21.11.2024
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Dokument-Nr. 146

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Bundesgerichtshof Urteil01.02.2005

Unwirksamkeit des Ausschlusses von Ersatz für abhanden gekommene Fahrscheine in den AGB eines Busrei­se­un­ter­nehmens

Auf die Unter­las­sungsklage eines Verbrau­cher­schutz­vereins hat der für das Werkver­tragsrecht zuständige X. Zivilsenat des Bundes­ge­richtshofs zwei Klauseln in den Allgemeinen Geschäfts­be­din­gungen des Betreibers eines internationalen Buslinien- und Busrei­se­verkehrs für unwirksam erklärt, mit denen das beklagte Unternehmen den Ersatz und die Fahrprei­s­er­stattung für abhanden gekommene Fahrscheine pauschal ausschließen wollte.

Die Beklagte, die zur Unter­neh­mens­gruppe Deutsche Bahn gehört, betreibt einen internationalen Buslinien- und Busreiseverkehr. Wenn ihre Kunden eine Reise buchen, wird ihnen ein Fahrscheinheft ausgestellt, das nummeriert ist und in dem der Reiseweg, die Reisetage und der Name des Fahrgastes angegeben sind. Nachträgliche Umbuchungen der Fahrstrecke und der Reisetage läßt die Beklagte zu. Bei Antritt der Reise kontrolliert der Busfahrer das Fahrscheinheft und vergleicht es mit einer ihm ausgehändigten Namensliste der Fahrgäste. Eine Identi­täts­prüfung der Fahrgäste nimmt der Fahrer nicht vor. Falls dem Kunden der Fahrschein abhanden gekommen ist, stellt die Beklagte ihm keinen Ersatz­fahr­schein aus und erstattet ihm auch nicht den gezahlten Fahrpreis. Sie beruft sich insoweit auf folgende in ihren Besonderen Beför­de­rungs­be­din­gungen enthaltene Klauseln:

"Für verlorene oder gestohlene Fahrausweise kann kein Ersatz gewährt werden." und

"Eine Erstattung für verloren gegangene oder gestohlene Fahrausweise erfolgt nicht."

Landgericht und Oberlan­des­gericht hatten die Klage abgewiesen.

Der Senat hat der Klage stattgegeben. Er hat entschieden, daß die streitigen Klauseln nach § 307 BGB wegen unangemessener Benachteiligung der Kunden unwirksam sind. Nach § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB ist eine unangemessene Benachteiligung im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, daß die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist. Durch die streitigen Klauseln werden die Hauptpflicht der Beklagten, die bezahlte Beför­de­rungs­leistung zu erbringen, und damit zugleich der Vertragszweck immer vereitelt, wenn dem Fahrgast der Fahrschein abhanden kommt. Die Beklagte, der die Widerlegung der gesetzlichen Vermutung der Unange­mes­senheit oblag, hat nicht dargelegt, daß eine so umfassende Regelung, die keine Unterschiede zwischen verschiedenen möglichen Fallkon­stel­la­tionen trifft, erforderlich ist, um ihre berechtigten Interessen zu wahren. Die Beklagte hat zwar ein berechtigtes Interesse daran, ihre Beför­de­rungs­leistung nicht doppelt zu erbringen. In allen Fällen, in denen vor Ausstellung des Ersatz­fahr­scheins keine Umbuchung des Origi­na­l­fahr­scheins erfolgt ist, kann sie aber die Gefahr einer Doppelleistung durch entsprechenden Vermerk auf der Namensliste, mit dem sie den Origi­na­l­fahr­schein für ungültig erklärt, leicht abwenden. Hierzu ist sie berechtigt, weil sich aus ihren Beför­de­rungs­be­din­gungen ergibt, daß allein die Vorlage des Fahrscheins sie nicht zur Leistung verpflichtet. Ihre allgemein gefaßten Ausschluß­klauseln schießen daher über das Ziel hinaus. Da eine Rückführung der Klauseln auf einen zulässigen Inhalt nicht zulässig ist, sind die Klauseln insgesamt unwirksam.

Hinweis auf Vorinstanzen:

LG Frankfurt am Main - 2/2 O 83/02 ./. OLG Frankfurt am Main- 1 U 91/03

Quelle: ra-online, Pressemitteilung 17/2005 des BGH vom 01.02.2005

der Leitsatz

BGB § 307 Abs. 2 Nr. 2 Bg, Cl

In den Beför­de­rungs­be­din­gungen eines Busrei­se­un­ter­nehmens, das den Namen des berechtigten Fahrgastes in den Fahrschein einträgt und dem Busfahrer eine Liste der Fahrgäste aushändigt, sind folgende Klauseln wegen unangemessener Benachteiligung des Vertrags­partners unwirksam:

1. Für verlorene oder gestohlene Fahrausweise kann kein Ersatz gewährt werden.

2. Eine Erstattung für verlo­ren­ge­gangene oder gestohlene Fahrausweise erfolgt nicht.

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