15.11.2024
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Sie sehen einen Teil eines Daches, welches durch einen Sturm stark beschädigt wurde.

Dokument-Nr. 23852

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Urteil02.11.2016BundesgerichtshofXII ZR 153/15
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • WuM 2017, 18Zeitschrift: Wohnungswirtschaft und Mietrecht (WuM), Jahrgang: 2017, Seite: 18
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Vorinstanzen:
  • Amtsgericht Brake, Urteil09.10.2014, 3 C 54/14
  • Landgericht Oldenburg, Urteil24.11.2015, 16 S 531/14
ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Urteil02.11.2016

BGH: Schadens­ersatz­anspruch des Mieters aufgrund fristloser Kündigung wegen behördlicher Nutzungs­un­ter­sagungMieter steht Anspruch auf Ersatz der Umzugskosten zu

Kündigt ein Mieter aufgrund einer behördlichen Nutzungs­un­ter­sagung infolge der Nichteinhaltung von Brand­schutz­vorschriften das Mietverhältnis fristlos, kann er grundsätzlich im Wege des Schaden­s­er­satzes gemäß § 536 a Abs. 1 BGB den Ersatz der Umzugskosten vom Vermieter verlangen. Dabei spielt es keine Rolle, dass der Vermieter aufgrund der Nutzungs­un­ter­sagung ebenfalls zur Kündigung berechtigt wäre. Dies geht aus einer Entscheidung des Bundes­ge­richtshofs hervor.

In dem zugrunde liegenden Fall hatte ein Betreu­ungs­verein im Mai 2012 Büroräume im Erdgeschoss eines Gebäudes angemietet. Nachfolgend stellte die Stadt verschiedene Mängel im Brandschutz fest. So war an der Außenfassade bauord­nungs­widrig brennbares Polystyrol angebracht. Da die Vermieterin die Frist zur Behebung der Mängel hat verstreichen lassen, sprach die Stadt gegenüber dem Betreu­ungs­verein im Juni 2013 eine für sofort vollziehbar erklärte Nutzungsuntersagung aus. Der Verein kündigte daraufhin das Mietverhältnis fristlos und zog in neu angemietete Büroräume um. Zudem erhob er Klage auf Ersatz verschiedener Umzugskosten.

Amtsgericht und Landgericht gaben Schaden­s­er­satzklage statt

Sowohl das Amtsgericht Brake als auch das Landgericht Oldenburg gaben der Schaden­s­er­satzklage statt. Der Betreu­ungs­verein habe gemäß § 536 a BGB Ersatz der Kosten für die Herrichtung der neuen Mieträume, für die De- und Neuinstallation der EDV-Anlage, für das Einpacken der Umzugsgüter in Kartons sowie für die Reinigung der alten und neuen Räumlichkeiten zugestanden. Gegen diese Entscheidung richtete sich die Revision der Vermieterin.

Bundes­ge­richtshof bejaht ebenfalls Anspruch auf Ersatz der Umzugskosten

Der Bundes­ge­richtshof bestätigte die Entscheidung der Vorinstanz und wies daher die Revision der Vermieterin zurück. Dem Verein habe nach § 536 a Abs. 1 BGB ein Anspruch auf Ersatz der Umzugskosten zugestanden. Er sei berechtigt gewesen aufgrund der behördlichen Nutzungs­un­ter­sagung das Mietverhältnis fristlos gemäß § 543 Abs. 2 Nr. 1 BGB zu kündigen. Eine vorherige Abmahnung sei nach § 543 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 BGB nicht erforderlich gewesen.

Keine Pflicht des Mieters gegen Nutzungs­un­ter­sagung vorzugehen

Dass die Nutzungs­un­ter­sagung der Stadt zum Zeitpunkt der Kündigung noch nicht bestandskräftig war, habe nach Ansicht des Bundes­ge­richtshofs keine Rolle gespielt. Zwar könne es einem Mieter grundsätzlich zugemutet werden, gegen behördliche Anordnungen betreffend den Mietgebrauch gerichtlich vorzugehen. Auf das Risiko eines Rechtsstreits mit ungewissem Ausgang müsse sich der Mieter aber jedenfalls dann nicht einlassen, wenn die Behörde bereits eine sofortige Nutzungs­un­ter­sagung verfügte und der Gegenstand der behördlichen Beanstandung außerhalb des Einwir­kungs­be­reichs des Mieters liegt. So habe der Fall hier gelegen. Der Mieter habe mit seiner Kündigung auch nicht den Zeitpunkt abwarten müssen, an dem die Stadt Zwangsmittel zur Durchsetzung der Nutzungs­un­ter­sagung angekündigt hat.

Kein Ausschluss des Schaden­er­satz­an­spruchs aufgrund Rechts der Vermieterin zur Kündigung

Der Bundes­ge­richtshof folgte zudem nicht der Ansicht der Vermieterin, dass der Schaden­s­er­satz­an­spruch des Mieters deshalb nicht in Betracht komme, weil sie das Mietverhältnis ihrerseits hätte kündigen können. Denn könne nicht festgestellt werden, dass das Mietverhältnis ohne die zur Kündigung führende und vom Vermieter zu verschuldende mangelbedingte Gebrauchs­ent­ziehung überhaupt beendet worden wäre, schließe der Schutzzweck der §§ 536 Abs. 1, 543 Abs. 2 Nr. 1 BGB den Einwand des Vermieters aus, dass er das Mietverhältnis seinerseits gekündigt hätte, weil er infolge des Scheiterns der Mangel­be­sei­ti­gungs­versuche dem Mieter den vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache nicht mehr habe gewähren können.

Quelle: Bundesgerichtshof, ra-online (vt/rb)

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