23.11.2024
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Urteil11.01.2005BundesgerichtshofX ZR 118/03
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • NJW 2005, 1047Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Jahrgang: 2005, Seite: 1047
  • RRa 2005, 57Zeitschrift: Reiserecht aktuell (RRa), Jahrgang: 2005, Seite: 57
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ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Urteil11.01.2005

Entschä­di­gungs­an­spruch des Reisenden gegen den Reise­ver­an­stalter bei Vereitelung der Reise durch Überbuchung

Der für das Reise­ver­tragsrecht zuständige X. Zivilsenat hatte über den Anspruch zweier Reisekunden zu entscheiden, die einen zweiwöchigen Urlaub auf einer bestimmten Malediven-Insel gebucht und bezahlt hatten, aber eine Woche vor Reisebeginn vom Reise­ver­an­stalter die Nachricht erhielten, daß das von ihnen gewählte Hotel überbucht sei.

Das von dem beklagten Reise­ver­an­stalter angebotene Ersatzquartier auf einer anderen Malediven-Insel nahmen die Kläger nicht an. Sie tragen vor, sie hätten ihren Urlaub zu Hause verbracht, was die Beklagte bestreitet. Der Reise­ver­an­stalter erstattete den Klägern den Reisepreis. Die Kläger verlangen mit ihrer Klage darüber hinaus eine Entschädigung in Höhe der Hälfte des Reisepreises. Sie stützen ihren Anspruch auf § 651 f Abs. 2 BGB. Diese Vorschrift besagt, daß dann, wenn die Reise vereitelt oder erheblich beeinträchtigt wird, der Reisende auch wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen kann.

Das Berufungs­gericht hatte der Klage stattgegeben. Der Senat hat die Revision des Reise­ver­an­stalters zurückgewiesen.

Der Senat hat bestätigt, daß der Reise­ver­an­stalter nicht berechtigt ist, den Reisenden ohne seine Zustimmung an einem anderen als dem gebuchten Urlaubsort unterzubringen. Ein vom Reise­ver­an­stalter angebotenes Ersatzquartier stellt deshalb keine Vertrags­er­füllung dar, sondern lediglich eine Leistung an Erfüllungs Statt, zu deren Annahme der Reisende rechtlich nicht verpflichtet ist (§ 364 Abs. 1 BGB). Bei Überbuchung des gewählten Urlaubsziels ist daher die Reise vereitelt, wenn der Kunde das Ersatzangebot ablehnt. Dem Kunden steht dann grundsätzlich ein Entschä­di­gungs­an­spruch nach § 651 f Abs. 2 BGB zu. Diesem Anspruch kann der Reise­ver­an­stalter nur ausnahmsweise den Einwand der unzulässigen Rechtsausübung (§ 242 BGB) entgegenhalten. Wenn das Ersatzangebot, gemessen an den subjektiven Urlaubswünschen des Kunden, der gebuchten Reise nicht gleichwertig ist, handelt der Kunde mit Ablehnung des Ersatzangebots und anschließender Entschä­di­gungs­for­derung jedenfalls nicht rechts­miß­bräuchlich. So lag es hier, weil die Kläger schnorcheln und tauchen wollten, die ersatzweise angebotene Insel aber kein Hausriff hatte.

Der Senat hat ferner klargestellt, daß mit der Vereitelung der Reise zugleich feststeht, daß der Kunde die Urlaubszeit nutzlos aufgewendet hat. Auch wenn ein erwerbstätiger Kunde während der geplanten Urlaubszeit seiner Berufsarbeit weiter nachgeht oder wenn der Kunde eine ihm nicht vom Reise­ver­an­stalter angebotene Ersatzreise durchführt, steht dies seinem Entschä­di­gungs­an­spruch nicht entgegen. Er braucht also nicht zu beweisen, daß er zuhause geblieben ist.

Hinsichtlich der Höhe der Entschädigung hat der Senat betont, daß dem Tatrichter ein weiter Gestal­tungs­spielraum zusteht, der vom Bundes­ge­richtshof nur in engen Grenzen nachgeprüft werden kann. Der Senat hat jedoch ausgeführt, daß § 651 f Abs. 2 BGB den Ersatz eines Nicht­ver­mö­gens­schadens (nutzlos aufgewendete Urlaubszeit) gewährt und deshalb das Einkommen des Reisenden kein zulässiger Maßstab ist, wohl aber der Reisepreis. Dabei kommt der volle Reisepreis als Entschädigung nur dann in Betracht, wenn der Reisende auf einer durchgeführten Reise so schwere Beein­träch­ti­gungen erlitten hat, daß er sich während seines Urlaubs überhaupt nicht erholen konnte. Für einen Kunden, der infolge Vereitelung seiner Reise zuhause bleibt, wo er abgesehen von seiner Enttäuschung keine Beein­träch­ti­gungen erfährt, ist die Entscheidung des Berufungs­ge­richts, die Entschädigung auf die Hälfte des Reisepreises zu beschränken, nicht zu beanstanden.

Hinweis auf Vorinstanzen:

AG Hannover - Az. 542 C 15431/02 ./. LG Hannover - 20 S 21/03

Quelle: ra-online, Bundesgerichtshof (pm)

der Leitsatz

§ 651 f Abs. 2 BGB

a) Kann der Reise­ver­an­stalter infolge einer Überbuchung den Kunden nicht an dem gebuchten Urlaubsort unterbringen und tritt der Kunde deshalb die Reise nicht an, so steht dem Kunden wegen Vereitelung der Reise ein Entschä­di­gungs­an­spruch nach § 651 f Abs. 2 BGB zu.

b) Wenn der Kunde ein Ersatzangebot des Reise­ver­an­stalters ablehnt, das, gemessen an den subjektiven Urlaubswünschen des Kunden, der gebuchten Reise nicht gleichwertig ist, kann der Veranstalter dem Entschä­di­gungs­an­spruch des Kunden nicht den Einwand der unzulässigen Rechtsausübung (§ 242 BGB) entgegenhalten.

c) Arbeitet ein erwerbstätiger Kunde während der Urlaubszeit weiter oder führt er eine ihm nicht vom Reise­ver­an­stalter angebotene Ersatzreise durch, so steht dies seinem Entschä­di­gungs­an­spruch nicht entgegen.

d) Für die Höhe der Entschädigung wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit darf das Arbeits­ein­kommen nicht zum Maßstab genommen werden, wohl aber der Reisepreis (Aufgabe von BGHZ 63, 101 ff.; 77, 120 f.).

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