21.11.2024
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Sie sehen, wie während einer Hochzeit die Ringe angesteckt werden.

Dokument-Nr. 8810

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Urteil18.11.2009BundesgerichtshofXII ZR 65/09
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • BGHZ 183, 197Sammlung: Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen (BGHZ), Band: 183, Seite: 197
  • FamRZ 2010, 111Zeitschrift für das gesamte Familienrecht mit Betreuungsrecht (FamRZ), Jahrgang: 2010, Seite: 111
  • FuR 2010, 164Zeitschrift: Familie und Recht (FuR), Jahrgang: 2010, Seite: 164
  • JuS 2010, 644Zeitschrift: Juristische Schulung (JuS), Jahrgang: 2010, Seite: 644
  • MDR 2010, 154Zeitschrift: Monatsschrift für Deutsches Recht (MDR), Jahrgang: 2010, Seite: 154
  • NJW 2010, 365Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Jahrgang: 2010, Seite: 365
  • NJW-Spezial 2010, 69Zeitschrift: NJW-Spezial, Jahrgang: 2010, Seite: 69
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Vorinstanzen:
  • Amtsgericht Marl, Urteil19.08.2008, 20 F 112/08
  • Oberlandesgericht Hamm, Urteil12.03.2009, II-2 UF 179/08
ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Urteil18.11.2009

BGH: Unter­halts­ansprüche aus erster und zweiter Ehe müssen in Bezug auf Unter­halts­bedarf gleich behandelt werdenFür geschiedene und neue Ehefrau gelten gleiche Maßstäbe

Der geschiedene Ehemann kann die Herabsetzung des Unterhalts für die geschiedene Ehefrau verlangen, wenn er wieder geheiratet hat und nunmehr auch seiner neuen Ehefrau unter­halts­pflichtig ist. In welchem Umfang er gegenüber der neuen Ehefrau unter­halts­pflichtig ist, bestimmt sich dann allerdings nicht nach der frei wählbaren Rollen­ver­teilung innerhalb der neuen Ehe, sondern nach den strengeren Maßstäben, wie sie auch für geschiedene Ehegatten gelten. Dies hat der Bundes­ge­richtshof entschieden.

Die 1975 geschlossene kinderlose Ehe wurde 2003 geschieden. Seit der Scheidung ist der Kläger, ein Chemieingenieur, der Beklagten, die als Reinigungskraft arbeitet, zum sog. Aufstockungsunterhalt (§ 1573 Abs. 2 BGB) verpflichtet. Aus der Ehe des seit 2004 wieder verheirateten Klägers ist 2005 ein Sohn hervorgegangen. Außerdem adoptierte der Kläger im Jahr 2006 den 1997 geborenen Sohn seiner jetzigen Ehefrau. Diese ist nicht erwerbstätig. Der Unterhalt der Beklagten wurde zuletzt durch Urteil des Famili­en­ge­richts vom August 2007 auf mtl. 607 € festgesetzt. Bei der Unter­halts­be­rechnung wurden zwar die Unter­halts­pflichten des Klägers gegenüber den beiden Kindern berücksichtigt, nicht aber die Unter­halts­pflicht gegenüber seiner jetzigen Ehefrau.

Herabsetzungsbegehren

Das Amtsgericht und das Oberlan­des­gericht haben dem Herab­set­zungs­be­gehren des Klägers unter Berück­sich­tigung des Unter­halts­an­spruchs der neuen Ehefrau teilweise stattgegeben und den Unterhalt der Beklagten auf mtl. 290 € reduziert. Die vom Kläger für die Zeit ab 2008 begehrte weitere Herabsetzung wurde verneint, weil auch die neue Ehefrau nur teilweise unter­halts­be­dürftig sei. Eine Befristung des Unterhalts haben beide Vorinstanzen abgelehnt.

BGH bestätigt seine bisherige Rechtsprechung

Der Bundes­ge­richtshof hat seine bisherige Rechtsprechung (BGH, Urteil v. 30.07.2008 - XII ZR 177/06 - = Senatsurteil BGHZ 177, 356 = FamRZ 2008, 1911) bestätigt, derzufolge nach der Scheidung entstandene Unter­halts­pflichten gegenüber Kindern und auch gegenüber dem neuen Ehegatten schon bei der Ermittlung des Unter­halts­bedarfs nach § 1578 Abs. 1 Satz 1 BGB zu berücksichtigen sind. Aus dem Gedanken der Teilhabe des Unter­halts­be­rech­tigten am Lebensstandard des unter­halts­pflichtigen Ehegatten folge nämlich zugleich dessen Begrenzung auf den Standard, der dem Unter­halts­pflichtigen selbst jeweils aktuell zur Verfügung stehe. Dessen Lebensstandard sinke durch hinzugetretene Unter­halts­pflichten ebenso wie bei anderen unverschuldeten Einkom­mens­rü­ck­gängen.

Früher galt Stich­tags­prinzip

Die wesentliche Auswirkung dieser Rechtsprechung besteht darin: Nach früherer Praxis wurde das Einkommen des Unter­halts­pflichtigen zum Stichtag der Ehescheidung zunächst zwischen ihm und dem geschiedenen Ehegatten aufgeteilt (sog. Stich­tags­prinzip). Nur das verbleibende Einkommen stand ihm für sich und seine neue Familie zur Verfügung. Nach der geänderten Rechtsprechung ist das Einkommen nunmehr gleichmäßig aufzuteilen.

Beispiel

Einkommen des Unter­halts­pflichtigen 4000 € bei einem geschiedenen und einem neuen Ehegatten, die beide vollständig unter­halts­be­dürftig sind.

Berechnung bis 2007 (Stich­tags­prinzip): Unterhalt des geschiedenen Ehegatten: 4000 € : 2 = 2000 € Unterhalt des neuen Ehegatten: 2000 € : 2 = 1000 €. Dem Unter­halts­pflichtigen verbleiben 1000 €

Berechnung nach neuer Rechtsprechung des Bundes­ge­richtshofs: Unterhalt des geschiedenen wie auch des neuen Ehegatten: 4000 € : 3 = je 1333 €. Dem Unter­halts­pflichtigen verbleiben 1333 €.

BGH: Rollen­ver­teilung in neuer Ehe im Verhältnis zum geschiedenen Ehegatten nicht ausschlaggebend

Im Rahmen der Unter­halts­be­rechnung hat der Bundes­ge­richtshof hingegen nicht akzeptiert, dass die neue Ehefrau – anders als die geschiedene Beklagte – nicht erwerbstätig ist. Vielmehr seien für die geschiedene wie für die neue Ehefrau die gleichen Maßstäbe anzuwenden. Zwar sei die Rollen­ver­teilung in der neuen Ehe gesetzlich zulässig und könne nicht als rechts­miss­bräuchlich bewertet werden. Die Rollen­ver­teilung betreffe indessen nur das Innenverhältnis zwischen den neuen Ehegatten. Dass diese im Verhältnis zum geschiedenen Ehegatten nicht ausschlaggebend sein dürfe, ergebe sich bereits aus der vom Gesetzgeber im anderen Zusammenhang getroffenen Entscheidung (zum Rang der Unterhaltsan-sprüche vgl. § 1609 Nr. 2 BGB), wonach für den geschiedenen und den neuen Ehegatten im Hinblick auf die Erwer­bs­ver­pflichtung die gleichen Maßstäbe gelten sollten. Daher sei der Unterhalt der neuen Ehefrau zum Zwecke der Gleich­be­handlung so zu ermitteln, als wäre die neue Ehe ebenfalls geschieden. Auch eine anderweitige Regelung der Ehegatten im Hinblick auf die Dauer der Kinderbetreuung (sog. elternbezogene Gründe nach § 1570 Abs. 2 BGB) könne aus diesen Gründen grundsätzlich nicht ausschlaggebend sein.

Rechtslage in Bezug auf den Aufsto­ckungs­un­terhalt hat sich seit dem 1. Januar 2008 nicht maßgeblich geändert

Zur weiteren Frage der Befristung des Geschie­de­nen­un­terhalts hat der Bundes­ge­richtshof hervorgehoben, dass sich in Bezug auf den sog. Aufsto­ckungs­un­terhalt (§ 1573 Abs. 2 BGB) die Rechtslage seit dem 1. Januar 2008 nicht maßgeblich geändert habe. Die neue Vorschrift des § 1578 b BGB stelle insoweit nur klar, was bereits aufgrund des Urteils des erkennenden Senats vom 12. April 2006 (FamRZ 2006, 1006) gegolten habe. Konsequenz dieser Entscheidung ist somit, dass bei allen rechtskräftigen Unter­halt­s­titeln, die vor der am 1.1.2008 in Kraft getretenen Unter­halts­reform, aber nach der Änderung der Rechtsprechung im Jahr 2006 erlassen wurden, bei ansonsten gleich gebliebener Tatsachenlage eine nachträgliche Befristung aufgrund der Rechtskraft des voraus­ge­gangenen Urteils ausgeschlossen ist.

Quelle: ra-online, Bundesgerichtshof

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