14.11.2024
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Sie sehen eine Einbauküche in einer Wohnung.

Dokument-Nr. 4904

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Urteil26.09.2007BundesgerichtshofVIII ZR 143/06
Vorinstanzen:
  • Amtsgericht Kiel, Urteil04.11.2005, 118 C 28/05
  • Landgericht Kiel, Urteil27.04.2007, 1 S 263/05
ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Urteil26.09.2007

Eine für den Mieter nicht hinreichend klare und verständliche Quote­n­ab­gel­tungs­klausel für Schön­heits­re­pa­raturen ist unwirksamBundes­ge­richtshof stärkt Mieterrechte

Der Bundes­ge­richtshof (BGH) hat entschieden, dass eine Quote­n­ab­gel­tungs­klausel, die die Beachtung des tatsächlichen bzw. zu erwartenden Renovie­rungs­bedarfs ermöglicht (Quote­n­ab­gel­tungs­klauseln mit "flexibler" Abgeltungsquote) im Einzelfall deshalb unwirksam sein kann, weil sie dem durch­schnitt­lichen Mieter nicht hinreichend klar und verständlich macht, wie die Abgeltungsquote konkret zu berechnen ist.

Der BGH hat seine Rechtsprechung zur Wirksamkeit von Formu­la­r­klauseln in einem Mietvertrag fortgeführt, die den Mieter bei Beendigung des Mietver­hält­nisses zur Zahlung eines vom Zeitablauf und von der Abnutzung der Wohnung abhängigen Anteils an den Kosten für noch nicht fällige Schönheitsreparaturen verpflichten (Quote­n­ab­gel­tungs­klauseln).

Durch Urteil vom 18. Oktober 2006 hat der Bundes­ge­richtshof entschieden, dass Abgel­tungs­klauseln wegen unangemessener Benachteilung des Mieters gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam sind, wenn sie ihn zur Zahlung der Kosten für noch nicht fällige Schön­heits­re­pa­raturen nach feststehenden Prozentsätzen auch dann verpflichten, wenn ein diesem Kostenanteil entsprechender Renovie­rungs­bedarf aufgrund des tatsächlichen Erschei­nungsbilds der Wohnung noch nicht gegeben ist (Quote­n­ab­gel­tungs­klauseln mit "starrer" Abgeltungsquote).

Nunmehr hat der Bundes­ge­richtshof entschieden, dass auch eine Quote­n­ab­gel­tungs­klausel, die die Beachtung des tatsächlichen bzw. zu erwartenden Renovie­rungs­bedarfs ermöglicht (Quote­n­ab­gel­tungs­klauseln mit "flexibler" Abgeltungsquote) im Einzelfall deshalb unwirksam sein kann, weil sie dem durch­schnitt­lichen Mieter nicht hinreichend klar und verständlich macht, wie die Abgeltungsquote konkret zu berechnen ist, und damit gegen das in § 307 Abs. 1 Satz 1 und 2 BGB normierte Transparenzgebot verstößt.

Dem Urteil lag im Wesentlichen folgender Sachverhalt zugrunde: Die Kläger waren von Mitte Mai 2001 bis Ende März 2004 Mieter einer Wohnung des Beklagten, die er ihnen renoviert übergeben hatte. Nach dem Mietvertrag waren die Kläger verpflichtet, Schön­heits­re­pa­raturen während der Mietzeit regelmäßig nach Ablauf näher bestimmter, nach Nutzungsart der Räume gestaffelter Fristen von drei, fünf bzw. sieben Jahren auszuführen (§ 16 Nr. 2 des Vertrags). Davon konnte abgewichen werden, wenn der Zustand der Räume eine Einhaltung der Frist nicht erfordert (§ 16 Nr. 4). Die streit­ge­gen­ständliche Quote­n­ab­gel­tungs­klausel (§ 16 Nr. 7) lautete:

"Sind bei Beendigung des Mietvertrags die Schön­heits­re­pa­raturen entsprechend Ziff. 2-4 nicht fällig, so zahlt der Mieter an den Vermieter einen Kostenersatz für die seit der letzten Durchführung der Schön­heits­re­pa­raturen erfolgte Abwohnzeit im Fristenzeitraum gemäß Ziff. 2 bis 4, sofern nicht der Mieter die Schön­heits­re­pa­raturen durchführt oder sich nicht der unmittelbar folgende Nachmieter zur Durchführung von Schön­heits­re­pa­raturen bereiterklärt oder die Kosten hierfür übernimmt.

Die Höhe dieses Kostenersatzes wird anhand eines Kosten­vor­an­schlages eines von den Vertrags­parteien ausgewählten Fachbetriebes des Malerhandwerks über die üblicherweise bei der Renovierung der Mieträume anfallenden Schön­heits­re­pa­raturen ermittelt. Sie entspricht dem Verhältnis der in Ziff. 2 bis 4 festgesetzten Fristen für die Durchführung der Schön­heits­re­pa­raturen und der Wohndauer seit den zuletzt durchgeführten Schön­heits­re­pa­raturen."

Mit ihrer Klage haben die Kläger Auszahlung ihres Kauti­o­ns­gut­habens verlangt. Gestützt auf den Kosten­vor­an­schlag eines Malerbetriebs hat der Beklagte die Aufrechnung mit einem von ihm geltend gemachten Gegenanspruch auf der Grundlage der Quote­n­ab­gel­tungs­klausel für das Lackieren von Fenstern, Fensterbänken, Fußleisten und Türen erklärt. Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung des Beklagten hatte keinen Erfolg.

Der Bundes­ge­richtshof hat die vom Berufungs­gericht zugelassene Revision des Beklagten zurückgewiesen.

1. Allerdings lässt die Quote­n­ab­gel­tungs­klausel in § 16 Nr. 7 des Mietvertrags eine Auslegung zu, bei der ihr sachlicher Regelungsgehalt nach § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB nicht zu beanstanden ist, wenn die Wohnung wie in dem zu entscheidenden Fall dem Mieter vom Vermieter renoviert übergeben worden ist. Ob oder mit welchem Inhalt Quote­n­ab­gel­tungs­klauseln auch bei unrenoviert oder renovie­rungs­be­dürftig überlassenen Wohnungen zulässig sind, hat der Bundes­ge­richtshof offen gelassen.

§ 16 Nr. 7 des Mietvertrags ermöglicht bei der Berechnung der Abgeltungsquote die zur Vermeidung einer unangemessenen Benachteiligung des Mieters gebotene Berück­sich­tigung des tatsächlichen Erhal­tungs­zu­stands der Wohnung. Denn sie knüpft ausdrücklich an die in § 16 Nr. 2 bis 4 geregelten Fristen für die Durchführung der Schön­heits­re­pa­raturen an und erklärt für die Abgeltungsquote das Verhältnis dieser Fristen zu der Wohndauer seit den zuletzt durchgeführten Schön­heits­re­pa­raturen für maßgeblich. Versteht man die Quote­n­ab­gel­tungs­klausel dahin, dass die bisherige Wohndauer ins Verhältnis zu setzen ist zu der Zeit, nach der bei Fortdauer des Mietver­hält­nisses voraussichtlich eine Renovierung erforderlich sein würde, sind die Interessen des betreffenden Mieters gewahrt.

Endet das Mietverhältnis zum Beispiel nach vier Jahren, hat aber der Mieter die Wohnung nicht stärker abgenutzt, als es nach zwei Jahren zu erwarten wäre, besteht – ausgehend von einem üblichen Renovie­rungs­in­tervall von fünf Jahren für Wohnräume – Renovie­rungs­bedarf voraussichtlich erst nach insgesamt zehn Jahren. Werden dem Mieter in diesem Fall 4/10 der Renovie­rungs­kosten auferlegt, hat er nicht mehr zu leisten, als es dem Grad seiner Abnutzung entspricht (tatsächliche Wohndauer/voraus­sicht­licher Renovie­rungs­bedarf). Dasselbe Ergebnis kann auf einfachere Weise dadurch erzielt werden, dass bei der Berechnung der Quote zwar die Regelfrist zugrunde gelegt wird, dazu aber nicht die tatsächliche Wohndauer, sondern die der Abnutzung entsprechende (fiktive) Wohndauer ins Verhältnis gesetzt wird. In dem hier gebildeten Beispiel beträgt die der Abnutzung entsprechende Wohndauer zwei Jahre. Bei einer Regelfrist von fünf Jahren folgt daraus eine identische Betei­li­gungsquote von 2/5 (fiktive Wohndauer/Regelfrist).

2. Die vom Beklagten verwendete Quote­n­ab­gel­tungs­klausel benachteiligt die Kläger aber deshalb unangemessen, weil dem durch­schnitt­lichen Mieter nicht hinreichend klar und verständlich wird, wie die Abgeltungsquote konkret zu berechnen ist. Die Klausel verstößt deshalb gegen das in § 307 Abs. 1 Satz 1 und 2 BGB normierte Trans­pa­renzgebot. Dieses schließt das Bestimmt­heitsgebot ein, dem eine Formu­l­a­r­be­stimmung nur dann genügt, wenn sie im Rahmen des rechtlich und tatsächlich Zumutbaren die Rechte und Pflichten des Vertrags­partners des Klausel­ver­wenders so klar und präzise wie möglich umschreibt. Dem wird die hier zu beurteilende Quote­n­ab­gel­tungs­klausel nicht gerecht.

Einem nicht juristisch gebildeten Vertragspartner erschließt sich schon nicht ohne Weiteres, dass die Maßgeblichkeit der "Abwohnzeit im Fristenzeitraum gemäß Ziffern 2 bis 4" dem Mieter auch bei der Berechnung der Quote den Einwand offen halten soll, er habe die Wohnung nur unter­durch­schnittlich genutzt.

Vor allem aber bleibt zweifelhaft, wie der Fristenzeitraum gemäß Ziffer 2 bis 4 zu bestimmen ist. Da die Anwendbarkeit der Quote­n­ab­gel­tungs­klausel voraussetzt, dass die Schön­heits­re­pa­raturen noch nicht fällig sind, kann es nur auf den Zeitraum ankommen, nach dem eine Renovierung in Zukunft voraussichtlich erforderlich sein wird. Es liegt nahe, diesen Zeitraum in der Weise zu bestimmen, dass das Wohnverhalten des bisherigen Mieters hypothetisch fortgeschrieben und festgestellt wird, wann bei einer Fortdauer des Mietver­hält­nisses Renovie­rungs­bedarf zu erwarten wäre. Im oben gebildeten Beispielsfall führt dies zu einer Betei­li­gungsquote des Mieters von 4/10 (2/5).

Der Wortlaut der Klausel ermöglicht im Beispielsfall dem Vermieter aber auch eine unangemessene Kosten­be­tei­ligung des Mieters in Höhe von 4/7. Der Fristenzeitraum gemäß § 16 Nr. 2 bis 4 kann bei der Berechnung der Quote nämlich auch in der Weise bestimmt werden, dass zu der tatsächlichen Wohndauer des Mieters derjenige Zeitraum addiert wird, der sich ergibt, wenn man von der Regelfrist für die Renovierung die der Abnutzung durch den Mieter entsprechende fiktive Mietdauer abzieht. Im Beispielsfall beträgt die Regelfrist des Renovie­rungs­in­tervalls fünf Jahre. Hat der Mieter davon nach dem Abnutzungsgrad der Wohnung zwei Jahre abgewohnt, verbleibt eine Restlaufzeit von drei Jahren. Damit ergäbe sich ein Renovie­rungs­in­tervall von sieben Jahren, wenn zur vierjährigen Mietzeit lediglich diese drei Jahre hinzugerechnet werden. Bei einer sich hieraus ergebenden Betei­li­gungsquote von 4/7 müsste der Mieter mehr als die Hälfte der Renovie­rungs­kosten tragen, obwohl er durch sein Wohnverhalten tatsächlich nur 2/5 des Renovie­rungs­aufwands verursacht hat.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 137/07 des BGH vom 26.09.2007

der Leitsatz

BGB § 307 Abs. 1 Satz 1 und 2 Bb, § 535 Abs. 1 Satz 2

In einem Mietvertrag über eine vom Vermieter renoviert überlassene Wohnung ist eine Formularklausel, die den Mieter bei Beendigung des Mietver­hält­nisses zur Zahlung eines Anteils an den Kosten für von ihm vorzunehmende, aber noch nicht fällige Schön­heits­re­pa­raturen verpflichtet, in ihrem sachlichen Regelungsgehalt nicht zu beanstanden, wenn sie eine Berück­sich­tigung des tatsächlichen Erhal­tungs­zu­stands der Wohnung in der Weise ermöglicht, dass für die Berechnung der Quote das Verhältnis zwischen der Mietdauer seit Durchführung der letzten Schön­heits­re­pa­raturen und dem Zeitraum nach Durchführung der letzten Schön­heits­re­pa­raturen maßgeblich ist, nach dem bei einer hypothetischen Fortsetzung des Mietver­hält­nisses aufgrund des Wohnverhaltens des Mieters voraussichtlich Renovie­rungs­bedarf bestünde. Eine solche Klausel verstößt jedoch gegen das Trans­pa­renzgebot und ist deshalb we-gen unangemessener Benachteiligung des Mieters unwirksam, wenn ihr Wortlaut für den Mieter nicht eindeutig erkennen lässt, dass die Abgeltungsquote in dieser Art und Weise zu berechnen ist, sondern dem Vermieter die Möglichkeit gibt, den Mieter aufgrund einer anderen Berech­nungsweise, die ebenfalls vom Wortlaut der Klausel gedeckt ist, auf eine unangemessen hohe Quote in Anspruch zu nehmen.

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