23.11.2024
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Dokument-Nr. 8826

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Urteil25.11.2009BundesgerichtshofVIII ZR 318/08
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • BGHZ 183, 235Sammlung: Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen (BGHZ), Band: 183, Seite: 235
  • JuS 2010, 442Zeitschrift: Juristische Schulung (JuS), Jahrgang: 2010, Seite: 442
  • JZ 2010, 313Zeitschrift: JuristenZeitung (JZ), Jahrgang: 2010, Seite: 313
  • K&R 2010, 113Zeitschrift: Kommunikation & Recht (K&R), Jahrgang: 2010, Seite: 113
  • MDR 2010, 309Zeitschrift: Monatsschrift für Deutsches Recht (MDR), Jahrgang: 2010, Seite: 309
  • MMR 2010, 174Zeitschrift: Multimedia und Recht (MMR), Jahrgang: 2010, Seite: 174
  • NJW 2010, 610Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Jahrgang: 2010, Seite: 610
  • NZV 2010, 140Neue Zeitschrift für Verkehrsrecht (NZV), Jahrgang: 2010, Seite: 140
  • VersR 2010, 1226Zeitschrift für Versicherungsrecht, Haftungs- und Schadensrecht (VersR), Jahrgang: 2010, Seite: 1226
  • VRS 118, 143Verkehrsrechts-Sammlung (VRS), Band: 118, Seite: 143
  • VuR 2010, 67Zeitschrift: Verbraucher und Recht (VuR), Jahrgang: 2010, Seite: 67
  • WM 2010, 190Wertpapier-Mitteilungen Zeitschrift für Wirtschafts- und Bankrecht (WM), Jahrgang: 2010, Seite: 190
  • ZIP 2010, 136Zeitschrift für Wirtschaftsrecht (ZIP), Jahrgang: 2010, Seite: 136
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Vorinstanzen:
  • Amtsgericht Leer, Urteil28.04.2008, 071 C 130/08 (I)
  • Landgericht Aurich, Urteil21.11.2008, 1 S 140/08 (138)
ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Urteil25.11.2009

BGH: Käufer eines im Fernabsatz erworbenen Radarwarngeräts kann Kaufpreis bei Widerruf des Vertrags zurückverlangenTrotz Sitten­wid­rigkeit hat der Käufer ein Widerrufsrecht nach den Regelungen über den Fernabsatz

Der unter anderem für das Kaufrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundes­ge­richtshofs hat entschieden, dass bei einem Fernab­satz­ge­schäft ein Widerrufsrecht des Verbrauchers auch dann besteht, wenn es einen Kaufvertrag über ein Radarwarngerät zum Gegenstand hat, der wegen Sitten­wid­rigkeit nichtig ist.

Nach einem telefonischen Werbegespräch vom 1. Mai 2007 bestellte die Klägerin am darauf folgenden Tag per Fax einen Pkw-Innenspiegel mit einer unter anderem für Deutschland codierten Radar­warn­funktion zum Preis von 1.129,31 € (brutto) zuzüglich Versandkosten. Der von Klägerin ausgefüllte Bestellschein enthält unter anderem den vorformulierten Hinweis:

"Ich wurde darüber belehrt, dass die Geräte verboten sind und die Gerichte den Kauf von Radar­warn­geräten zudem als sittenwidrig betrachten."

Die Lieferung des Gerätes erfolgte per Nachnahme am 9. Mai 2007.

Klägerin wollte das gekaufte Gerät zurückgeben

Die Klägerin sandte am 19. Mai 2007 das Gerät an die Beklagte zurück und bat um Erstattung des Kaufpreises. Die Beklagte verweigerte die Annahme des Gerätes und die Rückzahlung des Kaufpreises.

Verkäufer soll Kaufpreis zurückzahlen

Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin unter anderem die Verurteilung der Beklagten zur Rückzahlung des Kaufpreises zuzüglich 8,70 € Rücksen­dungs­kosten, insgesamt 1.138,01 €. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungs­gericht hat der Klage stattgegeben. Die vom Berufungs­gericht zugelassene Revision der Beklagten hatte keinen Erfolg.

BGH: Klägerin kann von ihrem Widerrufsrecht als Verbraucherin Gebrauch machen

Der Bundes­ge­richtshof hat entschieden, dass die Klägerin als Verbraucherin aufgrund des ausgeübten Widerrufs Anspruch auf Rückabwicklung des Kaufvertrags hat. Sie kann die Rückzahlung des Kaufpreises (§ 346 BGB) und Erstattung der Kosten für die Rücksendung des Gerätes verlangen (§ 357 Abs. 2 Satz 2 BGB).

BGH: Auch wenn der Kaufvertrag sittenwidrig ist, gelten die Regeln zum Fernabsatz

Zwar ist der Kaufvertrag über den Erwerb eines Radarwarngeräts nach der Rechtsprechung des Senats sittenwidrig und damit nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig, wenn der Kauf nach dem für beide Seiten erkennbaren Vertragszweck auf eine Verwendung des Radarwarngeräts im Geltungsbereich der deutschen Straßen­ver­kehrs­ordnung gerichtet ist (Senatsurteil vom 23. Februar 2005 - VIII ZR 129/04, NJW 2005, 1490 f.). Das Recht der Klägerin, sich von dem Fernabsatzvertrag zu lösen, wird davon jedoch nicht berührt. Ein Widerrufsrecht nach §§ 312d, 355 BGB* beim Fernab­satz­vertrag ist unabhängig davon gegeben, ob die Willen­s­er­klärung des Verbrauchers oder der Vertrag wirksam ist. Der Sinn des Widerrufsrechts beim Fernab­satz­vertrag besteht darin, dem Verbraucher ein an keine materiellen Voraussetzungen gebundenes, einfach auszuübendes Recht zur einseitigen Loslösung vom Vertrag in die Hand zu geben, das neben den allgemeinen Rechten besteht, die jedem zustehen, der einen Vertrag schließt.

BGH: Trotz Nichtigkeit des Vertrages darf sich der Verbraucher auf sein Widerrufsrecht berufen

Der Senat ist der Auffassung entge­gen­ge­treten, nach der sich der Verbraucher bei einer Nichtigkeit des Vertrages dann nicht auf sein Widerrufsrecht berufen könne, wenn er den die Vertrags­nich­tigkeit nach §§ 134, 138 BGB begründenden Umstand jedenfalls teilweise selbst zu vertreten habe. Ein Ausschluss des Widerrufsrechts wegen unzulässiger Rechtsausübung kann nur bei besonderer Schutz­be­dürf­tigkeit des Unternehmers in Betracht kommen. Daran fehlt es jedoch, wenn - wie im hier entschiedenen Fall - beiden Parteien ein Verstoß gegen die guten Sitten zur Last fällt.

Vorliegender Fall ist anders zu behandeln als der Fall der vom BGH 2005 entschieden wurde

Der vorliegenden Fall unterscheidet sich damit von demjenigen, der dem Urteil des Bundes­ge­richtshofs vom 23. Februar 2005 - VIII ZR 129/04, NJW 2005, 1490, zugrunde lag. Der dortige Käufer, der ein Widerrufsrecht nach § 312 d BGB nicht geltend gemacht hatte, konnte die Rückzahlung des Kaufpreises für ein Radarwarngerät nicht verlangen, weil der dort zu beurteilende Anspruch auf Herausgabe einer ungerecht­fer­tigten Bereicherung (§ 812 BGB) an der Kondiktionssperre des § 817 S. 2 BGB* scheiterte. Nach dieser Bestimmung ist die Rückforderung einer zur Erfüllung eines wegen Sittenwidrigkeit nichtigen Vertrages erbrachten Leistung ausgeschlossen, wenn beiden Parteien ein Sittenverstoß zur Last fällt. Für den dem Verbraucher im Falle des Widerrufs eines Fernab­satz­ge­schäfts zustehenden Kaufpreis­rü­ck­zah­lungs­an­spruch aus § 346 BGB gilt diese Kondik­ti­o­nssperre nicht.

Quelle: ra-online, Bundesgerichtshof

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