21.11.2024
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Bundesgerichtshof Urteil25.06.2019

BGH zur Darlegungslast zu Unfall­verhütungs­vorschriften im ReiselandGericht präzisiert Notwendigkeit einer Beweisaufnahme über Sicherheits­vorschriften für Hotelzimmer im Reiseland

Der Bundes­ge­richtshof hat die Voraussetzungen präzisiert, unter denen ein Gericht dem Vortrag einer Partei zum Inhalt von ausländischen Sicherheits­vorschriften für Hotelzimmer nachgehen muss.

Der Kläger des zugrunde liegenden Streitfalls buchte bei der Beklagten für insgesamt sechs Personen eine einwöchige Pauschalreise nach Gran Canaria. Am Tag der Ankunft wollte der damals sieben Jahre alte Sohn der Lebensgefährtin des Klägers vom Hotelzimmer auf den Balkon laufen. Dabei prallte er gegen die Balkontür, die noch verschlossen war. Die Scheibe zerbrach und das Kind erlitt Schnittverletzungen.

Klage in den Vorinstanzen erfolglos

Das Landgericht wies die unter anderem auf Rückzahlung des Reisepreises, Ersatz materieller Schäden, Entschädigung wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit und Schmerzensgeld gerichtete Klage ab. Die Berufung des Klägers blieb ohne Erfolg.

Berufungs­gericht erklärte auf der Glastür angebrachte Markierungen für ausreichende Warnung

Der Bundes­ge­richtshof hob die zweitin­sta­nzliche Entscheidung auf und wies die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Berufungs­gericht zurück. Dieses wird im weiteren Prozessverlauf klären müssen, ob eine Balkontür aus nicht bruchsicherem Glas den für die Hotelanlage maßgeblichen örtlichen Bauvorschriften entsprach. Das Berufungs­gericht hat diese Frage als nicht entschei­dungs­er­heblich angesehen, weil es die auf der Glastür angebrachten Markierungen - eine kleine Krone und einen dunkelblauen Punkt - als ausreichend betrachtete, um einen Hotelgast vor den von der Tür ausgehenden Gefahren zu warnen.

Bei Bewertung der Gefahrenlage sind maßgebliche örtliche Bauvorschriften entscheidend Der Bundes­ge­richtshof hat diese Beurteilung nur für den Fall als zutreffend angesehen, dass die Tür den maßgeblichen örtlichen Bauvorschriften entsprach und damit den Sicher­heits­s­tandard bot, den ein Hotelgast erwarten durfte. Sollte die Tür diesem Standard nicht entsprochen haben, bestand hingegen eine besondere Gefährdungslage, in der eine einfache Markierung auf der Scheibe nicht ausreichte.

Vorwurf des Verstoßes gegen Bauvorschriften hinreichend konkret

Entgegen der Auffassung der Vorinstanz sah der Bundes­ge­richtshof den Vortrag des Klägers zu einem Verstoß gegen Bauvorschriften als hinreichend konkret an. Zwar ist es nicht Aufgabe eines Zivilgerichts, die Ursachen eines Unfalls von Amts wegen aufzuklären. Trägt ein Kläger einen hinreichend konkreten Sachverhalt vor, muss das Gericht aber den Inhalt der dafür maßgeblichen in- und ausländischen Vorschriften in eigener Zuständigkeit ermitteln.

Im Streitfall hat der Kläger vorgetragen, eine Glastür für einen Balkon müsse nach den einschlägigen Sicher­heits­be­stim­mungen so beschaffen sein, dass sie einem Anprall eines siebenjährigen Kindes nach kurzem Anlauf standhalte. Dieser Sachverhalt ist hinreichend konkret, um ihn einer rechtlichen Bewertung zuzuführen.

Die maßgeblichen Vorschriften lauten:

§ 651 c BGB Abhilfe [in der bis zum 30.6.2018 geltenden Fassung]

(1) Der Reiseveranstalter ist verpflichtet, die Reise so zu erbringen, dass sie die zugesicherten Eigenschaften hat und nicht mit Fehlern behaftet ist, die den Wert oder die Tauglichkeit zu den gewöhnlichen oder nach dem Vertrag vorausgesetzten Nutzen aufheben oder mindern.

[...]

§ 293 ZPO

Das in einem anderen Staate geltende Recht, die Gewohn­heits­rechte und Statuten bedürfen des Beweises nur insofern, als sie dem Gericht unbekannt sind. Bei Ermittlung dieser Rechtsnormen ist das Gericht auf die von den Parteien beigebrachten Nachweise nicht beschränkt; es ist befugt, auch andere Erkennt­nis­quellen zu benutzen und zum Zwecke einer solchen Benutzung das Erforderliche anzuordnen.

Quelle: Bundesgerichtshof/ra-online (pm/kg)

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