18.10.2024
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Dokument-Nr. 243

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Bundesgerichtshof Urteil23.02.2005

BGH: Ein Kaufvertrag über den Erwerb eines Radarwarngeräts ist sittenwidrigDer Käufer hat keine vertraglichen Gewähr­leis­tungs­ansprüche und kann sein Geld nicht zurückverlangen

Der unter anderem für das Kaufrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundes­ge­richtshofs hat entschieden, dass dem Käufer eines Radarwarngeräts kein Anspruch auf Rückabwicklung des wegen Sitten­wid­rigkeit nichtigen Kaufvertrages zusteht.

Die Klägerin erwarb von der Beklagten ein Radarwarngerät mit einer Basis-Codierung für Deutschland. Sie verlangte die Rückabwicklung des Kaufvertrages mit der Begründung, das Gerät funktioniere nicht; es habe an verschiedenen polizeilichen Radarmeßstellen im Bundesgebiet kein Warnsignal abgegeben. Das Amtsgericht hat die Beklagte zur Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Rückgabe des Radarwarngeräts verurteilt. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Mit ihrer vom Berufungs­gericht zugelassenen Revision hat die Klägerin die Wieder­her­stellung des erstin­sta­nz­lichen Urteils begehrt.

Der Bundes­ge­richtshof hat die Revision der Klägerin zurückgewiesen.

Der Vertrag über den Kauf des Radarwarngeräts war nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig, weil er gegen die guten Sitten verstieß. Der Kauf eines Radarwarngeräts, das aufgrund seiner Codierung zum Einsatz im deutschen Straßenverkehr bestimmt ist, dient der Begehung eines nach § 23 Abs. 1 b der Straßen­ver­kehrs­ordnung (StVO) verbotenen Verhaltens im Straßenverkehr, durch das Geschwin­dig­keits­kon­trollen unterlaufen und Geschwin­dig­keits­über­tre­tungen mit den damit verbundenen Gefahren für Leib und Leben Dritter begünstigt werden. Ein solches Rechtsgeschäft, das letztlich darauf gerichtet ist, die Sicherheit im Straßenverkehr zu beeinträchtigen, verstößt gegen die guten Sitten und ist deshalb von der Rechtsordnung nicht zu billigen (§ 138 Abs. 1 BGB). Zwar untersagt § 23 Abs. 1 b StVO nicht schon den Erwerb eines Radarwarngeräts, sondern erst dessen Betrieb oder betrie­bs­be­reites Mitführen im Kraftfahrzeug. Jedoch ist der Erwerb des Geräts eine unmittelbare Vorbe­rei­tungs­handlung für dessen Betrieb, wenn das Gerät für den Betrieb im deutschen Straßenverkehr erworben wird. Deshalb ist bereits ein solcher Erwerb rechtlich zu mißbilligen. Dies entspricht auch der nahezu einhelligen Auffassung in der Rechtsprechung der Instanzgerichte und im rechts­wis­sen­schaft­lichen Schrifttum.

Aufgrund der Unwirksamkeit des Kaufvertrages konnten vertragliche Gewähr­leis­tungs­ansprüche der Klägerin wegen der von ihr behaupteten Mängel des Radarwarngeräts nicht entstehen. Aber auch ein Anspruch auf Rückzahlung des zur Erfüllung des nichtigen Vertrages geleisteten Kaufpreises stand der Klägerin nicht zu. Nach § 817 Satz 2 BGB ist der Rückfor­de­rungs­an­spruch ausgeschlossen, wenn - wie im vorliegenden Fall - beiden Parteien ein Verstoß gegen die guten Sitten zur Last fällt. Der Ausschluß des Rückfor­de­rungs­an­spruchs trifft die Klägerin, wie der Bundes­ge­richtshof ausgeführt hat, auch unter Berück­sich­tigung des Umstandes, daß die Beklagte infolge der Anwendung des § 817 Satz 2 BGB aus dem sittenwidrigen Vertrieb von Radar­warn­geräten wirtschaftliche Vorteile zieht, nicht unbillig. Denn die Klägerin handelte ebenfalls sittenwidrig und steht dem verbotenen Verhalten noch näher als die Beklagte, weil sie das Radarwarngerät zu dem Zweck erwarb, es entgegen dem Verbot des § 23 Abs. 1 b StVO zu verwenden. Nach Auffassung des Bundes­ge­richtshofs verdienen beide Parteien im Hinblick auf das sittenwidrige Geschäft nicht den Schutz der Rechtsordnung. Es hat deshalb dabei zu bleiben, daß die in § 817 Satz 2 geregelte Rechts­schutz­ver­wei­gerung grundsätzlich die Vertragspartei trifft, die aus dem sittenwidrigen Geschäft Ansprüche herleitet.

Quelle: ra-online, Bundesgerichtshof

der Leitsatz

BGB § 138 Abs. 1 Ca, § 817 Satz 2

StVO § 23 Abs. 1 b

Ein Kaufvertrag über den Erwerb eines Radarwarngeräts ist sittenwidrig, wenn der Kauf nach dem für beide Parteien erkennbaren Vertragszweck auf eine Verwendung des Radarwarngeräts im Geltungsbereich der deutschen Straßen­ver­kehrs­ordnung gerichtet ist. Ein Anspruch auf Rückabwicklung eines solchen Vertrages steht dem Käufer nicht zu.

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