21.11.2024
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Dokument-Nr. 23685

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Urteil08.11.2007BundesgerichtshofVII ZR 183/05
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • MDR 2008, 200Zeitschrift: Monatsschrift für Deutsches Recht (MDR), Jahrgang: 2008, Seite: 200
  • NJW 2008, 511Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Jahrgang: 2008, Seite: 511
  • NZBau 2008, 109Neue Zeitschrift für Baurecht und Vergaberecht (NZBau), Jahrgang: 2008, Seite: 109
  • NZM 2008, 94Neue Zeitschrift für Miet- und Wohnungsrecht (NZM), Jahrgang: 2008, Seite: 94
  • ZIP 2008, 273Zeitschrift für Wirtschaftsrecht (ZIP), Jahrgang: 2008, Seite: 273
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Vorinstanzen:
  • Landgericht München II, Urteil12.08.2004, 3 O 4414/03
  • Oberlandesgericht München, Urteil28.06.2005, 28 U 4500/04
ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Urteil08.11.2007

BGH: Keine Mängelhaftung des Auftragnehmers wegen unzureichender Vorleistungen eines Dritten bei Erfüllung der Prüfungs- und Hinweis­pflichtenVerletzung der Prüfungs- und Hinweis­pflichten begründet ohne Vorliegen eines Mangels keine Mängelhaftung

Ist ein Werk aufgrund unzureichender Vorleistungen eines Dritten mangelhaft, so haftet dafür der Auftragnehmer nicht, wenn er auf die Bedenken hingewiesen hat, die ihm bei der gebotenen Prüfung gegen die Geeignetheit der Vorleistung des Dritten gekommen sind oder bei ordnungsgemäßer Prüfung hätte kommen müssen. Jedoch begründet allein die Verletzung der Prüfungs- und Hinweispflicht ohne Vorliegen eines Mangels keine Mängelhaftung. Dies hat der Bundes­ge­richtshof entschieden.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Nachdem sich der Inhaber eines Forsthauses ein Block­heiz­kraftwerk errichten ließ, beauftragte er im November 2002 eine Heizungs­baufirma mit der Errichtung einer Heizungsanlage. Obwohl für die Firma erkennbar war, dass die Heizungsanlage wegen Mängel am Block­heiz­kraftwerk nicht funktionieren würde, beendete sie ihre Arbeiten ohne dem Auftraggeber von der zu erwartenden Funkti­o­ns­un­fä­higkeit der Heizungsanlage zu unterrichten. Das Block­heiz­kraftwerk stellte aufgrund einer zu geringen Stromabnahme keine ausreichende Wärme für die Heizungsanlage zur Verfügung. Nach Abschluss der Arbeiten erfuhr davon der Auftraggeber. Er erklärte daraufhin den Rücktritt vom Vertrag und verlangte die bereits gezahlte Vergütung in Höhe von 19.280 EUR zurück. Da sich die Heizungs­baufirma weigerte, kam der Fall vor Gericht.

Landgericht bejahte Rückzah­lungs­an­spruch, Oberlan­des­gericht verneinte ihn

Während das Landgericht München II einen Rückzah­lungs­an­spruch bejahte, verneinte das Oberlan­des­gericht München einen solchen Anspruch. Seiner Auffassung nach sei die Leistung der Heizungs­baufirma mangelfrei gewesen. Ihr könne nicht angelastet werden, dass das Block­heiz­kraftwerk keine ausreichende Wärme erzeugte. Die Firma sei auch nicht verpflichtet gewesen, auf die Unter­di­men­si­o­nierung des Heizwerks hinzuweisen. Gegen diese Entscheidung legte der Auftraggeber Revision ein.

Bundes­ge­richtshof hob Berufungs­ent­scheidung auf

Der Bundes­ge­richtshof entschied zu Gunsten des Auftraggebers und hob daher die Entscheidung des Oberlan­des­ge­richts auf. Zu Unrecht sei es von einer Mangelfreiheit der Heizungsanlage ausgegangen.

Mangel­haf­tigkeit der Heizungsanlage

Zwar sei es richtig, so der Bundes­ge­richtshof, dass die Heizungs­baufirma nicht für den Mangel des Block­heiz­kraftwerks einzustehen habe. Jedoch sei die von ihr errichtete Heizungsanlage ebenfalls mangelhaft gewesen. Durch die Heizungsanlage habe das Forsthaus ausreichend beheizt und mit Warmwasser versorgt werden sollen. Diesen vertraglich vereinbarten Gebrauchszweck habe die Anlage hingegen nicht erfüllt. Sie sei daher mangelhaft gewesen. Dabei habe es keine Rolle gespielt, dass die Heizungsanlage für sich genommen ordnungsgemäß errichtet wurde und die mangelnde Funkti­o­ns­fä­higkeit ausschließlich auf das Block­heiz­kraftwerk zurückzuführen war. Denn ein Werk sei auch dann mangelhaft, wenn es die vereinbarte Funktion nur deshalb nicht erfülle, weil die vom Auftraggeber zur Verfügung gestellten Leistungen Dritter, von denen die Funkti­o­ns­fä­higkeit des Werks abhänge, unzureichend seien.

Ausschluss der Mängelhaftung bei Erfüllung der Prüfungs- und Hinweis­pflichten

Der Auftragnehmer könne in diesen Fällen nach Ansicht des Bundes­ge­richthofs der Verant­wort­lichkeit für den Mangel seines Werks durch Erfüllung seiner Prüfungs- und Hinweis­pflichten entgehen. Denn in den Fällen von Vorleistungen sei die Eigen­ver­ant­wortung des Auftragnehmers für die Herstellung des Werks eingeschränkt und deshalb die verschul­den­su­n­ab­hängige Mängelhaftung nicht uneingeschränkt inter­es­sens­gerecht. Der Ausschluss der Mängelhaftung sei daher geboten, wenn er seine auf die ordnungsgemäße Vertrags­er­füllung gerichtete Pflicht erfüllt habe, den Auftraggeber auf die Bedenken hinzuweisen, die ihm bei der gebotenen Prüfung der Geeignetheit der Vorleistung Dritter gekommen seien oder bei ordnungsgemäßer Prüfung hätte kommen müssen.

Umfang der Prüfungs- und Hinweispflicht

Der Umfang der Prüfungs- und Hinweispflicht richte sich nach Auffassung des Bundes­ge­richtshofs nach den Umständen des Einzelfalls. Stehe die Arbeit in engem Zusammenhang mit der Vorarbeit eines Dritten, müsse der Auftragnehmer prüfen und gegebenenfalls geeignete Erkundigungen einziehen, ob diese Vorarbeit eine geeignete Grundlage für sein Werk biete und keine Eigenschaften besitze, die den Erfolg seiner Arbeit in Frage stellen können. Selbst wenn er den Auftraggeber darauf hingewiesen habe, dass bestimmte Voraussetzungen für sein Werk vorliegen müssen, müsse er sich grundsätzlich vergewissern, ob diese Voraussetzungen eingehalten sind.

Keine Mängelhaftung allein aufgrund Verletzung der Prüfungs- und Hinweis­pflichten

Der Bundes­ge­richtshof verwies darauf, dass die Verletzung der Prüfungs- und Hinweis­pflichten allein eine Mängelhaftung nicht begründet. Die verschul­den­su­n­ab­hängige Mängelhaftung könne nur durch einen Sach- oder Rechtsmangel des vom Auftragnehmer hergestellten Werks begründet werden. Die Prüfungs- und Hinweispflicht befreie den Auftragnehmer demgegenüber lediglich von der Mängelhaftung.

Mögliche Verletzung der Prüfungs- und Hinweispflicht

Die Heizungs­baufirma sei verpflichtet gewesen, so der Bundes­ge­richtshof, auf für sie als Fachunternehmen erkennbare, die Funkti­o­ns­fä­higkeit der Heizungsanlage beein­träch­tigende Mängel des Block­heiz­kraft­werkes hinzuweisen. Ob sie dieser Hinweispflicht nachgekommen sei, habe das Oberlan­des­gericht nicht festgestellt. Der Fall sei daher an das Oberlan­des­gericht zur Neuverhandlung zurückzuweisen gewesen.

Quelle: Bundesgerichtshof, ra-online (vt/rb)

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