15.11.2024
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Urteil14.05.2019BundesgerichtshofXI ZR 345/18
Vorinstanzen:
  • Landgericht Stendal, Urteil29.01.2018, 21 O 39/17
  • Oberlandesgericht Naumburg, Urteil16.05.2018, 5 U 29/18
ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Urteil14.05.2019

Kreditinstitut darf Prämi­en­spa­r­vertrag nach Erreichen der höchsten Prämienstufe kündigenBundes­ge­richtshof entscheidet über Kündigung von Sparverträgen "S-Prämiensparen flexibel"

Der Bundes­ge­richtshof hat entschieden, dass ein Kreditinstitut einen Prämi­en­spa­r­vertrag nach Erreichen der höchsten Prämienstufe kündigen kann.

Die Kläger des zugrunde liegenden Streitfalls begehren in der Hauptsache die Feststellung des Fortbestandes dreier Sparverträge. Im Jahr 1996 warb die beklagte Sparkasse für das "S-Prämiensparen flexibel" mit einer Werbebroschüre, in der unter anderem eine Musterrechnung enthalten ist, mit der die Entwicklung eines Sparguthabens über einen Zeitraum von 25 Jahren bei einer monatlichen Sparrate von 150 DM einschließlich der jährlichen Prämi­en­zah­lungen dargestellt wird.

In den Jahren 1996 und 2004 schlossen die Kläger mit der Beklagten insgesamt drei Sparverträge "S-Prämiensparen flexibel". Neben einer variablen Verzinsung des Sparguthabens sahen die Verträge erstmals nach Ablauf des dritten Sparjahres die Zahlung einer Prämie in Höhe von 3 % der im abgelaufenen Sparjahr erbrachten Sparbeiträge vor. Vertragsgemäß stieg diese Prämie bis zum Ablauf des 15. Jahres auf 50 % der geleisteten Sparbeiträge an.

Für alle Sparverträge galten die AGB-Sparkassen der Beklagten (Stand: 21. März 2016). Nr. 26 Abs. 1 AGB-Sparkassen enthielt folgende Regelung:

"(1) Ordentliche Kündigung

Soweit weder eine Laufzeit noch eine abweichende Kündi­gungs­re­gelung vereinbart sind, können der Kunde und bei Vorliegen eines sachgerechten Grundes auch die Sparkasse die gesamte Geschäfts­be­ziehung oder einzelne Geschäftszweige jederzeit ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen. Kündigt die Sparkasse, so wird sie den berechtigten Belangen des Kunden angemessen Rechnung tragen, insbesondere nicht zur Unzeit kündigen. [...]"

Kreditinstitut kündigt Sparvertrag unter Hinweis auf niedriges Zinsumfeld

Unter Hinweis auf das niedrige Zinsumfeld erklärte die Beklagte am 5. Dezember 2016 die Kündigung des Sparvertrages aus dem Jahr 1996 mit Wirkung zum 1. April 2017 sowie die Kündigung der Sparverträge aus dem Jahr 2004 mit Wirkung zum 13. November 2019. Die Kläger sind der Ansicht, dass die von der Beklagten erklärten Kündigungen unwirksam seien.

Klage in den Vorinstanzen erfolglos

Das Landgericht Stendal wies die unter anderem auf die Feststellung des Fortbestandes der Sparverträge gerichtete Klage ab. Die Berufung der Kläger blieb ohne Erfolg. Mit ihrer vom Bundes­ge­richtshof - mit Ausnahme eines Hilfsantrags - zugelassenen Revision verfolgen die Kläger ihr Klagebegehren weiter.

BGH: Kündigung nach Erreichen der höchsten Prämienstufe zulässig

Der Bundes­ge­richtshof wies die Revision der Kläger zurück. Die beklagte Sparkasse habe die Sparverträge nach Nr. 26 Abs. 1 AGB-Sparkassen nach Erreichen der höchsten Prämienstufe, d.h. hier jeweils nach Ablauf des 15. Sparjahres, kündigen dürfen. Die Beklagte habe das ordentliche Kündigungsrecht aus Nr. 26 Abs. 1 AGB-Sparkassen für einen Zeitraum bis zum Erreichen der höchsten Prämienstufe - hier: 15 Jahre - ausgeschlossen. Die Sparverträge sein auf der Grundlage der vereinbarten Prämienstaffel und der weiteren vertraglichen Bestimmungen dahin zu verstehen, dass dem Sparer das Recht zukomme, einseitig zu bestimmen, ob er bis zum Erreichen der höchsten Prämienstufe spart. Die Beklagte habe mit der vereinbarten Prämienstaffel einen besonderen Bonusanreiz gesetzt. Dieser Bonusanreiz bedingt einen konkludenten Ausschluss des Kündi­gungs­rechts aus Nr. 26 Abs. 1 AGB-Sparkassen bis zum Ablauf des - hier - 15. Sparjahres, weil andernfalls die Beklagte den Klägern jederzeit den Anspruch auf Gewährung der Sparprämien entziehen könnte. Einen konkludenten und zeitlich befristeten Ausschluss des Kündi­gungs­rechts aus Nr. 26 Abs. 1 AGB-Sparkassen, die im Übrigen keinen Wirksam­keits­be­denken begegnet, hätten die Parteien wirksam vereinbaren können, weil die Sparverträge dem Recht der unregelmäßigen Verwahrung unterliegen, so der Bundes­ge­richtshof.

Zahlung einer Sparprämie war lediglich bis zum 15. Sparjahr versprochen

Einen über das Ende des 15. Sparjahres hinauswirkenden Ausschluss des Kündi­gungs­rechts haben die Parteien dagegen auch im Hinblick auf die unbefristete Laufzeit des Vertrages nicht vereinbart. Nach dem Inhalt der Vertrags­an­trags­for­mulare habe die Beklagte die Zahlung einer Sparprämie lediglich bis zum 15. Sparjahr versprochen. Ab diesem Zeitpunkt seien die Sparverträge zwar nicht automatisch - mit der Folge der Fälligkeit und Rückzahlung der Spareinlagen - beendet, sondern liefen weiter. Nach dem Vertragsinhalt habe der Beklagten laut Bundes­ge­richtshof aber ab diesem Zeitpunkt ein Recht zur ordentlichen Kündigung nach Nr. 26 Abs. 1 AGB-Sparkassen unter Beachtung der in Nr. 4 Satz 1 der Bedingungen für den Sparverkehr geregelten Auslauffrist von drei Monaten zugestanden.

Vertrags­for­mulare sagen Erreichen der höchsten Prämienstufe mit dem 15. Sparjahr zu

Schließlich ergebe sich etwas anderes auch nicht aus dem von der Beklagten verwendeten Werbeflyer. Die in dem Werbeprospekt enthaltene Musterrechnung, die auf einen Zeitraum von 25 Jahren bezogen ist, stelle lediglich ein Rechenbeispiel dar, mit dem keine verbindliche Aussage zur tatsächlichen Laufzeit des Vertrages verbunden sei, entschied der Bundes­ge­richtshof. Diese ergebe sich vielmehr aus den Vertrags­an­trags­for­mularen, in denen die Beklagte ein Erreichen der höchsten Prämienstufe mit dem 15. Sparjahr zugesagt habe. Bei den weitergehenden Aussagen handele es sich nach Darstellungsart, Inhalt und Formulierung lediglich um eine werbende Anpreisung der Leistung, der ein durch­schnitt­licher Sparer eine Änderung oder gar - hier in Bezug auf die Laufzeit - Erweiterung der wechselseitigen Ansprüche und der aus dem Sparvertrag folgenden Rechte, Pflichten und Obliegenheiten nicht entnehmen könne.

Quelle: Bundesgerichtshof/ra-online (pm/kg)

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