Bundesgerichtshof Beschluss08.05.2015
BGH: Individualvertraglich vereinbarter dauerhafter Kündigungsausschluss in Wohnraummietverhältnissen zulässigAusnahme nur bei Sittenwidrigkeit der Vereinbarung
Wird ein dauerhafter Ausschluss des ordentlichen Kündigungsrechts nicht mittels einer AGB-Klausel, sondern individuell vertraglich vereinbart, so ist dies für Wohnraummietverhältnisse zulässig. Eine Ausnahme gilt nur, wenn die Vereinbarung sittenwidrig ist. Dies hat der Bundesgerichtshof entschieden.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Nach dem Kauf einer vermieteten Eigentumswohnung im Mai 2015 erklärte der nunmehr neue Vermieter gegenüber den Mietern der Wohnung mehrfach die Kündigung wegen Eigenbedarfs. Die Mieter hielten die Kündigungen für unwirksam. Sie verwiesen zur Begründung darauf, dass bei Abschluss des Mietvertrags im August 2013 mit der früheren Vermieterin ein dauerhafter Verzicht auf das Recht der ordentlichen Kündigung vereinbart wurde. Der neue Vermieter hielt dies für unzulässig und erhob Klage auf Räumung und Herausgabe der Wohnung.
Amtsgericht wies Klage ab, Landgericht gab ihr statt
Während das Amtsgericht Neuss die Klage abwies, gab ihr das Landgericht Düsseldorf statt. Seiner Ansicht nach sei eine Vereinbarung über einen dauerhaften Kündigungsausschluss unzulässig. Denn dadurch liege ein immerwährender Kündigungsausschluss vor, der auch sämtliche Rechtsnachfolge binde. Gegen diese Entscheidung legten die Mieter Nichtzulassungsbeschwerde ein.
Bundesgerichtshof verneint Räumungs- und Herausgabeanspruch
Der Bundesgerichtshof entschied zu Gunsten der Mieter und hob daher die Entscheidung des Landgerichts auf. Ein Anspruch auf Räumung und Herausgabe der Wohnung bestehe nicht. Die Kündigungen seien aufgrund des vereinbarten dauerhaften Kündigungsverzichts unwirksam.
Zulässiger individualvertraglich vereinbarter dauerhafter Kündigungsausschluss
Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs sei ein dauerhafter Ausschluss der ordentlichen Kündigung als Individualvereinbarung wirksam. Eine Grenze werde nur durch § 138 BGB gesetzt, etwa bei Ausnutzung einer Zwangslage einer Partei oder beim Vorliegen sonstiger Umstände, die der Vereinbarung das Gepräge eines sittenwidrigen Rechtsgeschäfts gebe. Zudem sei nach Ablauf von 30 Jahren in entsprechender Anwendung des § 544 BGB eine außerordentliche Kündigung mit gesetzlicher Frist möglich.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 08.08.2018
Quelle: Bundesgerichtshof, ra-online (vt/rb)