Dokument-Nr. 26016
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- NJW 2018, 1198Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Jahrgang: 2018, Seite: 1198
- Sozialgericht Gelsenkirchen, Urteil29.04.2014, S 37 U 329/13
- Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Urteil02.09.2015, L 17 U 313/14
Bundessozialgericht Urteil31.08.2017
BSG: Als Arbeitsunfall zu wertender Sturz beim Verlassen der Wohnung durch FensterFenster kann Startpunkt des versicherten Arbeitswegs bei versperrter Wohnungstür sein
Ein Fenster kann der Startpunkt des versicherten Arbeitswegs sein, wenn der Ausgang durch die Wohnungstür versperrt ist. Daher kann ein Sturz beim Verlassen der Wohnung durch ein Fenster einen als Wegeunfall im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII zu wertender Arbeitsunfall darstellen. Dies hat das Bundessozialgericht entschieden.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im März 2012 wollte ein Firmeninhaber seine Wohnung verlassen, um zu einem Geschäftstermin zu gelangen. Beim Versuch die von innen zugeschlossene Wohnungstür zu öffnen, brach der Wohnungsschlüssel ab. Da der Firmeninhaber den Geschäftstermin unbedingt wahrnehmen wollte, entschied er sich die Wohnung durch ein Fenster zu verlassen. Die Wohnung lag im Dachgeschoss eines zweieinhalbstöckigen Mehrfamilienhauses. Von einem Fenster der Dachgeschosswohnung konnte der Firmeninhaber ein etwa 2,60 m tiefer liegendes Flachdach erreichen, worüber er wiederum den etwa 2,60 m tiefer liegenden Boden erreichen konnte. Beim Versuch sich auf das Flachdach herabzulassen, stürzte der Firmeninhaber jedoch ab und brach sich dabei den rechten Unterschenkel. Der Firmeninhaber machte aufgrund des Vorfalls Ansprüche gegen die gesetzliche Unfallversicherung geltend. Diese verneinte aber das Vorliegen eines Arbeitsunfalls und lehnte eine Einstandspflicht ab. Daraufhin erhob der Firmeninhaber Klage.
Sozialgericht und Landessozialgericht wiesen Klage ab
Sowohl das Sozialgericht Gelsenkirchen als auch das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen wiesen die Klage ab. Dagegen richtete sich die Revision des Klägers.
Bundessozialgericht bejaht Vorliegen eines Arbeitsunfalls
Das Bundessozialgericht entschied zu Gunsten des Klägers und hob daher die Entscheidung der Vorinstanz auf. Der Sturz des Klägers stelle ein als Wegeunfall im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII zu wertender Arbeitsunfall dar. Denn der Kläger habe sich beim Verlassen der Wohnung durch das Fenster auf dem versicherten Arbeitsweg befunden. Zwar sei Startpunkt des Arbeitswegs grundsätzlich die Außenhaustür des Mehrfamilienhauses gewesen. Diese Tür sei für den Kläger aber nicht erreichbar gewesen. Sei die Außentür eines Wohnhauses nicht erreichbar, könne ausnahmsweise auch eine sonstige Gebäudeöffnung, wie etwa ein Fenster, Startpunkt des versicherten Arbeitswegs sein.
Keine Ungeeignetheit des Fensters als Startpunkt des Arbeitswegs
Zwar müsse der gewählte Arbeitsweg geeignet sein, so das Bundessozialgericht, den Ort der Tätigkeit zu erreichen. Dies sei hier aber gegeben gewesen. Bei dem Höhenunterschied zwischen den Etagen von ca. 2,60 m habe ein objektiver Dritter noch annehmen dürfen, dem Kläger würde das Herabklettern aus dem Dachgeschossfenster unfallfrei gelingen. Gleichwohl sei darauf hinzuweisen, dass die Freiheit der Routenwahl, der Fortbewegungsart und des Fortbewegungsmittels nicht unbegrenzt gelte. Grundsätzlich sei der deutlich risikoärmere Weg zu wählen.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 08.06.2018
Quelle: Bundessozialgericht, ra-online (zt/NJW 2018, 1198/rb)
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