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- NJW-RR 2016, 643Zeitschrift: NJW-Rechtsprechungs-Report Zivilrecht (NJW-RR), Jahrgang: 2016, Seite: 643
- Amtsgericht Pößneck, Beschluss04.12.2014, XVII 147/14
- Landgericht Gera, Beschluss31.08.2015, 5 T 596/14
Bundesgerichtshof Beschluss16.03.2016
BGH: Entgegenstehender freier Wille des Betroffenen schließt Bestellung eines Betreuers ausEntscheidende Kriterien sind Einsichtsfähigkeit des Betroffenen und Fähigkeit nach dieser Einsicht zu handeln
Gegen den freien Willen des volljährig Betroffenen kann gemäß § 1896 Abs. 1a BGB kein Betreuer bestellt werden. Entscheidende Kriterien für den freien Willen sind die Einsichtsfähigkeit des Betroffenen und die Fähigkeit nach dieser Einsicht zu handeln. Dies geht aus einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs hervor.
In dem zugrunde liegenden Fall litt eine volljährige Frau nach der operativen Entfernung eines Gehirntumors an einer wahnhaften Störung. Das Amtsgericht Pößneck bestellte aufgrund dessen im Dezember 2014 einen Berufsbetreuer. Damit war die psychisch erkrankte Frau aber nicht einverstanden. Sie wollte keinen Betreuer und legte daher gegen die Betreuerbestellung Beschwerde ein. Da das Landgericht Gera ohne nähere Begründung einen freien Willen der Betroffenen ausschloss, wies es die Beschwerde zurück. Dagegen richtete sich die Rechtsbeschwerde der Betroffenen.
Keine wirksame Betreuerstellung aufgrund unzureichender Feststellung zum möglichen freien Willen
Der Bundesgerichtshof entschied zu Gunsten der Betroffenen und hob daher die Entscheidung des Landgerichts auf. Auf Basis der vom Landgericht getroffenen Feststellungen könne nicht ausgeschlossen werden, dass der Betreuung der freie Wille der Betroffenen entgegenstehe. Das Verfahren sei daher zur Neuentscheidung an das Landgericht zurückzuweisen.
Keine Betreuung bei entgegenstehendem freien Willen
Nach § 1896 Abs. 1a BGB dürfe gegen den freien Willen des Betroffenen kein Betreuer bestellt werden, so der Bundesgerichtshof. Das Gericht müsse daher auf Grundlage eines Sachverständigengutachtens feststellen, ob der Betroffene trotz seiner Erkrankung zu einer freien Willensbestimmung fähig sei. Dabei seien die entscheidenden Kriterien die Einsichtsfähigkeit des Betroffenen und die Fähigkeit nach dieser Einsicht zu handeln.
Einsichtsfähigkeit zur Betreuung
Bei der Einsichtsfähigkeit sei nach Ansicht des Bundesgerichtshofs das Verständnis wichtig, dass ein gesetzlicher Vertreter bestellt wird, der eigenständige Entscheidungen in den ihm übertragenen Aufgabenbereichen treffen kann. Der Betroffene müsse Grund, Bedeutung und Tragweite einer Betreuung intellektuell erfassen können. Dies setze voraus, dass er seine Defizite im Wesentlichen zutreffend einschätzen und auf der Grundlage dieser Einschätzung die für oder gegen eine Betreuung sprechenden Gesichtspunkte gegeneinander abwägen könne.
Fähigkeit nach Einsicht zur Betreuung zu handeln
Sei der Betroffene zur Bildung eines klaren Urteils zur Problematik der Betreuerbestellung in der Lage, müsse es ihm nach Auffassung des Bundesgerichtshofs weiter möglich sein, nach diesem Urteil zu handeln und sich dabei von den Einflüssen Dritter abzugrenzen.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 04.05.2017
Quelle: Bundesgerichtshof, ra-online (vt/rb)
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