15.11.2024
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Sie sehen eine Einbauküche in einer Wohnung.

Dokument-Nr. 3238

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Urteil25.10.2006BundesgerichtshofVIII ZR 102/06
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • GE 2007, 46Das Grundeigentum - Zeitschrift für die gesamte Grundstücks-, Haus- und Wohnungswirtschaft (GE), Jahrgang: 2007, Seite: 46
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Bundesgerichtshof Urteil25.10.2006

Kündigung nach unsorgfältiger Beratung durch den Mieter­schutz­vereinMieter muss sich falsche Beratung des Mieter­schutz­vereins zurechnen lassen

Vermieter können das Mietverhältnis ordentlich kündigen, wenn der Mieter unberechtigt Betrie­bs­kos­ten­vor­aus­zah­lungen in Höhe von insgesamt mehr als zwei Monatsmieten einbehalten hat und dies auf dem Verschulden eines Mieter­schutz­vereins beruht, der den Mieter insoweit fahrlässig falsch beraten hat. Das hat der Bundes­ge­richtshof entschieden.

Die Beklagten, Mieter einer (nicht preisgebundenen) Wohnung der Klägerin, leisteten für die Zeit von Frühjahr 2004 bis Anfang 2005 keine Vorauszahlungen auf die Betriebskosten, obwohl diese nach dem Mietvertrag monatlich geschuldet waren. Der Einbehalt geschah auf Empfehlung des örtlichen Mieter­schutz­vereins, der den Beklagten dazu geraten hatte, weil die Vermieterin trotz Aufforderung keine Fotokopien der Rechnungsbelege zu Betrie­bs­kos­te­n­a­b­rech­nungen für vergangene Jahre übersandt hatte. In der Rechtsprechung wurde zu dieser Zeit noch unterschiedlich beurteilt, ob der Mieter preisfreien Wohnraums einen Anspruch gegen den Vermieter auf Überlassung von Fotokopien der Abrech­nungs­belege zur Betriebskostenabrechnung hat. Nachdem die rückständigen Zahlungen die Summe von zwei Monatsmieten überschritten hatten, erklärte die Klägerin die (fristgemäße) Kündigung des Mietver­hält­nisses. Mit der Klage hat sie Räumung und Herausgabe der Wohnung verlangt. Das Amtsgericht hat der Räumungsklage stattgegeben; auf die Berufung der Beklagten hat das Landgericht die Klage abgewiesen.

Der Bundes­ge­richtshof hat auf die vom Landgericht zugelassene Revision der Klägerin das Berufungsurteil aufgehoben und das Urteil des Amtsgerichts wieder­her­ge­stellt. Die Räumungsklage ist - wie der Bundes­ge­richtshof in dem heute verkündeten Urteil ausgeführt hat – begründet. Die Klägerin hat ein berechtigtes Interesse an der Kündigung, weil die Beklagten ihre vertraglichen Verpflichtungen schuldhaft nicht unerheblich verletzt haben (§ 573 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB).

Der unberechtigte Einbehalt eines Betrags in Höhe von mehr als zwei Monatsmieten stellt eine nicht unerhebliche Vertrags­ver­letzung dar. Die Beklagten waren nicht berechtigt, die laufenden Betrie­bs­kos­ten­vor­aus­zah­lungen deshalb zurück­zu­be­halten, weil die Klägerin ihnen keine Belege zu den Betrie­bs­kos­te­n­a­b­rech­nungen für vergangene Jahre übersandt hat. Wie der Bundes­ge­richtshof durch Urteil vom 8. März 2006 (VIII ZR 78/05) entschieden hat, steht dem Mieter preisfreien Wohnraums grundsätzlich kein Anspruch gegen den Vermieter auf Überlassung von Fotokopien der Abrech­nungs­belege zur Betrie­bs­kos­te­n­a­b­rechnung zu.

Die Beklagten trifft zwar kein eigenes Verschulden, weil sie der entsprechenden Empfehlung des Mieter­schutz­vereins gefolgt sind. Sie durften von der Kompetenz des Mieter­schutz­vereins in Mietrechts­fragen ausgehen und hatten keinen Anlass, an dem erteilten Rat zu zweifeln. Die beklagten Mieter müssen aber – anders als das Berufungs­gericht gemeint hat – auch für schuldhaftes Verhalten des von ihnen eingeschalteten Mieter­schutz­vereins einstehen. Denn auch der Mieter ist nach der geltenden gesetzlichen Regelung (§ 278 BGB) im Verhältnis zum Vermieter für das Verschulden derjenigen Personen verantwortlich, derer er sich im Rahmen der Erfüllung seiner mietver­trag­lichen Pflichten bedient; er kann gegebenenfalls bei diesen Personen Rückgriff nehmen.

Der Mieter­schutz­verein hat die Beklagten fahrlässig falsch beraten. Zu jener Zeit – vor der Entscheidung des Bundes­ge­richtshofs vom 8. März 2006 - war in der Rechtsprechung der Instanzgerichte umstritten, ob dem Mieter nicht preisgebundenen Wohnraums ein Anspruch auf Übermittlung von Fotokopien der Abrech­nungs­belege zur Betrie­bs­kos­te­n­a­b­rechnung zusteht. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundes­ge­richtshofs ist ein Rechtsirrtum nur dann entschuldigt, wenn der Irrende bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt mit einer anderen Beurteilung durch die Gerichte nicht zu rechnen braucht. Das war hier nicht der Fall. Angesichts der ungeklärten Rechtslage musste damit gerechnet werden, dass ein solcher Anspruch – und damit auch ein darauf gestütztes Zurück­be­hal­tungsrecht – später von der Rechtsprechung verneint werden würde. Der Mieter­schutz­verein handelte deshalb fahrlässig, wenn er dem Mieter dennoch riet, die Betrie­bs­kos­ten­vor­aus­zah­lungen zurück­zu­be­halten.

Vorinstanz:

AG Herne-Wanne – 14 C 216/05 ./. LG Bochum – 5 S 277/05

Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 145/2006 des BGH vom 25.10.2006

der Leitsatz

BGB §§ 573 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1, 278

Der Mieter ist im Rahmen von § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB auch für das schuldhafte Verhalten eines Erfül­lungs­ge­hilfen nach § 278 BGB verantwortlich; die ordentliche Kündigung des Vermieters wegen einer nicht unerheblichen Vertrags­ver­letzung setzt nicht ein eigenes schuldhaftes Verhalten des Mieters voraus.

Ein Mieter­schutz­verein, der den Mieter bei der Entscheidung darüber berät, ob er von einem Zurück­be­hal­tungsrecht an der Miete Gebrauch machen soll, ist Erfül­lungs­gehilfe des Mieters bei der Erfüllung der Verpflichtung zur Entrichtung der Miete.

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