21.11.2024
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Sie sehen, wie während einer Hochzeit die Ringe angesteckt werden.

Dokument-Nr. 25967

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Beschluss17.01.2018BundesgerichtshofXII ZB 20/17
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • FamRB 2018, 172Zeitschrift: Familien-Rechts-Berater (FamRB), Jahrgang: 2018, Seite: 172
  • FamRZ 2018, 577Zeitschrift für das gesamte Familienrecht mit Betreuungsrecht (FamRZ), Jahrgang: 2018, Seite: 577
  • NJW 2018, 1015Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Jahrgang: 2018, Seite: 1015
  • NJW-Spezial 2018, 164Zeitschrift: NJW-Spezial, Jahrgang: 2018, Seite: 164
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Vorinstanzen:
  • Amtsgericht Hamburg-St. Georg, Beschluss22.10.2015, 983 F 96/14
  • Oberlandesgericht Hamburg, Beschluss22.12.2016, 2 UF 147/15
ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Beschluss17.01.2018

BGH: Verzicht eines von Ausweisung bedrohten Ausländers auf Zugewin­n­aus­gleich, Ver­sorgungs­ausgleich und Unterhalt durch Ehevertrag begründet dessen UnwirksamkeitUnwirksamer Ehevertrag aufgrund Sitten­wid­rigkeit

Verzichtet eine ausländische Frau zu Gunsten des einkom­mens­stärkeren Manns anlässlich der Eheschließung mittels eines Ehevertrags auf den Zugewin­n­aus­gleich, den Ver­sorgungs­ausgleich und Unterhalt, so ist der Ehevertrag gemäß § 138 BGB sittenwidrig und somit unwirksam. Dies hat der Bundes­ge­richtshof entschieden.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Anlässlich einer Eheschließung im Jahr 1997 verlangte der zukünftige Ehemann von seiner zukünftigen Ehefrau den Abschluss eines Ehevertrags. Die künftige Ehefrau kam im Jahr 1994 als Bürger­kriegs­flüchtling aus Bosnien. Ihr drohte in Deutschland ohne die Heirat die Abschiebung. Durch den Ehevertrag verzichtete die Ehefrau zu Gunsten des einkom­mens­stärkeren Ehemanns auf den Zugewinnausgleich, Versorgungsausgleich und den nachehelichen Unterhalt. Die Ehe scheiterte einige Jahre später. Im Zusammenhang mit der Scheidung im Jahr 2014 beantragte die Ehefrau Auskünfte zum Vermögen des Ehemanns zwecks Zugewin­n­aus­gleichs.

Amtsgericht wies Antrag zurück, Oberlan­des­gericht gab ihm statt

Während das Amtsgericht Hamburg-St. Georg den Antrag mit Blick auf den Verzicht des Zugewin­n­aus­gleichs durch den Ehevertrag zurückwies, gab ihm das Oberlan­des­gericht Hamburg statt. Seiner Auffassung nach sei der Ehevertrag aufgrund des Verstoßes gegen die guten Sitten unwirksam. Die Ehegatten haben eine evident einseitige und nicht gerechtfertigte Lasten­ver­teilung zum Nachteil der Ehefrau vereinbart. Gegen diese Entscheidung richtete sich die Rechts­be­schwerde des Ehemanns.

Bundes­ge­richtshof bejaht ebenfalls Unwirksamkeit des Ehevertrags

Der Bundes­ge­richtshof bestätigte die Entscheidung des Oberlan­des­ge­richts und wies daher die Rechts­be­schwerde des Ehemanns zurück. Der Ehefrau stehen die Auskunfts­ansprüche zu. Zwar habe der Ehevertrag den Zugewin­n­aus­gleich ausgeschlossen, der Vertrag sei aber wegen Sittenwidrigkeit gemäß § 138 BGB unwirksam.

Einseitige Benachteiligung der Ehefrau durch Ehevertrag

Der objektive Gehalt der Gesamtregelung ziele nach Ansicht des Bundes­ge­richtshofs erkennbar auf eine einseitige Benachteiligung der Ehefrau ab. Die Regelungen im Ehevertrag dienen nur dem Interesse des Ehemanns als dem wirtschaftlich stärkeren Ehegatten mit dem höheren Einkommen und der höheren Vermö­gens­bildung in der Ehezeit.

Ausnutzung der Angewiesenheit der Ehefrau auf Eingehung der Ehe

Auch subjektiv erweise sich der Ehevertrag als sittenwidrig, so der Bundes­ge­richtshof. Zwar begründe das Ansinnen eines Ehegatten, eine Ehe nur unter der Bedingung eines Ehevertrags eingehen zu wollen, für sich genommen auch bei Vorliegen eines Einkommens- und Vermö­gens­ge­fälles für den anderen Ehegatten in der Regel noch keine Zwangslage, aus der ohne Weiteres auf eine gestörte Vertrags­gleichheit geschlossen werden könne. Etwas anderes gelte aber, wenn der mit dem Verlangen nach dem Abschluss eines Ehevertrags konfrontierte Ehegatte erkennbar in einem besonderen Maße auf die Eheschließung angewiesen sei. So lag der Fall hier. Es liege auf der Hand, dass sich ein ausländischer Vertragspartner bei der Aushandlung eines Ehevertrags in einer deutlich schlechteren Verhand­lungs­po­sition befinde, wenn er seinen Lebensplan, dauerhaft unter Verbesserung seiner Lebens­ver­hältnisse in Deutschland ansässig und erwerbstätig zu werden, nur unter der dem anderen Vertragspartner bekannten Voraussetzungen der Eheschließung verwirklichen könne.

Quelle: Bundesgerichtshof, ra-online (vt/rb)

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