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Dokument-Nr. 10123

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Urteil19.08.2010BundessozialgerichtB 14 AS 13/10 R
Vorinstanz:
  • Sozialgericht Berlin, 10.11.2009, S 94 AS 2311/08
ergänzende Informationen

Bundessozialgericht Urteil19.08.2010

Sozia­l­hil­fe­träger zuständig für den Hygienebedarf eines AIDS erkrankten Leistungs­emp­fängersIn atypischen Fällen kann eine Zuständigkeit nach § 73 SGB XII des Sozia­l­hil­fe­trägers bejaht werden

Die Kosten des Hygienebedarfs eines an AIDS erkrankten Leistungs­emp­fängers nach dem SGB II wurden in vergangenen Zeiträumen vom Träger der Sozialhilfe und nicht vom Grund­si­che­rungs­träger getragen. In der Zukunft dürfte allerdings eine Zuständigkeit der SGB II-Leistungsträger für Fälle wie den vorliegenden aufgrund der neuen Norm des § 21 Abs. 6 SGB II bestehen. Dies hat das Bundes­so­zi­al­gericht entschieden.

Der im Jahre 1968 geborene Kläger ist an einer HIV-Infektion erkrankt und Leistungs­be­zieher nach dem SGB II. Er machte laufende Kosten für Hygienebedarf geltend, den der beklagte Grund­si­che­rungs­träger ablehnte. Das Sozialgericht hat nach Beiladung den Sozia­l­hil­fe­träger verurteilt. Das SGB II stelle ein abgeschlossenes System dar, allerdings könne über § 73 SGB XII in atypischen Fällen eine Zuständigkeit des Sozia­l­hil­fe­trägers (hier: Land Berlin) bejaht werden. Das Land Berlin hat Sprungrevision eingelegt. Der Kläger begehrt im Wege der Anschluss­re­vision eine Verurteilung des Grund­si­che­rungs­trägers, wobei er sich insbesondere auf die Entscheidung des Bundes­ver­fas­sungs­ge­richts vom 09.02.2010 beruft.

Sozia­l­hil­fe­träger zu Recht verurteilt

Die Revision des Beigeladenen und die Anschluss­re­vision des Klägers hatten keinen Erfolg. Zu Recht hat das Sozialgericht den beigeladenen Sozia­l­hil­fe­träger auf Grundlage des § 73 SGB XII verurteilt, die Kosten des Hygienebedarfs des an AIDS erkrankten Klägers zu tragen.

Anspruch aus § 73 SGB XII

Die Klage gegen den Träger der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem SGB II hat keinen Erfolg. Innerhalb des SGB II ist für den streitigen Zeitraum für den Kläger keine gesetzliche Anspruchs­grundlage gegeben, weil das SGB II ein abgeschlossenes und pauschaliertes Leistungssystem enthält. Auch der neue, vom Bundes­ver­fas­sungs­gericht am 09.02.2010 geschaffene verfas­sungs­rechtliche Anspruch bei Vorliegen eines unabweisbaren, laufenden, nicht nur einmaligen besonderen Bedarfs steht dem Kläger für den streitigen Zeitraum nicht zur Verfügung. Der Senat geht - unabhängig von der Frage, ob dieser verfas­sungs­rechtliche Anspruch bereits für vergangene Zeiträume eingreift - davon aus, dass er - subsidiär - nur zum Zuge kommen kann, wenn dem jeweiligen Kläger nicht bereits einfach­rechtlich ein Anspruch auf die Leistung zusteht. Dies war hier aber der Fall, weil das Sozialgericht den Beigeladenen zu Recht gemäß § 73 SGB XII verurteilt hat.

Streit des Grundrechts auf Leben und körperliche Unversehrtheit in Verbindung mit Menschenwürde

Wie das Bundes­so­zi­al­gericht bereits für die Kosten des Umgangsrechts der Kinder nach Ehescheidung entschieden hat, kann einem Empfänger von Leistungen nach dem SGB II ausnahmsweise ein Anspruch auf Hilfe in sonstigen Lebenslagen nach § 73 SGB XII gegen den Sozia­l­hil­fe­träger zustehen, wenn eine atypische Bedarfslage vorliegt, die im SGB II nicht gedeckt werden kann, deren Befriedigung aber aus verfas­sungs­recht­lichen Gründen zwingend geboten ist. Weiterhin muss eine gewisse Ähnlichkeit mit den im fünften Kapitel des SGB XII genannten Leistungen bestehen. So lagen die Verhältnisse hier. Für den AIDS erkrankten Kläger streiten das Grundrecht auf Leben und körperliche Unversehrtheit in Verbindung mit der Menschenwürde (Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 1 GG). Regelungen für den entsprechenden Anspruch enthalten §§ 47 ff. SGB XII. Für die Atypik der Bedarfslage kommt es nicht auf die Größe des betroffenen Personenkreises, sondern auf die inhaltliche Natur des ungedeckten Bedarfs an. Allerdings räumt § 73 SGB XII dem Leistungsträger Ermessen ein. Hier hat das Sozialgericht aber zu Recht erkannt, dass dieses für die Entscheidung dem Grunde nach auf Null geschrumpft ist. Allerdings kann eine Verurteilung des Sozia­l­hil­fe­trägers dem Grunde nach nur erfolgen, wenn der Einsatz öffentlicher Mittel gerechtfertigt ist. Dies ist bei Bagatellbedarf nicht der Fall, die die jeweiligen Kläger gegebenenfalls selbst zu tragen hätten. Hier hat der Kläger seinen monatlichen, fortlaufend entstehenden Bedarf zunächst mit 20,45 € beziffert, so dass jedenfalls ein Bedarf in dieser Höhe den Einsatz öffentlicher Mittel im Sinne des § 73 SGB XII rechtfertigt. Hinsichtlich der Höhe des tatsächlich notwendigen Bedarfs des Klägers wird erst noch abschließend eine Verwal­tungs­ent­scheidung zu ergehen haben.

Quelle: Bundessozialgericht/ ra-online

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