Dokument-Nr. 22790
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- FuR 2016, 42Zeitschrift: Familie und Recht (FuR), Jahrgang: 2016, Seite: 42
- MDR 2015, 1240Zeitschrift: Monatsschrift für Deutsches Recht (MDR), Jahrgang: 2015, Seite: 1240
- NJW-RR 2016, 6Zeitschrift: NJW-Rechtsprechungs-Report Zivilrecht (NJW-RR), Jahrgang: 2016, Seite: 6
- Amtsgericht Gelnhausen, Beschluss14.01.2015, 76 XVII 507/14
- Landgericht Hanau, Beschluss23.04.2015, 3 T 60/15
Bundesgerichtshof Beschluss23.09.2015
BGH: Erforderlichkeit einer Betreuung bei Fehlen einer zur Übernahme der mit einer Bevollmächtigung anfallenden Aufgaben bereiterklärten VertrauenspersonVorliegen der Geschäftsfähigkeit und der Möglichkeit der Vollmachtserteilung genügt nicht zur Verneinung eines Betreuungsbedarfs
Es fehlt nicht bereits dann an einem Betreuungsbedarf, wenn der Betroffene geschäftsfähig ist und er die Möglichkeit hat eine Vollmacht zu erteilen. Vielmehr kann eine Betreuung unter dem Gesichtspunkt, dass es keine Person gibt, die der Betroffene das für eine Vollmachtserteilung nötige Vertrauen entgegenbringt und die zur Übernahme der anfallenden Aufgaben als Bevollmächtigter bereit und in der Lage ist, weiterhin erforderlich sein. Dies hat der Bundesgerichtshof entschieden.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im Rahmen eines Zwangsversteigerungsfahrens wurde erkennbar, dass der von der Vollstreckung Betroffene an einer Depression erkrankt war und daher eine Suizidgefahr bestand. Er war aufgrund seiner psychischen Erkrankung nicht in der Lage, seine finanziellen Angelegenheiten selbst zu erledigen. Sowohl das Vollstreckungsgericht als auch der Betroffene selbst beantragten daher die Einrichtung einer Betreuung.
Amtsgericht und Landgericht lehnten Bestellung eines Betreuers ab
Sowohl das Amtsgericht Gelnhausen als auch das Landgericht Hanau lehnten die Bestellung eines Betreuers ab. Zur Begründung führte das Landgericht aus, dass der Betroffene trotz seiner depressiven Episode geschäftsfähig und in der Lage gewesen sei, eine Vertrauensperson mit den Angelegenheiten zu bevollmächtigen, die er selbst nicht erledigen könne. Gegen diese Entscheidung legte der Betroffene Rechtsbeschwerde ein.
Aufhebung der landgerichtlichen Entscheidung durch Bundesgerichtshof
Der Bundesgerichtshof entschied zu Gunsten des Betroffenen und hob daher die Entscheidung des Landgerichts auf. Es sei zwar richtig, dass der Betroffene geschäftsfähig und damit in rechtlicher Hinsicht imstande gewesen sei, Vollmachten zu erteilen. Es sei aber unzutreffend allein aufgrund dessen darauf zu schließen, dass eine Betreuung nicht erforderlich sei.
Vorliegen der Geschäftsfähigkeit und der Möglichkeit der Vollmachtserteilung genügt nicht zur Verneinung eines Betreuungsbedarfs
Für die Verneinung eines Betreuungsbedarfs genügen nach Ansicht des Bundesgerichtshofs nicht allein das Vorliegen der Geschäftsfähigkeit des Betroffenen und die damit einhergehende rechtliche Möglichkeit der Bevollmächtigung. Vielmehr müsse es auch mindestens eine Person geben, welcher der Betroffene das für eine Vollmachtserteilung erforderliche Vertrauen entgegen bringe und die zur Übernahme der anfallenden Aufgaben als Bevollmächtigter bereit und in der Lage sei. Ob dies hier der Fall sei, habe das Landgericht nicht festgestellt. Der Fall wurde daher an das Landgericht zurückverwiesen.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 22.06.2016
Quelle: Bundesgerichtshof, ra-online (vt/rb)
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