18.10.2024
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Dokument-Nr. 7507

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Urteil26.02.2009BundesgerichtshofXa ZR 141/07
Vorinstanzen:
  • Amtsgericht Bad Homburg, Urteil22.02.2007, 2 C 2122/06
  • Landgericht Frankfurt am Main, Urteil26.08.2007, 2-24 S 76/07
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Bundesgerichtshof Urteil26.02.2009

Reise­ver­an­stalter darf die Verjäh­rungsfrist für Ansprüche wegen Reisemängeln nicht verkürzenVerkürzung der gesetzlichen Verjäh­rungsfrist ist materiell-rechtlich nicht zulässig

Ein Reise­ver­an­stalter darf nicht einfach in den im Reiseprospekt abgedruckten Reise­be­din­gungen die Verjäh­rungsfrist für Reisemängel von 2 Jahren auf 1 Jahr verkürzen. Zum einen dürfe der Reise­ver­an­stalter aus gesetzlichen Gründen nicht die Verjährung abzukürzen, zum anderen sei es einem Reisenden "nicht zumutbar im Reisebüro die Reise­be­din­gungen in einem dort ausliegenden Katalog zu studieren", entschied der Bundes­ge­richtshof.

Der unter anderem für das Reiserecht zuständige Xa-Zivilsenat des Bundes­ge­richtshofs hat zwei Rechtsfragen zu allgemeinen Geschäfts­be­din­gungen eines Reise­ver­an­stalters entschieden.

Sachverhalt

Der Kläger unternahm mit seiner Ehefrau eine Pauschalreise nach Mauritius. Nach Rückkehr von der Reise am 18. August 2005 meldete der Kläger Ansprüche wegen Reisemängeln bei dem beklagten Reise­ver­an­stalter an und reichte am 11. August 2006 Klage ein, die der Beklagten jedoch wegen einer fehlerhaften Adressierung in der Klageschrift erst im Dezember 2006 zugestellt wurde. Der Kläger verlangt die teilweise Rückzahlung des Reisepreises und eine Entschädigung wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit.

Reise­be­din­gungen im Katalog verkürzten die gesetzliche Verjäh­rungsfrist von 2 Jahren auf 1 Jahr

Die Allgemeinen Geschäfts­be­din­gungen (AGB) der Beklagten sehen vor, dass vertragliche Ansprüche des Reisenden, für die nach dem Gesetz eine zweijährige Verjäh­rungsfrist gilt, in einem Jahr nach Reiseende verjähren. Diese Reise­be­din­gungen waren im Katalog der Beklagten abgedruckt, der im Reisebüro bei der Buchung der Reise durch den Kläger vorlag. Amts- und Landgericht haben die Klage wegen Verjährung abgewiesen. Das Landgericht hat angenommen, der Kläger sei ausreichend deutlich auf die Reise­be­din­gungen hingewiesen worden und habe eine zumutbare Möglichkeit gehabt, von diesen Bedingungen Kenntnis zu nehmen. Die hiernach maßgebliche einjährige Verjäh­rungsfrist sei nicht rechtzeitig unterbrochen worden, weil der Kläger die verspätete Zustellung der Klage durch die fehlerhafte Angabe der Anschrift der Beklagten verursacht habe.

Die Revision des Klägers hatte Erfolg. Der Bundes­ge­richtshof hat seine Ansprüche für nicht verjährt gehalten.

BGH: Kunde konnte die Klausel nicht in zumutbarer Weise zur Kenntnis nehmen

§ 305 Abs. 2 Nr. 2 BGB verlangt für die wirksame Einbeziehung von AGB in einen Vertrag u. a., dass der Verwender dem Kunden die Möglichkeit verschafft, in zumutbarer Weise vom Inhalt der AGB Kenntnis zu nehmen. Anders als das Landgericht hält es der Bundes­ge­richtshof nicht für zumutbar, im Reisebüro die Reise­be­din­gungen in einem dort ausliegenden Katalog zu studieren. Dabei hat der Senat berücksichtigt, dass der Reise­ver­an­stalter nach der – insoweit zur Umsetzung der Pauscha­l­rei­se­richtlinie der Europäischen Gemeinschaft dienenden – BGB-Infor­ma­ti­o­ns­pflichten-Verordnung verpflichtet ist, dem Reisenden die Reise­be­din­gungen auszuhändigen. Die Verordnung besagt zwar unmittelbar nichts über die Einbeziehung von AGB in den Vertrag, bestimmt aber die Kriterien für die Zumutbarkeit der Kenntnisnahme mit.

BGH: Verkürzung der Verjäh­rungsfrist ist unwirksam

Im Anschluss an eine entsprechende Entscheidung des VIII. Zivilsenats zum Kaufrecht (vgl. BGH, Urteil v. 15.11.2006 - VIII ZR 3/06 -) hat der Senat ferner die Verkürzung der Verjäh­rungsfrist auch materiell für unwirksam gehalten, weil die betreffende Klausel ohne Ausnahme alle vertraglichen Schaden­s­er­satz­ansprüche des Reisenden erfasst. Für vertragliche Ansprüche, die auf Ersatz von Körper- und Gesund­heits­schäden gerichtet oder auf grobes Verschulden gestützt sind, kann die Haftung in Allgemeinen Geschäfts­be­din­gungen jedoch nicht wirksam begrenzt werden (§ 309 Nr. 7 Buchst. a und b BGB). Eine hiernach unzulässige Haftungs­be­grenzung stellt auch die Abkürzung der Verjäh­rungsfrist für die betreffenden Ansprüche dar. Der Verstoß gegen § 309 Nr. 7 BGB hat zur Folge, dass die Abkürzung der Verjäh­rungsfrist insgesamt unwirksam ist.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 42/2009 des BGH vom 26.02.2009

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