18.10.2024
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Sie sehen, wie während einer Hochzeit die Ringe angesteckt werden.

Dokument-Nr. 418

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Urteil21.04.2005BundesgerichtshofXII ZR 251/01
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • BGHReport 2004, 1226Zeitschrift: BGH Report (BGHReport), Jahrgang: 2004, Seite: 1226
  • FamRB 2004, 283Zeitschrift: Familien-Rechts-Berater (FamRB), Jahrgang: 2004, Seite: 283
  • FamRZ 2004, 1097Zeitschrift für das gesamte Familienrecht mit Betreuungsrecht (FamRZ), Jahrgang: 2004, Seite: 1097
  • FuR 2004, 515Zeitschrift: Familie und Recht (FuR), Jahrgang: 2004, Seite: 515
  • JZ 2004, 545Zeitschrift: JuristenZeitung (JZ), Jahrgang: 2004, Seite: 545
  • MDR 2004, 1001Zeitschrift: Monatsschrift für Deutsches Recht (MDR), Jahrgang: 2004, Seite: 1001
  • NJW-RR 2004, 1298Zeitschrift: NJW-Rechtsprechungs-Report Zivilrecht (NJW-RR), Jahrgang: 2004, Seite: 1298
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ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Urteil21.04.2005

Zur Unter­halts­pflicht von Kindern gegenüber ihren Eltern - hier: unbillige Härte

Der u.a. für Familiensachen zuständige XII. Zivilsenat des Bundes­ge­richtshofs hatte sich mit einer weiteren Fallgestaltung des Eltern­un­terhalts zu befassen.

Der klagende Landkreis gewährte dem Vater der Beklagten seit Mai 2000 Sozialhilfe in Höhe der nicht durch eigenes Einkommen gedeckten Kosten des Aufenthalts in einem Alten- und Pflegeheim. Die 1939 geborene Beklagte ist das einzige noch lebende Kind aus der seit 1971 geschiedenen Ehe ihrer Eltern; ihre Mutter ist verstorben. Die Beklagte ist Rentnerin; sie verfügte - nach Abzug der Kosten der Kranken- und Pflege­ver­si­cherung - über Renteneinkünfte von monatlich ca. 2.480 DM, die Renteneinkünfte ihres Ehemannes beliefen sich auf monatlich ca. 2.160 DM. Die Eheleute bewohnen eine Wohnung in dem der gemeinsamen Tochter gehörenden Haus, an der ihnen ein Wohnrecht zusteht. Auf ein Darlehen über 30.000 DM hatte die Beklagte monatliche Raten von 530 DM zu zahlen.

Der Vater der Beklagten diente als Soldat der Deutschen Wehrmacht im 2. Weltkrieg. Er kam nach mehreren Lazaret­t­auf­ent­halten psychisch erkrankt aus dem Krieg zurück und befand sich seit August 1949 ununterbrochen in einer psychiatrischen Klinik. Seit 1998 lebt er in einem Alten- und Pflegeheim. Die ungedeckten Heimkosten beliefen sich in der Zeit von Mai bis August 2000 auf Beträge, die zwischen monatlich ca. 1.370 DM und ca. 1.840 DM liegen.

Mit seiner Klage macht der Landkreis übergegangene Unter­halts­ansprüche des Vaters für die streitige Zeit von Mai bis August 2000 in Höhe von monatlich 1.031 DM geltend. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen; die Berufung des Landkreises blieb erfolglos.

Der Senat hat die - zugelassene - Revision des Landkreises zurückgewiesen. Er hat die Auffassung der Vorinstanzen bestätigt, daß der Übergang des Unter­halts­an­spruchs eine unbillige Härte (§ 91 Abs. 2 Satz 2 BSHG) darstellen würde. Die Beklagte hat nicht nur während der Kriegsteilnahme ihres Vaters dessen emotionale und materielle Zuwendung entbehren müssen, sondern auch in der Folgezeit nicht die unter normalen Umständen zu erwartende väterliche Zuwendung erfahren, weil ihr Vater psychisch gestört aus dem Krieg zurückkehrte und der Familie keine Fürsorge zuteil werden lassen konnte. Aufgrund dieser Umstände war die Beklagte bereits in den Jahren ihrer Kindheit in starkem Maße belastet. In der Folgezeit waren die Familienbande zum Vater zumindest stark gelockert. Wenn die Beklagte gleichwohl von dem Träger der Sozialhilfe auf Unterhalt für ihren Vater in Anspruch genommen werden könnte, würden dadurch soziale Belange vernachlässigt. Angesichts der Einbußen, die sie aufgrund der Kriegsfolgen, von denen ihr Vater betroffen war, zu tragen hatte, und der weiteren Entwicklung der Beziehungen zu diesem kann von ihr nicht erwartet werden, Unter­halts­leis­tungen für den Vater an die öffentliche Hand zu erbringen.

Vorinstanz: OLG Frankfurt am Main, AG Groß-Gerau

Quelle: Pressemitteilung Nr. 45/04 des BGH vom 23.04.2004

der Leitsatz

BGB § 1601; BSHG § 91 Abs. 2 Satz 2

Der Übergang des Unter­halts­an­spruchs eines Elternteils auf den Träger der Sozialhilfe kann wegen unbilliger Härte ausgeschlossen sein, wenn der Elternteil wegen einer auf seine Kriegs­er­lebnisse zurück­zu­füh­renden psychischen Erkrankung nicht in der Lage war, für das auf Elternunterhalt in Anspruch genommene Kind zu sorgen (im Anschluß an Senatsurteil vom 23. Juli 2003 - XII ZR 339/00 - FamRZ 2003, 1468).

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