18.10.2024
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Dokument-Nr. 15038

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Urteil15.01.2013BundesgerichtshofXI ZR 22/12
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • DB 2013, 749Zeitschrift: Der Betrieb (DB), Jahrgang: 2013, Seite: 749
  • EWiR 2013, 129Zeitschrift: Entscheidungen zum Wirtschaftsrecht (EWiR), Jahrgang: 2013, Seite: 129
  • GWR 2013, 112Zeitschrift: Gesellschafts- und Wirtschaftsrecht (GWR), Jahrgang: 2013, Seite: 112
  • MDR 2013, 357Zeitschrift: Monatsschrift für Deutsches Recht (MDR), Jahrgang: 2013, Seite: 357
  • NJ 2013, 257Zeitschrift: Neue Justiz (NJ), Jahrgang: 2013, Seite: 257
  • NJW 2013, 1519Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Jahrgang: 2013, Seite: 1519
  • WM 2013, 316Wertpapier-Mitteilungen Zeitschrift für Wirtschafts- und Bankrecht (WM), Jahrgang: 2013, Seite: 316
  • ZIP 2013, 304Zeitschrift für Wirtschaftsrecht (ZIP), Jahrgang: 2013, Seite: 304
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ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Urteil15.01.2013

BGH: Private Bank darf Girokonto ohne vorherige Inter­es­se­n­ab­wägung ordentlich kündigenCommerzbank kündigte rechtsextremem Buchvertrieb ohne Angabe konkreter Gründe

Die ordentliche Kündigung eines Girovertrags nach Nr. 19 Abs. 1 AGB-Banken 2002 setzt nicht voraus, dass eine private Bank eine Abwägung ihrer Interessen an einer Beendigung des Vertrags­verhältnisses mit den Interessen des Kunden an dessen Fortbestand vornimmt. Dies geht aus einer Entscheidung des Bundes­ge­richtshofs hervor. Geklagt hatte der Buchvertrieb "Lesen und Schenken", der in seinem Programm auch rechtsextreme Titel führt.

In dem zugrunde liegenden Fall unterhielt die Klägerin, eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, die Bücher und Zeitschriften vertreibt, bei der beklagten privaten Bank seit September 2006 ein Girokonto, das sie für ihren Geschäfts­verkehr nutzte. Ihrer Vertrags­be­ziehung zur Beklagten lagen deren Allgemeine Geschäfts­be­din­gungen (AGB-Banken 2002) zugrunde, die unter anderem folgende Klausel enthielten:

"19.Kündi­gungs­rechte der Bank

(1) Kündigung unter Einhaltung einer Kündigungsfrist

Die Bank kann die gesamte Geschäfts­ver­bindung oder einzelne Geschäfts­be­zie­hungen, für die weder eine Laufzeit noch eine abweichende Kündi­gungs­re­gelung vereinbart ist, jederzeit unter Einhaltung einer angemessenen Kündigungsfrist kündigen (zum Beispiel den Scheckvertrag, der zur Nutzung von Scheck­vor­drucken berechtigt). Bei der Bemessung der Kündigungsfrist wird die Bank auf die berechtigten Belange des Kunden Rücksicht nehmen. Für die Kündigung der Führung von laufenden Konten und Depots beträgt die Kündigungsfrist mindestens sechs Wochen.

[…]"

Beklagte kündigte Vertrags­ver­hältnis aus "grundsätzlichen Erwägungen"

Die Beklagte teilte der Klägerin unter dem 22. Juli 2009 mit, sie sehe sich "aus grundsätzlichen Erwägungen" nicht mehr in der Lage, die Kontoverbindung mit der Klägerin aufrecht zu erhalten, und kündigte mit einer sechswöchigen Kündigungsfrist. Mit ihrer in beiden Vorinstanzen erfolglosen Klage begehrt die Klägerin festzustellen, der Girovertrag bestehe fort.

BGH: Zurück­ver­weisung der Sache an das Berufungs­gericht

Der Bundes­ge­richtshof hat auf die vom Berufungs­gericht zugelassene Revision das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungs­gericht zurückverwiesen.

Nr. 19 Abs. 1 AGB-Banken 2002 verweist auf vereinbartes ordentliches Kündigungsrecht

Dabei waren im Wesentlichen folgende Überlegungen für seine Entscheidung maßgeblich: Im Ergebnis richtig hat das Berufungs­gericht angenommen, mittels Nr. 19 Abs. 1 AGB-Banken 2002 sei ein ordentliches Kündigungsrecht wirksam vereinbart, auch wenn die Bestimmung der Beklagten nicht abverlangt, ihr Interesse an einer Vertragsbeendigung mit dem Interesse der Klägerin an der Fortführung des Vertrages abzuwägen. Nr. 19 Abs. 1 AGB-Banken 2002 hält einer Inhalts­kon­trolle stand.

Keine Recht­fer­ti­gungs­pflicht der Beklagten mittels einer Angemessenheits- oder Verhält­nis­mä­ßig­keits­prüfung

Auch ist die Ausübung des Kündi­gungs­rechts auf der Grundlage der Nr. 19 Abs. 1 AGB-Banken 2002 im konkreten Fall nicht verbots- oder treuwidrig gewesen. Insbesondere statuiert das vom Grundsatz der Privatautonomie beherrschte bürgerliche Recht keine über eine mittelbare Drittwirkung des allgemeinen Gleich­heits­satzes begründbare allgemeine Pflicht zur gleichmäßigen Behandlung, hier bei der Ausübung eines vertraglich vereinbarten ordentlichen Kündi­gungs­rechts. Entsprechend oblag es der Beklagten nicht, eine Ungleich­be­handlung der Klägerin im Verhältnis zu anderen Kunden mittels einer Angemessenheits- oder Verhält­nis­mä­ßig­keits­prüfung sachlich zu rechtfertigen. Der konkrete Fall bietet auch keine Besonderheiten, die eine Kündigung als rechts­miss­bräuchlich bzw. als schikanös oder eine Kündigungsfrist von sechs Wochen als zu kurz bemessen erscheinen lassen.

Berufungs­gericht soll Prüfung der Vertre­tungs­ver­hältnisse vornehmen

Die Sache ist jedoch noch nicht entschei­dungsreif, weil das Berufungs­gericht, anstatt aufzuklären, ob die Beklagte - wie von der Klägerin bestritten - bei Erklärung der Kündigung mit Schreiben vom 22. Juli 2009 wirksam vertreten war, die Klageerwiderung als erneute Kündigung interpretiert hat. Dabei hat es deren Wortlaut überdehnt. Der Bundes­ge­richtshof hat die Sache deshalb zur Prüfung der Vertre­tungs­ver­hältnisse an das Berufungs­gericht zurückgegeben.

Quelle: Bundesgerichtshof/ra-online

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