der Bewerbung um eine bloße Befolgung eines Vermitt­lungs­vor­schlags der Agentur für Arbeit handelt. Der Arbeitslose ist gehalten, alles zu unterlassen, was dieser Intention (Interesse an der Aufnahme eines Arbeits­ver­hält­nisses) nach außen hin erkennbar entgegenläuft. Abzustellen ist hierbei auf den objektiven Empfän­ger­ho­rizont, dh auf die Sicht eines verständigen Arbeitgebers. Auf die innere Einstellung des Arbeitslosen, mithin auf die Frage, ob er das Beschäf­ti­gungs­angebot tatsächlich zielgerichtet ablehnen wollte, kommt es bei der Beurteilung, ob ein Bewer­bungs­schreiben einer Nichtbewerbung gleichgesetzt werden kann, nicht an. Maßgeblich ist nur, ob der Kläger die Wirkung auf den Arbeitgeber erkennen konnte.

Da das Landes­so­zi­al­gericht es unterlassen hatte, zu prüfen, ob der Kläger nach seinem individuellen Vermögen fahrlässig nicht erkennen konnte, wie sein Verhalten aufzufassen war, musste die Sache an das Landes­so­zi­al­gericht zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen werden; es handelt sich um Tatsa­chen­fest­stel­lungen, die nicht der revisi­ons­ge­richt­lichen Überprüfung unterliegen.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 27/06 des BSG vom 05.09.2006

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