18.10.2024
18.10.2024  
Sie sehen, wie während einer Hochzeit die Ringe angesteckt werden.

Dokument-Nr. 91

Drucken
ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Urteil12.01.2005

Anfechtung der Vaterschaft kann nicht auf heimlich eingeholten DNA-Vater­schaftstest gestützt werden

Der u.a. für das Familienrecht zuständige XII. Zivilsenat des Bundes­ge­richtshofs hatte in zwei Fällen darüber zu entscheiden, ob eine ohne Zustimmung des Kindes bzw. seiner allein sorge­be­rech­tigten Mutter eingeholte sogenannte DNA-Vater­schafts­analyse im Rahmen einer Vater­schafts­an­fech­tungsklage verwertet werden kann.

In beiden Fällen hatten die mit der jeweiligen Mutter des Kindes nicht verheirateten Kläger ihre Vaterschaft vor dem Jugendamt anerkannt. Jahre später ließen sie im einen Fall eine Haarprobe und im anderen Fall ein ausgespucktes Kaugummi sowie jeweils eigene Speichelproben ohne Wissen und Zustimmung des Kindes und der Mutter von einem privaten Labor genetisch analysieren. Die Analyse ergab jeweils, daß der Spender der Speichelprobe nicht der biologische Vater des Kindes sein konnte, von dem die Gegenprobe angeblich stammte.

Die darauf gestützten Vater­schafts­an­fech­tungs­klagen waren von den Vorinstanzen (OLG Celle und OLG Jena) abgewiesen worden. Diese Entscheidungen hat der Bundes­ge­richtshof heute bestätigt.

Nach ständiger Rechtsprechung des Senats reicht die bloße Behauptung, nicht der Vater des Kindes zu sein, nicht aus, ein Vater­schafts­an­fech­tungs­ver­fahren einzuleiten, in dem die Abstammung dann regelmäßig durch ein gerichtliches Gutachten geklärt wird. Vielmehr muß der Kläger konkrete Umstände vortragen, die bei objektiver Betrachtung geeignet sind, Zweifel an seiner Vaterschaft zu wecken und die Abstammung des Kindes von einem anderen Mann als nicht ganz fernliegend erscheinen zu lassen.

Auf eine "heimliche" DNA-Vater­schafts­analyse kann ein solcher Anfangsverdacht aus Rechtsgründen nicht gestützt werden.

Unabhängig vom Ausgang des aktuellen Gesetz­ge­bungs­vor­habens, mit dem ein generelles Verbot solcher heimlichen DNA-Analysen erwogen wird, hat der Senat entschieden, daß die Untersuchung des genetischen Materials eines anderen Menschen ohne dessen ausdrückliche Zustimmung gegen das Grundrecht auf informationelle Selbst­be­stimmung verstößt und rechtswidrig ist. Dieses Grundrecht des Kindes braucht auch nicht hinter dem Interesse des als Vater geltenden Mannes zurückzustehen, sich Gewißheit über seine biologische Vaterschaft zu verschaffen. Deshalb darf das Ergebnis einer solchen Untersuchung in einem Zivilprozeß nicht verwertet werden, auch nicht als Grundlage eines Anfangs­ver­dachts.

Auch die Weigerung des Kindes oder der Mutter als seiner gesetzlichen Vertreterin, der Einholung einer solchen Analyse oder der Verwertung ihres Ergebnisses zuzustimmen, ist als solche regelmäßig nicht geeignet, einen Anfangsverdacht zu begründen.

Aktenzeichen der Urteile: XII ZR 60/03, XII ZR 227/03

Quelle: Pressemitteilung Nr. 4/2005 des Bundesgerichtshofs vom 12.01.2005

der Leitsatz

Leitsatz zum Az. XII ZR 227/03:

ZPO § 640 Abs. 2 Nr. 2; BGB §§ 1600 Nr. 1, 1600 b Abs. 1 Satz 2;

GG Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1

Zur Frage der Verwertbarkeit einer heimlich eingeholten DNA-Analyse im Vater­schafts­an­fech­tungs­ver­fahren.

Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.

Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Urteil91

Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.

Die Redaktion von urteile.news arbeitet mit größter Sorgfalt bei der Zusammenstellung von interessanten Urteilsmeldungen. Dennoch kann keine Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit der über uns verbreiteten Inhalte gegeben werden. Insbesondere kann urteile.news nicht die Rechtsberatung durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt in einem konkreten Fall ersetzen.

Bei technischen Problemen kontaktieren Sie uns bitte über dieses Formular.

VILI