21.11.2024
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Bundesgerichtshof Beschluss29.03.2006

Allein eine lange Trennungszeit reicht nicht für Herabsetzung des Versor­gungs­aus­gleichs wegen grober UnbilligkeitGesamtwürdigung des Einzelfalls

Auch bei langer Trennungszeit erfordert die Herabsetzung des Versor­gungs­aus­gleichs wegen grober Unbilligkeit nach § 1587 c Abs. 1 Nr. 1 BGB im Einzelfall eine Gesamtwürdigung aller wirtschaft­lichen, sozialen und persönlichen Verhältnisse beider Ehegatten. Das hat der Bundes­ge­richtshof entschieden.

Im Fall lebten die Ehegatten seit 1982 getrennt. Während der Trennungszeit zahlte der Ehemann monatlich 1.000 DM Unterhalt an die Ehefrau. Die Ehe wurde im August 2000 geschieden. Aus der Ehe sind drei Kinder hervorgegangen, von denen das Jüngste 1966 geboren wurde. Der hier streit­ge­gen­ständliche Versor­gungs­aus­gleich sah vor, dass rund 1.500,- DM an Rente­n­an­wart­schaften vom Versi­che­rungskonto des Ehemanns auf das der Ehefrau übertragen werden sollten. Die hiergegen gerichtete Klage des Ehemanns hatte keinen Erfolg.

Zwar könne eine lange Trennungszeit der Parteien Anlass sein, den Ausschluss oder die Herabsetzung des Versor­gungs­aus­gleichs wegen grober Unbilligkeit (§ 1587 c Nr. 1 BGB) zu überprüfen. Allerdings verbiete sich eine rein schematische Betrach­tungsweise. Vielmehr müsse sich die grobe Unbilligkeit aus einer Gesamtabwägung der wirtschaft­lichen, sozialen und persönlichen Verhältnisse beider Ehegatten ergeben.

Der Ehemann habe während der gesamten Trennungszeit freiwillig monatliche Unter­halts­zah­lungen geleistet, die das wesentliche Einkommen der Ehefrau dargestellt hätten. Erst in einem anwaltlichen Schriftsatz aus dem Oktober 1999 (nach Zustellung des Schei­dungs­antrags) habe er die Ehefrau darauf hingewiesen, dass sie zumindest seit der Volljährigkeit des jüngsten Sohnes (im Jahr 1985) einer Erwer­b­s­tä­tigkeit hätte nachgehen und so eigene Versor­gungs­an­rechte hätte erwerben müssen. Mit den wider­spruchslosen Zahlungen während der langen Trennungszeit habe der Ehemann aber einen unter­halts­recht­lichen Vertrau­en­s­tat­bestand geschaffen, der den Zeitpunkt für eine Erwer­b­s­ob­lie­genheit der Ehefrau hinausschiebe. Er habe zugleich zu erkennen gegeben, die eheliche Solidarität nach der Trennung nicht vollkommen aufkündigen zu wollen, sondern die Ehefrau an seinen in der Trennungszeit erworbenen Versor­gungs­an­rechten teilhaben zu lassen.

Vorinstanzen:

OLG Frankfurt am Main, AG Kassel

Quelle: ra-online

der Leitsatz

BGB § 1587 c Nr. 1

a) Auch bei langer Trennungszeit erfordert die Herabsetzung des Versor­gungs­aus­gleichs wegen grober Unbilligkeit nach § 1587 c Abs. 1 Nr. 1 BGB im Einzelfall eine Gesamtwürdigung aller wirtschaft­lichen, sozialen und persönlichen Verhältnisse beider Ehegatten.

b) Hat der ausgleichs­pflichtige Ehegatte während einer langen Trennungszeit (hier: 17 Jahre) widerspruchslos Trennungs­un­terhalt gezahlt, ohne von dem ausgleichs­be­rech­tigten Ehegatten die Aufnahme einer sozia­l­ver­si­che­rungs­pflichtigen Erwer­b­s­tä­tigkeit zu fordern, kann der Ausgleichs­be­rechtigte ein schutzwürdiges Vertrauen auf Teilhabe an den bis zum Ende der Ehezeit erworbenen Anrechten auf Alters­ver­sorgung des Ausgleichs­ver­pflichteten haben.

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