18.10.2024
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Sie sehen einen Gerichtshammer, der auf verschiedenen Geldscheinen liegt.

Dokument-Nr. 277

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Entscheidung08.03.2005BundesgerichtshofXI ZR 154/04
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • BGHZ 162, 294Sammlung: Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen (BGHZ), Band: 162, Seite: 294
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Bundesgerichtshof Entscheidung08.03.2005

Bundes­ge­richtshof zum Schadens­ersatz­anspruch einer Bank nach Rückgabe einer Lastschrift mangels Kontodeckung

Ein Bankkunde muss nicht dafür Sorge tragen, dass sein Konto gedeckt ist, wenn eine Lastschrift eingeht. Er muss es auch nicht hinnehmen, dass für die Rückbuchung eine Gebühr erhoben wird. Das geht aus einem Urteil des Bundes­ge­richtshofs hervor.

Der für das Bank- und Börsenrecht zuständige XI. Zivilsenat des Bundes­ge­richtshofs hat entschieden, daß die bundesweit einheitliche Praxis einer Bank, nach Rückgabe einer Lastschrift mangels Kontodeckung ihre Kunden mit pauschal 6 Euro Schadensersatz zu belasten, unzulässig ist.

Nachdem der XI. Zivilsenat mit Urteilen vom 21. Oktober 1997 (BGHZ 137, 43 ff. und BGH, WM 1997, 2300 ff.) Entgelte für die Rückgabe von Lastschriften mangels Kontodeckung für unzulässig erklärt hatte, wies die beklagte Großbank ihre Geschäftstellen intern an, die ihr bei Rückgabe einer Lastschrift mangels Kontodeckung entstehenden Kosten gegenüber dem Kontoinhaber teilweise als Schadensersatz geltend zu machen und dessen Konto mit 15 DM, jetzt 6 €, zu belasten. Die Beklagte verfuhr daraufhin gemäß diesem Rundschreiben. Die Kontoauszüge betroffener Kunden enthielten die Belas­tungs­buchung „Lastschrift-Rückgabe vom … 6 €“. Auf Beschwerden betroffener Kontoinhaber begründete die Beklagte die Kontobelastung damit, daß ihr wegen Verletzung einer den Kunden treffenden Konto­deckungs­pflicht ein Schaden­s­er­satz­an­spruch zustehe. Mit seiner Unter­las­sungsklage wendet sich der klagende Verbrau­cher­verein gegen diese Praxis der Beklagten. Er ist der Auffassung, daß in der bundesweit einheitlichen Praxis der Beklagten das Verwenden einer Allgemeinen Geschäfts­be­dingung liege, die wegen Verstoßes gegen AGB-rechtliche Schutz­vor­schriften unwirksam sei. Das Landgericht (BKR 2003, 879) hat der Klage stattgegeben. Das Oberlan­des­gericht (ZIP 2004, 1496) hat sie abgewiesen.

Der Bundes­ge­richtshof hat das Berufungsurteil aufgehoben und das landge­richtliche Urteil wieder hergestellt.

Die mit Rundschreiben vom 4. Mai 1998 eingeführte einheitliche Praxis der Beklagten ist zwar keine allgemeine Geschäfts­be­dingung. Weder die interne Anweisung vom 4. Mai 1998 noch die Belas­tungs­bu­chungen auf den Kontoauszügen noch die Schreiben an widersprechende Kunden lassen sich als Vertrags­be­dingung qualifizieren. Es liegt aber ein Verstoß gegen das Umgehungsverbot des § 306 a BGB vor. Mit ihrer Vorgehensweise praktiziert die Beklagte die vom erkennenden Senat in seinen Urteilen vom 21. Oktober 1997 für unzulässig und unwirksam erklärte Entgeltklausel bei der Rückgabe von Lastschriften mangels Deckung unter dem rechtlichen Deckmantel pauschalierten Schaden­s­er­satzes wirtschaftlich wirkungsgleich weiter. Die interne Anweisung der Beklagten ist ebenso effizient wie die Pauschalierung von Schadensersatz in Allgemeinen Geschäfts­be­din­gungen und hat ferner deren typischen Ratio­na­li­sie­rungs­effekt. Die Beklagte verwirklicht den einseitig auf 6 Euro festgelegten Betrag durch Belastung des Kundenkontos und Verrechnung ihrer – vermeintlichen – Forderung im Kontokorrent.

Der danach eröffneten Inhalts­kon­trolle nach §§ 307 bis 309 BGB hält die interne Anweisung und die darauf beruhende Geschäftspraxis der Beklagten nicht stand. Schadensersatz kann auf vertraglicher Grundlage nur verlangt werden, wenn der Schuldner eine Pflicht­ver­letzung zu vertreten hat. Ein Bankkunde ist gegenüber seiner Zahlstelle jedoch nicht verpflichtet, für die Einlösung von Lastschriften im Einzugs­er­mäch­ti­gungs­ver­fahren Deckung vorzuhalten. Die Schuldnerbank wird nicht auf Weisung des Schuldners tätig, sondern sie greift im Auftrag der Gläubigerbank ohne eine Weisung ihres Kunden auf dessen Konto zu. Ob der Schuldner überhaupt eine Einzie­hungs­er­mäch­tigung erteilt hat oder im Verhältnis zu seinem Gläubiger zu der erhobenen Leistung verpflichtet ist, weiß und interessiert die Schuldnerbank aufgrund der Ausgestaltung des Lastschrift­ver­fahrens nicht. Die Schuldnerbank kann ihre Aufwendungen, die durch die Lastschrif­t­rü­ckgabe mangels Deckung entstehen, im Inter­ban­ken­ver­hältnis bei der Gläubigerbank liquidieren, wobei es die Kredit­wirt­schaft in der Hand hat, insoweit kostendeckende Rücklast­schrif­tentgelte vorzusehen. Die Gläubigerbank kann ihre das Rücklast­schrif­tengelt umfassenden Aufwendungen dem Gläubiger in Rechnung stellen, der seinerseits, falls die Lastschrif­tein­reichung berechtigt war, den Schuldner auf Ersatz in Anspruch nehmen kann.

Hinweis zu den Vorinstanzen: LG Köln – 26 O 100/02 ./. OLG Köln – 13 U 192/02

Quelle: ra-online, BGH

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