18.10.2024
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Sie sehen eine Einbauküche in einer Wohnung.

Dokument-Nr. 23109

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Urteil29.06.2016BundesgerichtshofVIII ZR 173/15
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • GE 2016, 1023Das Grundeigentum - Zeitschrift für die gesamte Grundstücks-, Haus- und Wohnungswirtschaft (GE), Jahrgang: 2016, Seite: 1023
Für Details Fundstelle bitte Anklicken!
Vorinstanzen:
  • Amtsgericht Hamburg-St. Georg, Urteil21.08.2014, 913 C 151/14
  • Landgericht Hamburg, Urteil17.07.2015, 311 S 88/14
ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Urteil29.06.2016

BGH: Unpünktliche Mietzahlungen durch Jobcenter können fristlose Kündigung des Mietver­hält­nisses rechtfertigenFristlose Kündigung erfordert nicht Verschulden des Mieters an Zahlungsverzug

Zahlt das Jobcenter unpünktlich die Miete an den Vermieter, so kann dies dem Mieter in der Regel nicht angelastet werden. Dennoch kann eine fristlose Kündigung wegen Zahlungsverzugs in Betracht kommen, da eine solche Kündigung kein Verschulden des Mieters voraussetzt. Dies hat der Bundes­ge­richtshof entschieden.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im März 2014 erhielt die Mieterin einer Wohnung nach erfolgloser Abmahnung eine fristlose Kündigung. Hintergrund der Kündigung war, dass das Jobcenter ihren Teil der Miete wiederholt unpünktlich an die Vermieterin zahlte. Die Mieterin zahlte wiederum ihren Mietanteil stets pünktlich. Sie wehrte sich daher gegen die Kündigung, so dass die Vermieterin Klage auf Räumung und Herausgabe der Wohnung erhob.

Amtsgericht gab Klage statt, Landgericht wies sie ab

Während das Amtsgericht Hamburg- St. Georg der Klage stattgab, wies sie das Landgericht Hamburg ab. Der Mieterin habe nicht gekündigt werden dürfen. Denn die verspäteten Mietzahlungen seien nicht durch die Mieterin, sondern durch das Jobcenter erfolgt. Dies könne der Mieterin nicht angelastet werden. Gegen diese Entscheidung legte die Vermieterin Revision ein.

Bundes­ge­richtshof hält Verschulden der Mieterin nicht für erforderlich

Der Bundes­ge­richtshof entschied zu Gunsten der Vermieterin und hob daher die Entscheidung des Landgerichts auf. Zwar könne das Verschulden des Jobcenters bezüglich der unpünktlichen Mietzahlungen dem Mieter nicht zugerechnet werden. Denn eine Behörde, die im Rahmen der Daseinsvorsorge staatliche Trans­fer­leis­tungen erbringe, werde nicht als Erfül­lungs­gehilfe des Mieters tätig, wenn sie für ihn die Miete an den Vermieter zahle. Ein Verschulden sei für eine fristlose Kündigung nach § 543 Abs. 1 Satz 2 BGB aber nicht zwingend erforderlich.

Fristlose Kündigung wegen Zahlungsverzugs trotz fehlenden Verschuldens

Die im Rahmen des § 543 Abs. 1 Satz 2 BGB erforderliche Gesamtabwägung könne auch unabhängig von einem Verschulden des Mieters an den unpünktlichen Zahlungen zu dessen Lasten ausfallen, so der Bundes­ge­richtshof. Dies könne zum Beispiel dann der Fall sein, wenn zahlreiche Verspätungen aufgetreten sind, diese jeweils einen erheblichen Zeitraum und erhebliche Beträge betreffen oder der Vermieter in besonderem Maße auf den pünktlichen Erhalt der Miete angewiesen ist. Nicht unberück­sichtigt dürfe weiterhin bleiben, dass unpünktliche Zahlungen einen unzumutbaren Verwal­tungs­aufwand für den Vermieter bedeuten können oder ob das Mietverhältnis abgesehen von den unpünktlichen Zahlungen bisher störungsfrei verlief.

Mögliches Verschulden des Mieters an unpünktlichen Mietzahlungen durch Jobcenter

Zudem könne es nach Ansicht des Bundes­ge­richtshofs sein, dass der Mieter die unpünktlichen Mietzahlungen des Jobcenters zu verschulden habe. Er müsse darlegen und gegebenenfalls beweisen, dass er die Leistung rechtzeitig und unter Vorlage der erforderlichen Unterlagen beantragt und bei etwaigen Zahlungs­säum­nissen der Behörde bei dieser auf eine pünktliche Zahlung gedrungen und insbesondere auf eine bereits erfolgte Abmahnung des Vermieters und die deshalb drohende Kündigung hingewiesen habe.

Quelle: Bundesgerichtshof, ra-online (vt/rb)

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