18.10.2024
18.10.2024  
Sie sehen einen Vertrag, der gerade unterzeichnet wird und davor die ilhouetten von zwei Personen.

Dokument-Nr. 9230

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Urteil17.02.2010BundesgerichtshofVIII ZR 67/09
Vorinstanzen:
  • Amtsgericht Düsseldorf, Urteil19.08.2008, 28 C 15536/07
  • Landgericht Düsseldorf, Urteil06.12.2009, 22 S 321/08
ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Urteil17.02.2010

BGH: Einseitig begünstigende Musterverträge bei Gebraucht­wa­genkauf zulässigBGH zur Anwendbarkeit der Vorschriften über Allgemeine Geschäfts­be­din­gungen beim Kauf unter Privatleuten

Vorschriften über Allgemeine Geschäfts­be­din­gungen (§§ 305 ff. BGB) sind im Falle eines Kaufs unter Privatleuten nicht anwendbar, wenn dem Geschäft ein Vertrags­formular von einer der Seiten zugrunde gelegt wird, das von Dritten stammt (hier von einer Versicherung als Serviceleistung angeboten wurde). Dies entschied der Bundes­ge­richtshof.

Die Beklagte verkaufte im Mai 2007 als Privatperson einen gebrauchten Volvo zum Preis von 4.600,- € an den Kläger. Die Beklagte hatte das Fahrzeug selbst zwei Jahre zuvor von einem Gebraucht­wa­gen­händler erworben. Als Vertrags­formular wurde ein Vordruck einer Versicherung verwendet, der als "Kaufvertrag Gebrauchtwagen - nur für den Verkauf zwischen Privatpersonen" gekennzeichnet ist. Die Parteien hatten zuvor telefonisch darüber gesprochen, wer ein Vertrags­formular mitbringen solle, und sich auf das der Beklagten bereits vorliegende Vertrags­formular der Versicherung geeinigt. Dieses Formular enthält folgende Klausel:

Erläuterungen
"Der Käufer hat das Fahrzeug überprüft und Probe gefahren. Die Rechte des Käufers bei Mängeln sind ausgeschlossen, es sei denn, der Verkäufer hat einen Mangel arglistig verschwiegen und/oder der Verkäufer hat eine Garantie für die Beschaffenheit des Vertrags­ge­gen­standes abgegeben, die den Mangel betrifft".

Käufer macht Kaufpreis­min­derung wegen Unfallschaden geltend

Mit der Behauptung, das Fahrzeug habe vor Übergabe an ihn einen erheblichen Unfallschaden gehabt, hat der Käufer eine Minderung des von ihm gezahlten Kaufpreises um 1.000,- € geltend gemacht und Klage erhoben. In den ersten beiden Instanzen ist die Klage abgewiesen worden.

Gewährleistung für Mängel wirksam ausgeschlossen

Die dagegen gerichtete Revision des Klägers hatte keinen Erfolg. Der Bundes­ge­richtshof hat entschieden, dass die Verkäuferin die Gewährleistung für Mängel des verkauften Fahrzeugs wirksam ausgeschlossen hat. Zwar hätte der unein­ge­schränkte Gewähr­leis­tungs­aus­schluss einer Prüfung am Maßstab des § 309 Nr. 7 BGB* nicht standgehalten, wenn es sich um eine Allgemeine Geschäfts­be­dingung gehandelt hätte. Das ist aber nicht der Fall, weil die Vertrags­be­dingung nicht im Sinne des § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB* von der Verkäuferin gestellt worden ist.

Parteien sich vorab auf Vertrags­formular geeinigt

In einem Bereitstellen vorformulierter Vertrags­be­din­gungen kommt die einseitige Ausnutzung der Vertrags­ge­stal­tungs­freiheit einer Vertragspartei zum Ausdruck. Daran fehlt es, wenn die Einbeziehung der Vertrags­be­din­gungen sich als das Ergebnis einer freien Entscheidung der anderen Vertragspartei darstellt. Dazu ist erforderlich, dass diese in der Auswahl der in Betracht kommenden Vertragstexte frei ist und Gelegenheit erhält, alternativ eigene Textvorschläge mit der effektiven Möglichkeit ihrer Durchsetzung in die Verhandlungen einzubringen. Diese Freiheit hat im entschiedenen Fall für den Käufer bestanden, weil die Parteien sich auf ein Vertrags­formular geeinigt hatten und der Käufer damit nach den Feststellungen des Landgerichts die Möglichkeit hatte, dem Vertragsschluss ein Vertrags­formular eigener Wahl zugrunde zu legen.

* § 305 BGB: Einbeziehung Allgemeiner Geschäfts­be­din­gungen in den Vertrag

Allgemeine Geschäfts­be­din­gungen sind alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertrags­be­din­gungen, die eine Vertragspartei (Verwender) der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrags stellt…

§ 309 BGB: Klauselverbote ohne Wertungs­mög­lichkeit

Auch soweit eine Abweichung von den gesetzlichen Vorschriften zulässig ist, ist in Allgemeinen Geschäfts­be­din­gungen unwirksam

7. (Haftungs­aus­schluss bei Verletzung von Leben, Körper, Gesundheit und bei grobem Verschulden)

a)

(Verletzung von Leben, Körper, Gesundheit)

ein Ausschluss oder eine Begrenzung der Haftung für Schäden aus der Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit, die auf einer fahrlässigen Pflicht­ver­letzung des Verwenders oder einer vorsätzlichen oder fahrlässigen Pflicht­ver­letzung eines gesetzlichen Vertreters oder Erfül­lungs­ge­hilfen des Verwenders beruhen;

b)

(Grobes Verschulden)

ein Ausschluss oder eine Begrenzung der Haftung für sonstige Schäden, die auf einer grob fahrlässigen Pflicht­ver­letzung des Verwenders oder auf einer vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Pflicht­ver­letzung eines gesetzlichen Vertreters oder Erfül­lungs­ge­hilfen des Verwenders beruhen;

Quelle: ra-online, BGH

der Leitsatz

BGB §§ 305, 310

a) Ein Stellen von Vertrags­be­din­gungen liegt nicht vor, wenn die Einbeziehung vorformulierter Vertrags­be­din­gungen in einen Vertrag auf einer freien Entscheidung desjenigen beruht, der vom anderen Vertragsteil mit dem Verwen­dungs­vor­schlag konfrontiert wird. Dazu ist es erforderlich, dass er in der Auswahl der in Betracht kommenden Vertragstexte frei ist und insbesondere Gelegenheit erhält, alternativ eigene Textvorschläge mit der effektiven Möglichkeit ihrer Durchsetzung in die Verhandlungen einzubringen.

b) Sind Vertrags­be­din­gungen bei einver­nehm­licher Verwendung eines bestimmten Formulartextes nicht im Sinne von § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB gestellt, finden die §§ 305 ff. BGB auf die Vertrags­be­ziehung keine Anwendung.

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