15.11.2024
15.11.2024  
Sie sehen vier Hände, die ineinander greifen.
ergänzende Informationen

Bundessozialgericht Urteil18.03.2008

Kein Anspruch auf Verletztenrente für verunglückten AutoraserArbeitsunfall während der Begehung einer Straftat

Wer eine Straftat begeht (hier: vorsätzliche Straßen­ver­kehrs­ge­fährdung), hat keinen Anspruch auf Verletztenrente. Dies hat das Bundes­so­zi­al­gericht entschieden.

Der Kläger überholte auf der Fahrt von seiner Wohnung zu seiner Prakti­kums­stelle vor einer Bergkuppe und einer Rechtskurve mit seinem Pkw eine Fahrzeugkolonne und kollidierte mit einem entge­gen­kom­menden Pkw, dessen Fahrerin verletzt wurde. Vom Amtsgericht wurde er deswegen rechtskräftig ua wegen vorsätzlicher Straßen­ver­kehrs­ge­fährdung verurteilt. Die zuständige Berufs­ge­nos­sen­schaft lehnte zunächst die Anerkennung eines Arbeitsunfalls ab, wurde jedoch vom Bundes­so­zi­al­gericht zur Anerkennung dem Grunde nach verurteilt, weil der Weg zur Arbeit versichert ist (Urteil vom 4. Juni 2002, B 2 U 11/01 R).

Daraufhin erkannte die Berufs­ge­nos­sen­schaft den Unfall als Wege-Arbeitsunfall an, versagte dem Kläger jedoch unter Hinweis auf das Unfallgeschehen und das Urteil des Amtsgerichts die Gewährung von Geldleistungen, insbesondere eine Verletztenrente.

Dies hat das Bundes­so­zi­al­gericht jetzt bestätigt. Dass der Arbeitsunfall "bei" Begehung einer Straftat - der vorsätzlichen Straßen­ver­kehrs­ge­fährdung durch das Überholen - eingetreten ist, steht außer Frage.

Die Beklagte hat auch das ihr eingeräumte Ermessen in rechtlich nicht zu beanstandender Weise ausgeübt. Nach dem Wortlaut des maßgeblichen § 102 Abs. 2 SGB VII darf sie einem Versicherten die Leistungen der gesetzlichen Unfall­ver­si­cherung ganz oder teilweise versagen, wenn der Arbeitsunfall bei einer Straftat eintritt. Der Zweck der Vorschrift ist es, einem Versicherten den sozialen Schutz ganz oder teilweise vorzuenthalten, wenn sozialethische Mindest­standards verletzt werden und angesichts der Schwere der Tat und ihrer Folgen die - ungeschmälerte - Gewährung der vorgesehenen Sozia­l­leis­tungen als grob unbillig empfunden würde.

Berücksichtigt werden müssen dabei auf der einen Seite die Handlung als solche und das berufliche Umfeld, in dem sie sich zugetragen hat, auf der anderen Seite die Auswirkungen der Leistungs­ver­sagung auf den Versicherten unter Berück­sich­tigung der bereits gewährten und noch zu gewährenden Leistungen. All diese Gesichtspunkte hat die Beklagte in Erwägung gezogen und in dem zu überprüfenden Bescheid angesprochen. Es genügt, dass sie die maßgebenden und tragenden Überlegungen mitgeteilt hat, auch wenn dabei nicht auf alle Einzelheiten ausführlich eingegangen wurde.

Der maßgebliche § 101 Abs. 2 Satz 1 SGB VII lautet:

Erläuterungen

Leistungen können ganz oder teilweise versagt oder entzogen werden, wenn der Versi­che­rungsfall bei einer von Versicherten begangenen Handlung eingetreten ist, die nach rechtskräftigem straf­ge­richt­lichen Urteil ein Verbrechen oder vorsätzliches Vergehen ist.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 11/08 des BSG vom 18.03.2008

Nicht gefunden, was Sie gesucht haben?

Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.

Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Urteil5781

Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.

Die Redaktion von urteile.news arbeitet mit größter Sorgfalt bei der Zusammenstellung von interessanten Urteilsmeldungen. Dennoch kann keine Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit der über uns verbreiteten Inhalte gegeben werden. Insbesondere kann urteile.news nicht die Rechtsberatung durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt in einem konkreten Fall ersetzen.

Bei technischen Problemen kontaktieren Sie uns bitte über dieses Formular.

VILI