21.11.2024
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Dokument-Nr. 6967

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Urteil11.11.2008BundesgerichtshofVIII ZR 265/07
Vorinstanzen:
  • Amtsgericht Rheinbach, Urteil06.10.2006, 5 C 475/05
  • Landgericht Bonn, Urteil05.09.2007, 5 S 193/06
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Bundesgerichtshof Urteil11.11.2008

BGH: Autokäufer hat Anspruch auf Rückerstattung gezahlter Reparaturkosten bei nachträglicher Geltendmachung von Gewähr­leis­tungs­rechten

Der Bundes­ge­richtshof hatte über die Frage zu entscheiden, ob der Käufer eines gebrauchten Pkw Rückerstattung eines ihm vom Verkäufer in Rechnung gestellten Repara­tur­kos­ten­be­trages für die Behebung eines Getrie­be­s­chadens verlangen kann, wenn er nach Begleichung der Rechnung zu der Erkenntnis gelangt, dass der Verkäufer gewähr­leis­tungs­rechtlich zur kostenlosen Beseitigung des Getrie­be­s­chadens verpflichtet war.

Der Kläger erwarb Mitte April 2005 von der Beklagten, die einen Autohandel betreibt, einen gebrauchten Pkw Mercedes mit einer Laufleistung von rund 60.000 km. Nachdem der Kläger weitere 12.000 km mit dem Fahrzeug zurückgelegt hatte, trat Anfang Oktober 2005 ein Schaden am Automa­tik­ge­triebe auf, der von der Beklagten durch Austausch des Getriebes repariert wurde. Entsprechend den Bedingungen einer bei Vertragsschluss vereinbarten Gebraucht­wa­gen­ga­rantie stellte die Beklagte dem Kläger hierfür 30 % der Materialkosten in Rechnung. Der Kläger beglich die Rechnung über 1.071,38 €. Kurze Zeit später verlangte er die Rückzahlung des Betrages mit der Begründung, er habe in Verkennung der Rechtslage gezahlt; der Beklagten habe kein Anspruch auf Bezahlung der Rechnung zugestanden, weil sie den Getriebeschaden im Rahmen ihrer gesetzlichen Gewähr­leis­tungs­pflicht kostenlos hätte beseitigen müssen.

Landgericht Bonn wies die Klage ab

Das Amtsgericht hat der auf Rückzahlung des Rechnungs­be­trages gerichteten Klage stattgegeben. Das Berufungs­gericht hat Beweis darüber erhoben, ob die Ursache des Getrie­be­s­chadens schon bei Übergabe an den Kläger vorgelegen hat oder erst später eingetreten ist. Da sich dies nicht hatte klären lassen, hat es die Klage abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Revision des Klägers hatte Erfolg.

BGH: Autoverkäufer muss gezahlten Betrag nach Berei­che­rungsrecht an den Käufer zurückgeben

Der Bundes­ge­richtshof hat entschieden, dass die Beklagte dem Kläger den auf die Repara­tur­kos­ten­rechnung gezahlten Betrag nach Berei­che­rungsrecht zurückzuzahlen hat, weil die Beklagte für den eingetretenen Getriebeschaden zur Gewährleistung verpflichtet gewesen ist und deshalb die Kosten der Mangel­be­sei­tigung zu tragen hat. Da nach den Feststellungen des Berufungs­ge­richts die üblicherweise zu erwartende Fahrleistung eines derartigen Getriebes bei 259.000 km liegt, kam als Ursache des Getrie­be­s­chadens nur vorzeitiger übermäßiger Verschleiß in Frage, der im Gegensatz zu normalem Verschleiß einen Sachmangel darstellt. Zwar konnte, weil das schadhafte Getriebe nicht mehr auffindbar war, nicht geklärt werden, ob bereits bei Übergabe des Fahrzeugs an den Kläger die Anlage für einen vorzeitigen Verschleiß­schaden vorgelegen hat. Für diesen Fall greift jedoch bei einem Verbrauchsgüterkauf nach § 476 BGB zugunsten des Käufers die Vermutung ein, dass ein innerhalb von sechs Monaten nach Gefahrübergang zu Tage getretener Mangel bereits im Zeitpunkt des Gefahrübergangs vorhanden war.

Vermutung nach § 476 BGB zugunsten des Käufers

Anders als das Berufungs­gericht es gesehen hat, wird die zu einer Umkehr der Beweislast führende Vermutung des § 476 BGB auch nicht durch ein Tatsa­che­na­n­er­kenntnis des Klägers "überlagert". Allein in der vorbehaltlosen Begleichung der Rechnung kann ein solches Anerkenntnis nicht gesehen werden. Dies setzt vielmehr in der Regel eine Interessenlage voraus, die zur Abgabe eines Anerkenntnisses Anlass gibt. Dazu hätte es bestimmter Umstände bedurft, die darauf schließen lassen, dass der Kläger bei Rechnungs­be­gleichung die Ursachen des Getrie­be­s­chadens seinem Verant­wor­tungs­bereich zurechnete und aus diesem Grund die Rechnung begleichen wollte. Solche Umstände waren hier aber nicht feststellbar. Ebenso wenig konnte es dem Kläger als schuldhafte (fahrlässige) Beweis­ver­ei­telung angelastet werden, dass die genaue Schadensursache nicht mehr aufklärbar ist, nachdem die Beklagte den Vorgang nach Rechnungs­be­gleichung als erledigt angesehen und das bei ihr verbliebene schadhafte Getriebe beseitigt hat.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 207/08 des BGH vom 11.11.2008

der Leitsatz

BGB § 437 Nr. 1, § 439 Abs. 2, § 474 , § 476, § 781, § 812 Abs. 1 Satz 1, § 814

a) Die vorbehaltlose Bezahlung einer Rechnung rechtfertigt für sich genommen weder die Annahme eines dekla­ra­to­rischen noch eines "tatsächlichen" Anerkenntnisses der beglichenen Forderung (im Anschluss an BGH, Urteil vom 11. Januar 2007 - VII ZR 165/05, NJW-RR 2007, 530).

b) Die in § 476 BGB vorgesehene Beweis­la­st­umkehr findet bei allen Ansprüchen zwischen einem Verbraucher und einem Unternehmer Anwendung, bei denen es im Zusammenhang mit der Durchsetzung von Sachmän­gel­ge­währ­leis­tungs­rechten des Verbrauchers darauf ankommt, ob die verkaufte Sache bei Gefahrübergang mangelhaft war. Das gilt auch dann, wenn das Bestehen eines Mangels bei Gefahrübergang Vorfrage für andere Ansprüche ist.

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