Dokument-Nr. 24234
Permalink https://urteile.news/
- Landgericht Berlin, Urteil30.06.2009, 10 O 170/09
- Kammergericht Berlin, Urteil31.05.2010, 26 U 143/09
Bundesgerichtshof Urteil07.06.2011
BGH: Darlehensnehmer kann von Bank Erstattung der aus rechtsgrundlos vereinnahmten Zinsbeträgen gezogenen Nutzungszinsen verlangenHöhe der Nutzungszinsen auf 5 Prozentpunkte über den Basiszinssatz zu schätzen
Ist eine Bank zur Erstattung zu viel gezahlter Zinsbeträge verpflichtet, kann dem Darlehensnehmer gemäß § 818 Abs. 1 BGB ein Anspruch auf Erstattung der von der Bank aus den rechtsgrundlos vereinnahmten Zinsbeträgen gezogenen Nutzungen zustehen. Insofern ist zu beachten, dass die Bank die rechtsgrundlos zugeflossenen Zinsbeträge wirtschaftlich nutzen konnte. Der Herausgabeanspruch ist auf die durch die rechtsgrundlos zugeflossenen Zinsbeträge erlangten Nutzungszinsen gerichtet. Diese sind regelmäßig auf 5 Prozentpunkte über den Basiszinssatz zu schätzen. Dies geht aus einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs hervor.
In dem zugrunde liegenden Fall verlangte ein Darlehensnehmer im Jahr 2009 unter anderem die Rückzahlung zu viel gezahlter Zinsen. Er hatte bei einer Bank zum Zweck der Finanzierung eines Anlagemodells zur Altersvorsorge ein Darlehen aufgenommen. Der Zinssatz betrug dabei 4,90 % pro Jahr. Der Darlehensnehmer hielt den Zinssatz für überhöht, weil der Darlehensvertrag keine Angaben über die bis zum Laufzeitende anfallende Gesamtbelastung enthalten habe. Somit gelte ein Zinssatz von nur 4 % pro Jahr. Da sich die Bank weigerte dies anzuerkennen, erhob der Darlehensnehmer Klage. Die Vorinstanzen wiesen die Klage ab. Dagegen richtete sich die Revision des Darlehensnehmers.
Anspruch auf Erstattung überzahlter Zinsen
Der Bundesgerichtshof entschied zu Gunsten des Darlehensnehmers und hob daher die Entscheidung der Vorinstanz auf. Ihm stehe gemäß § 812 Abs. 1 BGB ein Anspruch auf Erstattung überzahlter Zinsen zu. Denn der Darlehensnehmer habe gemäß § 494 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit § 492 Abs. 1 Satz 5 Nr. 2 BGB alte Fassung nur einen Zinssatz von 4 % geschuldet.
Anspruch auf Erstattung der aus rechtsgrundlos vereinnahmten Zinsbeträgen gezogenen Nutzungen
Dem Darlehensnehmer stehe zudem gemäß § 818 Abs. 1 BGB ein Anspruch auf Erstattung der von der Bank aus den ohne Rechtsgrund vereinnahmten Zinsbeträgen gezogenen Nutzungen zu, so der Bundesgerichtshof. Kreditinstitute seien zur Herausgabe tatsächlich gezogener Nutzungen verpflichtet, wenn ihnen Vermögenswerte rechtsgrundlos zugeflossen seien, die sie wirtschaftlich nutzen konnten. Müsse rechtsgrundlos erlangtes Geld herausgegeben werden, seien die tatsächlich erlangten Zinsen seit der Entstehung des Anspruches herauszugeben. Denn es entspreche der Lebenserfahrung, dass Kreditinstitute vereinnahmte Gelder zinsbringend anlegen.
Höhe der Nutzungszinsen auf 5 Prozentpunkten über den Basiszinssatz zu schätzen
Die Höhe der von der Bank gezogenen Nutzungen sei, wenn hinreichende Angaben zur Berechnung der durchschnittlichen Wiederanlagezinsen fehlen, nach Ansicht des Bundesgerichtshofs zu schätzen. Dabei seien das allgemeine Zinsniveau und seine Veränderungen in dem Zeitraum, in dem der rechtsgrundlos erlangte Betrag zur Anlage zur Verfügung stand, zu berücksichtigen. Dies könne durch Anknüpfung an den jeweiligen Basiszinssatz und einen Aufschlag von 5 Prozentpunkten erfolgen. Denn was für die Berechnung des Verzugsschadens nach § 288 Abs. 1 BGB zugunsten einer Bank gelte, müsse auch bei der Schätzung von Nutzungszinsen zu ihren Lasten gelten.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 11.05.2017
Quelle: Bundesgerichtshof, ra-online (vt/rb)
Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.
Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Urteil24234
Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.