21.11.2024
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Sie sehen eine Einbauküche in einer Wohnung.

Dokument-Nr. 23756

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Urteil25.01.2017BundesgerichtshofVIII ZR 249/15
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • NJW-Spezial 2017, 290Zeitschrift: NJW-Spezial, Jahrgang: 2017, Seite: 290
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Vorinstanzen:
  • Amtsgericht Schwetzingen, Urteil26.11.2014, 4 C 81/14
  • Landgericht Mannheim, Urteil14.10.2016, 4 S 142/14
ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Urteil25.01.2017

BGH zur den Voraussetzungen für Betriebs­kosten­nachforderungen des Vermieters einer Eigen­tums­wohnung bei verspäteter WEG-AbrechnungGründe für eine vom Vermieter nicht verschuldete Nachforderung nach Ablauf der Jahresfrist müssen konkret dargelegt werden

Der Bundes­ge­richtshof hatte sich mit der Frage zu befassen, ob der Vermieter einer Eigen­tums­wohnung, auch noch nach Ablauf der Jahresfrist des § 556 Abs. 3 Satz 2 BGB für die Abrechnung über die Betriebskosten eine Nachforderung geltend machen kann, wenn der WEG-Verwalter verspätet abgerechnet hat.

Die Beklagte des zugrunde liegenden Verfahrens war Mieterin einer in einer Wohnungs­ei­gen­tums­anlage gelegenen Wohnung des Klägers, für die sie neben der Nettomiete monatliche Betrie­bs­kos­ten­vor­aus­zah­lungen zu entrichten hatte. Der Mietvertrag enthielt eine handschriftliche Ergänzung, wonach die Betriebskosten jährlich nach Genehmigung der Abrechnung in der Eigen­tü­mer­ver­sammlung mit dem Mieter abgerechnet werden. Die Betriebskosten für die Jahre 2010 und 2011 rechnete der Kläger gegenüber der Beklagten erst mit Schreiben vom 7. Dezember 2013 ab, nachdem die Wohnungs­ei­gen­tü­mer­ge­mein­schaft kurz zuvor den Beschluss über die Jahres­a­b­rech­nungen der Wohnungs­ei­gentümer nach § 28 Abs. 5 WEG gefasst hatte.

Klage zur Geltendmachung von Nachforderungen in den Vorinstanzen erfolglos

Mit seiner Klage hat der Kläger für die jeweiligen Abrech­nungs­zeiträume Nachforderungen geltend gemacht. Die Klage ist in allen Instanzen ohne Erfolg geblieben. Mit seiner vom Berufungs­gericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.

Vermieter muss eigenes Unverschulden an verspäteter Abrechnung beweisen können

Der Bundes­ge­richtshof entschied, dass der Vermieter einer Eigentumswohnung grundsätzlich auch dann innerhalb der Jahresfrist des § 556 Abs. 3 Satz 2 BGB über die Betriebskosten abzurechnen hat, wenn der Beschluss der Wohnungs­ei­gentümer über die Jahres­a­b­rechnung noch nicht vorliegt. Nur wenn der Vermieter die Verspätung nach § 556 Abs. 3 Satz 2 Halbs. 2 BGB nicht zu vertreten hat, wofür er darlegungs- und beweisbelastet ist, kann er nach Ablauf der Frist noch eine Nachforderung geltend machen. Eine hiervon abweichende Vereinbarung ist gemäß § 556 Abs. 4 BGB unwirksam.

Mieter einer Eigen­tums­wohnung würde ohne fristgerechte Abrechnung gegenüber Mietern sonstiger Wohnung sachgrundlos benachteiligt

Nach § 556 Abs. 3 Satz 1 BGB ist über die Vorauszahlungen für Betriebskosten jährlich abzurechnen. Diese Abrech­nungs­pflicht ist nicht davon abhängig, dass dem Vermieter einer Eigen­tums­wohnung bereits der Beschluss über die Jahres­a­b­rechnung der Wohnungs­ei­gen­tums­ge­mein­schaft vorliegt, die regelmäßig als Grundlage für die Betriebskostenabrechnung gegenüber dem Mieter genutzt wird. Eine solche (ungeschriebene) Voraussetzung ist der Vorschrift nicht zu entnehmen, ergibt sich auch nicht aus den Geset­zes­ma­te­rialien oder der Geset­zes­sys­tematik und wäre insbesondere mit dem Zweck der Vorschrift, Abrech­nungs­si­cherheit für den Mieter und - durch eine zeitnahe Abrechnung der Betriebskosten - rasche Klarheit und Rechts­si­cherheit über die gegenseitigen Forderungen der Mietver­trags­parteien zu schaffen, nicht vereinbar. Zudem würde hierdurch der Mieter einer Eigen­tums­wohnung in einer aus Sachgründen nicht zu recht­fer­ti­genden Weise gegenüber dem Mieter einer sonstigen Wohnung benachteiligt, da er durch das zusätzliche Erfordernis eines Beschlusses der Wohnungs­ei­gentümer nach § 28 Abs. 5 WEG dem erhöhten Risiko ausgesetzt wäre, die Betrie­bs­kos­te­n­a­b­rechnung nicht innerhalb der gesetzlich vorgesehenen Jahresfrist zu erhalten.

Betriebskosten für vermietete Eigen­tums­wohnung sind unabhängig von WEG-Beschlüssen nach Grundsätzen des Wohnraum­miet­rechts zu beurteilen

Die Verpflichtung des einzelnen Wohnungs­ei­gen­tümers, die Lasten des gemein­schaft­lichen Eigentums sowie die Kosten der Instandhaltung, Instandsetzung, sonstigen Verwaltung und eines gemein­schaft­lichen Gebrauchs des gemein­schaft­lichen Eigentums nach dem Verhältnis seines Anteils zu tragen (§ 16 Abs. 2 WEG), entsteht zwar gegenüber den anderen Eigentümern im Innenverhältnis nicht bereits durch die Entstehung der Kosten und Lasten, sondern erst durch den Beschluss der Wohnungs­ei­gentümer gemäß § 28 Abs. 5 WEG. Dieser Beschluss entfaltet jedoch gegenüber einem Dritten, wie hier dem Mieter, keine Bindung. Die Frage des laufenden Entstehens und des Anfallens der Betriebskosten für die vermietete Eigen­tums­wohnung ist damit unabhängig hiervon nach den Grundsätzen des Wohnraum­miet­rechts und dem Inhalt des konkreten Mietver­hält­nisses zu beurteilen.

Vermieter hätte im Hinblick auf fehlerhafte Abrechnung der Hausverwaltung mehr Eigeninitiative zeigen müssen

Damit kann ein Vermieter einer Eigen­tums­wohnung, wenn die Hausverwaltung die WEG-Abrechnung verspätet erstellt hat, nach Ablauf der Jahresfrist nur dann noch eine Nachforderung geltend machen, wenn er die verspätete Abrechnung über die Vorauszahlungen nicht zu vertreten hat, was er konkret darzulegen hat. Hieran fehlte es. Zwar muss sich der Kläger ein Verschulden des (früheren) Verwalters der Wohnungs­ei­gen­tü­mer­ge­mein­schaft nicht zurechnen lassen, weil dieser, wie der Bundes­ge­richtshof nunmehr entschieden hat, grundsätzlich - und so auch hier - nicht Erfül­lungs­gehilfe des Vermieters der Eigen­tums­wohnung hinsichtlich der Erstellung der mietrechtlichen Betrie­bs­kos­te­n­a­b­rechnung ist. Der Kläger hat jedoch lediglich geltend gemacht, dass die bis zum 31. Dezember 2012 tätige Hausverwaltung die Wohngeld­a­b­rechnung der Hauseigentümer für die Jahre 2010 und 2011 nicht ordnungsgemäß erstellt habe und wegen dieser Versäumnisse von der Wohnungs­ei­gen­tü­mer­ge­mein­schaft zum 31. Dezember 2012 abberufen worden sei. Die neue, ab 1. Januar 2013 tätige Hausverwaltung sei mit Beschluss der Wohnungs­ei­gen­tü­mer­ge­mein­schaft vom 20. August 2013 zur Abrechnung der Wohngelder für die Jahre 2010 und 2011 beauftragt worden und habe diese im November 2013 fertiggestellt. Dies genügt nicht. Denn es fehlt jeder Vortrag dazu, was der Kläger selbst veranlasst hat, nachdem für ihn im Laufe des Jahres 2010 erkennbar wurde, dass die bisherige Hausverwaltung die Wohngeld­a­b­rechnung, die er als Grundlage für die von ihm selbst erstellte Betrie­bs­kos­te­n­a­b­rechnung benötigte, nicht rechtzeitig vorlegen würde oder die schließlich erstellte Abrechnung so fehlerhaft war, dass sie sich nicht als Grundlage für die Betrie­bs­kos­te­n­a­b­rechnung eignete.

§ 556 BGB Vereinbarungen über Betriebskosten

(1) [...]

[...]

(3) 1 Über die Vorauszahlungen für Betriebskosten ist jährlich abzurechnen; [...]. 2 Die Abrechnung ist dem Mieter spätestens bis zum Ablauf des zwölften Monats nach Ende des Abrech­nungs­zeitraums mitzuteilen. 3 Nach Ablauf dieser Frist ist die Geltendmachung einer Nachforderung durch den Vermieter ausgeschlossen, es sei denn, der Vermieter hat die verspätete Geltendmachung nicht zu vertreten.

§ 28 WEG Wirtschaftsplan, Rechnungslegung

(1) [...]

[...]

(3) Der Verwalter hat nach Ablauf des Kalenderjahres eine Abrechnung aufzustellen.

[...]

(5) Über den Wirtschaftsplan, die Abrechnung und die Rechnungslegung des Verwalters beschließen die Wohnungs­ei­gentümer durch Stimmenmehrheit

Quelle: Bundesgerichtshof/ra-online

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