18.10.2024
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Sie sehen eine Szene aus einem Krankenhaus, speziell mit einem OP-Saal und einer Krankenschwester im Vordergrund.

Dokument-Nr. 11107

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ergänzende Informationen

Bundessozialgericht sonstiges09.02.2011

BSG zu den Grundsätzen zur Genehmigung von ZweigpraxenPatien­ten­ver­sorgung am Vertrags­a­rztsitz und am Sitz der Zweigpraxis muss sichergestellt sein

In vier Verfahren wurden vom Bundes­so­zi­al­gericht Grundsätze zur Anwendung der Regelung über ärztliche und zahnärztliche Zweigpraxen in § 24 Abs. 3 Ärzte- bzw. Zahnärzte-Zulas­sungs­ver­ordnung entwickelt.

Grund für die Entwicklung der Regelungen sind Streitigkeiten zwischen Ärzten und den Behörden über Genehmigungen von Zweitpraxen.

Getroffene Regelungen:

Die Ausübung der vertrag­s­ärzt­lichen bzw. vertrags­zahn­ärzt­lichen Tätigkeit an weiteren Orten außerhalb des Vertrags­a­rzt­sitzes (Zweigpraxis) ist zulässig, wenn und soweit die Versorgung der Versicherten an den "weiteren Orten" verbessert und die ordnungsgemäße Versorgung der Versicherten am Ort des Vertrags­a­rzt­sitzes nicht beeinträchtigt wird.

Einholung von Genehmigung bei zuständiger Behörde erforderlich

Die Führung von Zweigpraxen bedarf der Genehmigung, entweder der Kassenärztliche Vereinigung (KÄV) bzw. Kassen­zahn­ärztliche Vereinigung (KZÄV) - bei Zweigpraxen im Bezirk der KÄV bzw. KZÄV, deren Mitglied der Arzt/Zahnarzt ist - oder des Zulas­sungs­aus­schusses, der für den Ort außerhalb des Bezirks dieser KÄV/KZÄV zuständig ist, an dem die Zweigpraxis betrieben werden soll.

Behörden steht Beurtei­lungs­spielraum zu

Den zuständigen Behörden steht bei der Beurteilung der Verbesserung der Versorgung am Ort der Zweigpraxis und der Beein­träch­tigung der Versorgung am Vertrags­a­rztsitz ein Beurtei­lungs­spielraum zu. Die Ausübung dieser Beurtei­lungs­er­mäch­tigung ist nur eingeschränkt gerichtlich nachprüfbar.

Medizinische Versorungs­zentren können mehr als zwei Standorte führen

Die berufs­rechtliche Beschränkung der Ausübung der nieder­ge­lassenen ärztlichen Tätigkeit auf höchstens zwei Standorte neben der Hauptpraxis gilt nicht für Medizinische Versor­gungs­zentren. Diese können auch mehr als zwei Zweigpraxen führen; jeder in einem Medizinischen Versor­gungs­zentrum tätige Arzt darf aber an höchstens drei Standorten des Medizinischen Versor­gungs­zentrums tätig sein.

Wöchtenlich regelmäßige Abwesenheit am Vertrags­a­rztsitz kann als Versor­gungs­be­ein­träch­tigung angesehen werden

Wenn ein Kinderarzt regelmäßig an einem Tag der Woche nicht oder zeitlich nur ganz beschränkt an seinem Vertrags­a­rztsitz tätig und dort für seine Patienten auch nicht erreichbar ist, weil er sich an einem über 120 km entfernten "weiteren Ort" zur Führung einer Zweigpraxis aufhält, kann darin eine Beein­träch­tigung der Versorgung der Kinder und Jugendlichen am Vertrags­a­rztsitz gesehen werden.

Quali­täts­ein­schrän­kungen nur bei Versor­gungs­defizit am Ort der Zweigpraxis hinnehmbar

Das Angebot kiefer­or­tho­pä­discher Behandlungen lediglich an Freitagen und Samstagen muss für sich genommen noch keine Verbesserung der Versorgung darstellen, weil an den anderen Wochentagen der Kieferorthopäde bei Komplikationen nicht eingreifen kann, wenn er sich am Ort seiner ca. 500 km entfernten Hauptpraxis aufhält. Diese möglichen Quali­täts­ein­schrän­kungen müssen nur hingenommen werden, wenn am Ort der Zweigpraxis ein erhebliches tatsächliches Versor­gungs­defizit herrscht.

Behörde kann Beleg für besondere Fachkunde verlangen

Soweit ein Zahnarzt geltend macht, seine besonderen Kenntnisse und Fähigkeiten in der Kinder­zahn­heilkunde führten zu einer Verbesserung der Versorgung von Kindern am Ort der Zweigpraxis, ist es nicht zu beanstanden, dass die KZÄV zum Beleg einer derartigen besonderen Fachkunde auf ein von der Zahnärztekammer vergebenes Zertifikat abstellt und sich nicht mit eigenen Angaben des Zahnarztes zur Zahl der von ihm behandelten Kinder und einer Selbst­ein­schätzung seiner Fähigkeiten begnügt.

Erläuterungen
Rechtsgrundlagen

§ 24 Zulas­sungs­ver­ordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV) in der zum 1.1.2007 geltenden Fassung des VÄndG (inhaltsgleich mit § 24 Zahnärzte-ZV)

....

(3) Vertrag­s­ärztliche Tätigkeiten außerhalb des Vertrags­a­rzt­sitzes an weiteren Orten sind zulässig, wenn und soweit

1. dies die Versorgung der Versicherten an den weiteren Orten verbessert

und

2. die ordnungsgemäße Versorgung der Versicherten am Ort des Vertrags­a­rzt­sitzes nicht beeinträchtigt wird.

Sofern die weiteren Orte im Bezirk der Kassen­ärzt­lichen Vereinigung liegen, in der der Vertragsarzt Mitglied ist, hat er bei Vorliegen der Voraussetzungen nach Satz 1 Anspruch auf vorherige Genehmigung durch seine Kassenärztliche Vereinigung. Sofern die weiteren Orte außerhalb des Bezirks seiner Kassen­ärzt­lichen Vereinigung liegen, hat der Vertragsarzt bei Vorliegen der Voraussetzungen nach Satz 1 Anspruch auf Ermächtigung durch den Zulas­sungs­aus­schuss, in dessen Bezirk er die Tätigkeit aufnehmen will; der Zulas­sungs­aus­schuss, in dessen Bezirk er seinen Vertrags­a­rztsitz hat, sowie die beteiligten Kassen­ärzt­lichen Vereinigungen sind vor der Beschluss­fassung anzuhören.

Quelle: Bundessozialgericht/ra-online

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