18.10.2024
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Sie sehen eine Einbauküche in einer Wohnung.

Dokument-Nr. 13781

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Urteil11.07.2012BundesgerichtshofVIII ZR 138/11
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • GE 2012, 1161Das Grundeigentum - Zeitschrift für die gesamte Grundstücks-, Haus- und Wohnungswirtschaft (GE), Jahrgang: 2012, Seite: 1161
  • GuT 2012, 359Zeitschrift: Gewerbemiete und Teileigentum (GuT), Jahrgang: 2012, Seite: 359
  • IMR 2012, 362Zeitschrift: Immobilien- und Mietrecht (IMR), Jahrgang: 2012, Seite: 362
  • INFO M 2012, 315Zeitschrift: INFO M - One-page-Fachinformationen für Immobilienrecht (INFO M), Jahrgang: 2012, Seite: 315
  • MDR 2012, 1084Zeitschrift: Monatsschrift für Deutsches Recht (MDR), Jahrgang: 2012, Seite: 1084
  • MietRB 2012, 285Zeitschrift: Der Miet-Rechts-Berater (MietRB), Jahrgang: 2012, Seite: 285
  • NJW 2012, 2882Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Jahrgang: 2012, Seite: 2882
  • NJW-Spezial 2012, 641Zeitschrift: NJW-Spezial, Jahrgang: 2012, Seite: 641
  • NZM 2012, 637Neue Zeitschrift für Miet- und Wohnungsrecht (NZM), Jahrgang: 2012, Seite: 637
  • WuM 2012, 499Zeitschrift: Wohnungswirtschaft und Mietrecht (WuM), Jahrgang: 2012, Seite: 499
  • ZMR 2013, 177Zeitschrift für Miet- und Raumrecht (ZMR), Jahrgang: 2013, Seite: 177
Für Details Fundstelle bitte Anklicken!
Vorinstanzen:
  • Amtsgericht Freising, Urteil27.05.2010, 7 C 848/09
  • Landgericht Landshut, Urteil23.03.2011, 13 S 1954/10
ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Urteil11.07.2012

Mietern kann auch bei Irrtum über Ursache für Mietmangel und Mietminderung fristlos wegen Mietrückstands gekündigt werdenBundes­ge­richtshof zum Verschulden des Mieters bei Nichtzahlung der Miete

Der Bundes­ge­richtshof hat entschieden, dass einem Mieter auch dann fristlos wegen eines Mietrückstands gekündigt werden kann, wenn er die Miete aufgrund eines Irrtums über die Ursache eines Mangels nicht entrichtet.

Die Beklagten des zugrunde liegenden Streitfalls sind Mieter eines Einfa­mi­li­en­hauses der Kläger. Im Dezember 2008 teilten sie den Klägern mit, dass sich im Haus aufgrund baulicher Mängel Schimmel und Kondenswasser bilden würden. Anlässlich eines Ortstermins im Dezember 2008 brachten die Kläger gegenüber den Beklagten zum Ausdruck, dass ihrer Ansicht nach das Heiz- und Lüftungs­ver­halten der Beklagten dafür verantwortlich sei. Die Beklagten minderten die vertraglich vereinbarte Bruttomiete in Höhe von 1.550 Euro pro Monat für die Monate März 2009 bis Juni 2010 um jeweils 310 Euro (20 %). Die Kläger kündigten das Mietverhältnis mit Schriftsatz vom 7. Januar 2010 wegen des bis dahin aufgelaufenen Mietrückstands in Höhe von 3.410 Euro fristlos.

Amtsgericht verneint Zulässigkeit der Mietminderung

Mit ihrer Klage haben die Kläger Zahlung des bis Januar 2010 aufgelaufenen Mietrückstands nebst Zinsen sowie die Räumung des Hauses verlangt. Das Amtsgericht hat nach Einholung eines Sachver­stän­di­gen­gut­achtens mit Urteil vom 27. Mai 2010 einen zur Minderung berechtigenden Mangel verneint und der Klage in vollem Umfang stattgegeben.

Mieter gleichen aufgelaufenen Mietrückstand aus

Die Beklagten glichen daraufhin im Juni 2010 den für die Monate Februar 2010 bis Mai 2010 aufgelaufenen Mietrückstand aus und zahlten ab Juli 2010 unter Vorbehalt wieder die volle Miete. Während des Berufungs­ver­fahrens glichen die Beklagten im Februar 2011 den zu diesem Zeitpunkt noch offenen Mietrückstand vollständig aus.

Berufungs­gericht verurteilt Mieter zur Zahlung von Zinsen, weist Klage auf Räumung jedoch ab

Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungs­gericht die Beklagten - nachdem die Parteien den Rechtsstreit in der Hauptsache in Höhe von 3.410 Euro übereinstimmend für erledigt erklärt hatten - zur Zahlung von Zinsen verurteilt und die Klage hinsichtlich der Räumung abgewiesen. Bei der Begründung hat es darauf abgestellt, dass die Beklagten kein Verschulden an der Nichtzahlung der Miete treffe und sie sämtliche Rückstände im Februar 2011 ausgeglichen hätten.

BGH: Zahlungsverzug kann nicht wegen fehlenden Verschuldens der Mieter verneint werden

Die vom Bundes­ge­richtshof zugelassene Revision der Kläger hatte Erfolg. Der Bundes­ge­richtshof entschied, dass auch im Rahmen des § 543 Abs. 2 BGB** der Mieter die Nichtzahlung der Miete zu vertreten hat, wenn ihm Vorsatz oder Fahrlässigkeit zur Last fällt. Das ist der allgemeine Sorgfalts­maßstab des § 276 Abs. 1 Satz 1 BGB.* Für eine mildere Haftung und damit eine Privilegierung des Mieters besteht auch in den Fällen kein Anlass, in denen der Mieter die Ursache eines Mangels, hier der Schim­mel­pilz­bildung, fehlerhaft einschätzt. Der Mieter kann bei Zweifeln die Miete unter Vorbehalt zahlen, so dass ihm die Möglichkeit bleibt, eine gerichtliche Klärung seiner Rechte herbeizuführen, ohne dem Risiko einer fristlosen Kündigung ausgesetzt zu sein. Im vorliegenden Fall kann der Zahlungsverzug nicht wegen fehlenden Verschuldens der Beklagten verneint werden. Den Beklagten musste sich die Vermutung aufdrängen, dass das Vorhandensein von zwei Aquarien sowie eines Terrariums mit Schlangen eine die Schimmelbildung begünstigende höhere Luftfeuch­tigkeit in der gemieteten Wohnung bedingte und somit an das Lüftungs­ver­halten entsprechend höhere Anforderungen zu stellen waren.

Mieter zur Räumung der Wohnung verpflichtet

Die Mietrückstände wurden erst im Februar 2011 vollständig ausgeglichen. Da diese Zahlung nicht mehr innerhalb der Schonfrist des § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB*** erfolgte, ließ sie die Wirksamkeit der Kündigung vom 7. Januar 2010 unberührt, so dass die Beklagten zur Räumung verpflichtet sind.

*§ 276 BGB Verant­wort­lichkeit des Schuldners

Erläuterungen
(1) Der Schuldner hat Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten, wenn eine strengere oder mildere Haftung weder bestimmt noch aus dem sonstigen Inhalt des Schuld­ver­hält­nisses, insbesondere aus der Übernahme einer Garantie oder eines Beschaf­fungs­risikos zu entnehmen ist. …

(2) Fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt.

[…]

** § 543 BGB Außer­or­dentliche fristlose Kündigung aus wichtigem Grund

(1) Jede Vertragspartei kann das Mietverhältnis aus wichtigem Grund außerordentlich fristlos kündigen. …

(2) Ein wichtiger Grund liegt insbesondere vor, wenn

[…]

3.der Mieter

[…]

b) in einem Zeitraum, der sich über mehr als zwei Termine erstreckt, mit der Entrichtung der Miete in Höhe eines Betrages in Verzug ist, der die Miete für zwei Monate erreicht.

[…]

***§ 569 BGB Außer­or­dentliche fristlose Kündigung aus wichtigem Grund

[…]

(3) Ergänzend zu § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 gilt:

[…]

2. Die Kündigung wird auch dann unwirksam, wenn der Vermieter spätestens bis zum Ablauf von zwei Monaten nach Eintritt der Rechts­hän­gigkeit des Räumungs­an­spruchs hinsichtlich der fälligen Miete und der fälligen Entschädigung nach § 546 a Abs. 1 befriedigt wird oder sich eine öffentliche Stelle zur Befriedigung verpflichtet. ….

Quelle: Bundesgerichtshof/ra-online

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