21.11.2024
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Sie sehen eine Geldbörse mit einer Gesundheitskarte von einer deutschen Krankenversicherung.

Dokument-Nr. 5951

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Urteil22.04.2008BundessozialgerichtB 1 SF 1/08 R
Vorinstanzen:
  • Sozialgericht Stuttgart, Beschluss20.12.2007, S 10 KR 8405/07
  • Landessozialgericht Baden-Württemberg, Beschluss06.02.2008, L 5 KR 316/08 B
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Bundessozialgericht Urteil22.04.2008

Zuständigkeit der Sozialgerichte für Klagen gegen Entscheidungen der Vergabekammern über Arzneimittel-Rabattverträge

Die klagenden Allgemeinen Ortskran­ken­kassen (AOKn) schrieben Mitte 2007 Arznei­mit­tel­ra­batt­verträge aus, um Einsparungen zu erzielen. Sie erhielten Angebote für 83 Arzneimittel-Wirkstoffe und wählten intern Pharma­un­ter­nehmen aus, mit denen sie später die Rabattverträge abschließen wollten. Sie informierten sämtliche an der Ausschreibung teilnehmenden Pharma­un­ter­nehmen Anfang September 2007 darüber, in 14 Tagen die Rabattverträge abschließen zu wollen. Auf Antrag der T. GmbH, einem Pharma­un­ter­nehmen, Verstöße gegen das Vergaberecht nachzuprüfen, verbot die bei der Bezirks­re­gierung Düsseldorf errichtete Vergabekammer den Klägerinnen daraufhin, Zuschläge auf die Angebote zu erteilen. Die Klägerinnen konnten daher in der Folgezeit keine Rabattverträge schließen. Sie schätzen den wirtschaft­lichen Schaden für 2008 und 2009 auf etwa 500 bis 800 Millionen Euro und riefen das Sozialgericht Stuttgart an.

Wie das Bundes­so­zi­al­gericht nun entschied, haben Sozial- und Landes­so­zi­al­gericht zutreffend vorab den Rechtsweg zu den Gerichten der Sozial­ge­richts­barkeit für zulässig erklärt.

Die Rechts­weg­zu­weisung zu den Gerichten der Sozial­ge­richts­barkeit hat ihren Grund in erster Linie in der Syste­ment­scheidung des Gesetzgebers zu Gunsten der Sozial­ge­richts­barkeit, die in § 130 a Abs. 9 und § 51 Sozial­ge­richts­gesetz unmiss­ver­ständlich zum Ausdruck kommt. Sollte Vergaberecht worüber hier nicht zu entscheiden war bei Rabattverträgen zur Anwendung kommen, bildet dieses nur einen Teilaspekt derjenigen Gesichtspunkte, die vom Gericht bei der Überprüfung von Verga­be­ent­schei­dungen zu berücksichtigen sind. Ebenso gewichtig wie verga­be­tech­nische und verga­be­rechtliche Gesichtspunkte sind die systematischen Zusammenhänge der beabsichtigten Rabattverträge mit den Funktions- und Wirkungs­zu­sam­men­hängen des Vertrags- und Leistungs­systems der GKV.

Arznei­mit­tel­ra­batt­verträge sind sonstigen Verträgen zur Beschaffung von Heilmitteln oder Hilfsmitteln ähnlich. Sie dienen nämlich dazu, unmittelbar den gesetzlichen Auftrag der Krankenkassen zur Versorgung der Versicherten zu erfüllen. Sie unterscheiden sich dadurch ganz maßgeblich von gewöhnlichen fiskalischen Hilfsgeschäften der öffentlichen Hand und auch der Krankenkassen, die nur mittelbar deren Funktions- und Arbeits­fä­higkeit erhalten sollen (zB Kauf von Büromaterial, Büroein­rich­tungen, Gebäuden, Fahrzeugen, Telekom­mu­ni­kation usw). Arznei­mit­tel­ra­batt­verträge sind selbst unmittelbarer Bestandteil der den Krankenkassen zugewiesenen Aufgaben. Nur durch und nach Abschluss derartiger Leistungs­be­schaf­fungs­verträge sind die Krankenkassen in der Lage, ihre unaufschiebbare Pflicht zu erfüllen, die ihren über 70 Millionen Versicherten gesetzlich zustehenden Sachleis­tungs­ansprüche zu befriedigen. Das Leistungs­er­brin­gerrecht der GKV hat damit zentrale Bedeutung für die Funktions- und Steue­rungs­fä­higkeit der GKV und der Versorgung der Bevölkerung mit Gesund­heits­leis­tungen. Das Gesetz weist daher das Leistungs­er­brin­gerrecht aus Gründen des Sachzu­sam­menhangs und der Konzentration der jeweiligen öffentlich rechtlichen Gerichtsbarkeit zu, die auch ansonsten über die im Rahmen der GKV entstehenden Streitigkeiten entscheidet. Insoweit gilt für das Vergaberecht nichts anderes als für das Kartell- und Wettbe­wer­bsrecht.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung des BSozG vom 22.04.2008

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