Bundesgerichtshof Urteil04.06.2024
Verspätung des Ersatzfluges nach vorzeitiger Reisestornierung durch Reiseveranstalter begründet Anspruch auf Ausgleichszahlung gegen FluggesellschaftKeine Anwendung des Art. 3 Abs. 6 Satz 2 der Fluggastrechteverordnung
Wird nach einer vorzeitigen Stornierung der Reise durch den Reiseveranstalter ein Ersatzflug organisiert und kommt dieser verspätet am Zielflughafen an, so begründet dies Ausgleichsansprüche nach Art. 7 Abs. 1 der Fluggastrechteverordnung (VO). Die Vorschrift des Art. 3 Abs. 6 Satz 2 VO kommt nicht zur Anwendung. Dies hat der Bundesgerichtshof entschieden.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Anfang des Jahres 2022 musste eine Kreuzfahrt wegen der Corona-Erkrankung mehrerer Besatzungsmitglieder in Lissabon von der Reiseveranstalterin vorzeitig abgebrochen werden. Sie organisierte daraufhin für einige Reisende einen Rückflug von Lissabon zurück nach Frankfurt a.M. Da dieser Flug mit einer Verspätung von 24 Stunden ankam, klagte eine Reisende gegen die Fluggesellschaft auf Zahlung einer Ausgleichsleistung nach der Fluggastrechteverordnung.
Amtsgericht und Landgericht gaben Klage statt
Sowohl das Amtsgericht als auch das Landgericht Frankfurt a.M. gaben der Klage statt. Dagegen richtete sich die Revision der Beklagten. Sie meinte, die Fluggastrechteverordnung komme wegen Art. 3 Abs. 6 Satz 2 VO nicht zur Anwendung.
Bundesgerichtshof bejaht ebenfalls Anspruch auf Ausgleichszahlung
Der Bundesgerichtshof bestätigte die Entscheidungen der Vorinstanzen. Der Klägerin stehe gemäß Art. 7 Abs. 1 VO ein Anspruch auf Ausgleichszahlung zu. Die Anwendung der Fluggastrechteverordnung sei nicht nach Art. 3 Abs. 6 Satz 2 VO ausgeschlossen. Die Vorschrift regele den Fall, dass nicht nur ein Flug annulliert wird, sondern eine Pauschalreise, die diesen Flug als vertraglich geschuldete Leistung umfasst. In diesem Fall sei die Verordnung nur dann anwendbar, wenn die Flugannullierung den Grund für die Annullierung der Reise insgesamt bildet. Nicht anwendbar sei die Vorschrift dagegen, wenn die auf anderen Gründen beruhende Annullierung der Reise zugleich die Flugannullierung zur Folge hat. Für eine diesbezügliche Differenzierung sei kein Raum, wenn ein gebuchter Flug trotz Annullierung der Reise stattfinden soll und dieser Flug aus anderen Gründen annulliert wird oder mit Verspätung ankommt. So liege der Fall hier.
Verspätung des trotz Annullierung der Reise durchgeführten Fluges
Die Vorschrift des Art. 3 Abs. 6 Satz 2 VO sei hier deshalb nicht erfüllt, so der Bundesgerichtshof, weil die Klageansprüche nicht darauf gestützt werden, dass die Annullierung der Reise zugleich zur Annullierung des Fluges geführt hat, sondern darauf, dass es bei einem trotz Annullierung der Reise vorgesehenen und durchgeführten Flug zu einer Ankunftsverspätung gekommen ist.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 13.02.2025
Quelle: Bundesgerichtshof, ra-online (vt/rb)