Dokument-Nr. 1995
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- BGHZ 166, 283Sammlung: Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen (BGHZ), Band: 166, Seite: 283
- FamRZ 2006, 686Zeitschrift für das gesamte Familienrecht mit Betreuungsrecht (FamRZ), Jahrgang: 2006, Seite: 686
- FuR 2006, 270Zeitschrift: Familie und Recht (FuR), Jahrgang: 2006, Seite: 270
- JAmt 2006, 304Zeitschrift: Das Jugendamt (JAmt), Jahrgang: 2006, Seite: 304
- MDR 2006, 1171Zeitschrift: Monatsschrift für Deutsches Recht (MDR), Jahrgang: 2006, Seite: 1171
- NJW 2006, 1657Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Jahrgang: 2006, Seite: 1657
- NJW-Spezial 2006, 393 (Martin Haußleiter und Barbara Schramm)Zeitschrift: NJW-Spezial, Jahrgang: 2006, Seite: 393, Entscheidungsbesprechung von Martin Haußleiter und Barbara Schramm
- ZJK 2006, 417Zeitschrift für Kindschafts- und Jugendrecht (ZJK), Jahrgang: 2006, Seite: 417
Bundesgerichtshof Urteil01.03.2006
Heimlich eingeholter Vaterschaftstest für gerichtliches Gutachten verwertbar
Ein "Vater" hat mit einem heimlichen Vaterschaftstest erfolgreich eine Vaterschaft angefochten. Der Bundesgerichtshof gab ihm mit Verweis auf einen Einzelfall Recht.
Der Bundesgerichtshof hatte am 12. Januar 2005 (Anfechtung der Vaterschaft kann nicht auf heimlich eingeholten DNA-Vaterschaftstest gestützt werden) entschieden, dass eine ohne Zustimmung des Kindes bzw. seiner allein sorgeberechtigten Mutter eingeholte sogenannte DNA-Vaterschaftsanalyse im Rahmen einer Vaterschaftsanfechtungsklage nicht verwertet werden kann.
Er hatte nunmehr über einen Fall zu entscheiden, in dem das Oberlandesgericht im Jahre 2004 –also vor Bekanntwerden dieser Rechtsprechung- die gegenteilige Auffassung vertreten und deshalb ein Blutgruppengutachten eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen eingeholt hatte, demzufolge die Vaterschaft des Klägers ausgeschlossen war. Es hatte deshalb der Klage stattgegeben und festgestellt, dass der Kläger nicht der Vater sei.
Mit seiner dagegen gerichteten Revision machte das beklagte Kind geltend, auch dieses Gutachten dürfe nicht verwertet werden, weil es in prozeßordnungswidriger Weise erhoben worden sei. Da die Beweisanordnung auf dem Verstoß gegen das Verbot der Berücksichtigung des „heimlichen“ DNA-Vaterschaftstests beruhe, setze sich das Verwertungsverbot, dem dieses Privatgutachten unterliege, an dem vom Gericht eingeholten Gutachten fort (sogenannte Fernwirkung).
Dem ist der Senat nicht gefolgt. Auch unter Berücksichtigung der sogenannten „fruit of the poisonous tree“ - Doktrin sei das Ergebnis einer gerichtlichen Beweisaufnahme im Zivilprozeß nicht schon deshalb unverwertbar, weil der Beweis nicht hätte erhoben werden dürfen. Ein solches –in der Zivilprozeßordnung nicht vorgesehenes- Verwertungsverbot komme allenfalls in Betracht, wenn die Einholung oder Verwertung des gerichtlichen Gutachtens einen erneuten Eingriff in die Grundrechte des Kindes bedeute, den es auch unter Berücksichtigung verfassungsrechtlich geschützter Rechte des Klägers nicht hinzunehmen brauche.
Bei der Abwägung der Grundrechte beider Parteien ist der Senat zu dem Ergebnis gelangt, dass die Rechte des Kindes hier –anders als bei der Verwertung des „heimlichen“ Vaterschaftstests- hinter dem Recht des Klägers auf Kenntnis seiner Vaterschaft und auf Berücksichtigung des in einem rechtsförmigen Verfahren eingeholten Abstammungsgutachtens zurückstehen müsse. Insoweit sei auch zu berücksichtigen, dass das Kind im Verfahren die Möglichkeit gehabt hätte, durch ein Zwischenurteil klären zu lassen, ob es sich dem Blutgruppengutachten unterziehen müsse.
Erläuterungen
Vorinstanzen
AG Grimma - 2 F 443/03 – Entscheidung vom 18.12.2003
OLG Dresden - 21 UF 70/04 – Entscheidung vom 30.09.2004
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Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 32/06 des BGH vom 03.03.2006
der Leitsatz
a) ZPO § 640 Abs. 2 Nr. 2; BGB §§ 1600 Abs. 1 Nr. 1, 1600 b Abs. 1 Satz 2; GG Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1
Zur Verwertbarkeit eines gerichtlichen Abstammungsgutachtens, das nicht hätte eingeholt werden dürfen, weil die Anfechtung der Vaterschaft auf eine heimlich eingeholte DNA-Analyse gestützt war (Fortführung der Senatsurteile BGHZ 162, 1 und vom 12. Januar 2005 - XII ZR 60/03 - FamRZ 2005, 342 ff.).
b) ZPO §§ 355 Abs. 2, 372 a, 387 analog
Zu den prozessualen Möglichkeiten des Kindes, die Rechtmäßigkeit einer solchen Beweisanordnung durch Zwischenurteil klären zu lassen.
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