15.11.2024
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Dokument-Nr. 19066

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Beschluss09.07.2014BundesgerichtshofXII ZB 709/13
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • AnwBl 2014, 1058Zeitschrift: Anwaltsblatt (AnwBl), Jahrgang: 2014, Seite: 1058
  • FamRB 2014, 378 (Wera Ahn-Roth)Zeitschrift: Familien-Rechts-Berater (FamRB), Jahrgang: 2014, Seite: 378, Entscheidungsbesprechung von Wera Ahn-Roth
  • NJW 2014, 3102Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Jahrgang: 2014, Seite: 3102
  • NJW-Spezial 2014, 575 (Christian Dahns)Zeitschrift: NJW-Spezial, Jahrgang: 2014, Seite: 575, Entscheidungsbesprechung von Christian Dahns
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Vorinstanz:
  • Oberlandesgericht Nürnberg, Beschluss21.11.2013, 10 UF 1361/13
ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Beschluss09.07.2014

Elektronische Handakte muss Überprüfung der Rechts­mit­tel­fristen ebenso gewährleisten wie PapierakteFehlende Kontrolle der Handakte begründet Verschulden an übersehener Rechts­mit­telfrist

Ein Rechtsanwalt ist berechtigt die Handakte elektronisch zuführen. In diesem Fall hat er aber gleichermaßen, wie bei einer Papierakte zu gewährleisten, dass die Rechts­mit­tel­fristen überprüft werden können. Dies erfordert die Einsicht der digitalen Akte auf dem Bildschirm. Erfolgt dies nicht und übersieht daher der Rechtsanwalt, dass eine Rechts­mit­telfrist versehentlich nicht eingetragen wurde, so hat er schuldhaft die Frist versäumt. Dies hat der Bundes­ge­richtshof entschieden.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Ein Anwalt wurde mit der Einlegung einer Beschwerde beauftragt. Zwar hat er die Beschwerde fristgerecht eingereicht, eine Beschwer­de­be­gründung erfolgte jedoch nicht innerhalb der gesetzten Frist. Nachdem das Beschwer­de­gericht, das Oberlan­des­gericht Nürnberg, den Anwalt auf die fehlende Begründung der Beschwerde hinwies, beantragte er Wieder­ein­setzung in den vorigen Stand wegen unverschuldeter Fristversäumnis. Zur Begründung verwies er darauf, dass in der elektronischen Handakte die Beschwer­de­be­grün­dungsfrist nicht eingetragen war und daher versäumt wurde. Da die dafür zuständige sonst stets zuverlässige Mitarbeiterin die Eintragung der Frist versehentlich unterließ, habe keine schuldhafte Fristversäumnis vorgelegen.

Oberlan­des­gericht verneinte Wieder­ein­setzung in den vorigen Stand

Das Oberlan­des­gericht Nürnberg sah dies jedoch anders und lehnte daher die Wieder­ein­setzung in den vorigen Stand ab. Die Fristversäumnis habe nicht ausschließlich auf ein Büroversehen beruht. Vielmehr habe es der Anwalt schuldhaft unterlassen bei Vorlage der Akte zu kontrollieren, ob die Beschwer­de­be­grün­dungsfrist in der Akte zutreffend vermerkt wurde. Gegen diese Entscheidung wurde Rechts­be­schwerde eingelegt.

Bundes­ge­richtshof bejahte ebenfalls schuldhafte Fristversäumnis durch Anwalt

Der Bundes­ge­richtshof bestätigte die Entscheidung der Vorinstanz und wies daher die Rechts­be­schwerde zurück. Der Anwalt habe die Frist zur Einlegung der Beschwer­de­be­gründung schuldhaft versäumt, so dass eine Wieder­ein­setzung in den vorigen Stand nicht in Betracht gekommen sei.

Pflicht zur Einsicht in Handakte zur Kontrolle der Fristvermerke

Ein Rechtsanwalt müsse nach Auffassung des Bundes­ge­richtshofs alles Zumutbare tun, um die Wahrung von Rechts­mit­tel­fristen zu gewährleisten. Er könne dazu eine zuverlässig erprobte und sorgfältig überwachte Bürokraft beauftragen. Er müsse dennoch durch geeignete organi­sa­to­rische Maßnahmen sicherstellen, dass die Fristen zuverlässig festgehalten und kontrolliert werden. Dies erfordere, dass ein Rechtsanwalt, der mit einer fristgebunden Verfah­rens­handlung befasst ist, bei Vorlage der Akte die Fristvermerke überprüft. Dies habe der Rechtsanwalt hier jedoch nicht getan. Bei der gebotenen Kontrolle der Akte wäre es dem Anwalt aufgefallen, dass die Frist zur Beschwer­de­gründung nicht eingetragen wurde.

Überprü­fungs­plicht besteht ebenso für elektronische Handakte

Die Überprü­fungs­pflicht bestehe ebenso dann, so der Bundes­ge­richtshof, wenn der Rechtsanwalt anstatt einer Papierakte, eine elektronische Handakte verwendet. Eine elektronische Handakte müsse nach ihrem Inhalt der herkömmlichen entsprechen und zu den Rechts­mit­tel­fristen und deren Notierung ebenso verlässliche Auskunft geben können. Die Überprü­fungs­si­cherheit dürfe nicht geringer ausfallen als bei einer analogen Akte.

Quelle: Bundesgerichtshof, ra-online (vt/rb)

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