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- Landgericht Hannover, Urteil20.02.2008, 11 O 397/05
- Oberlandesgericht Celle, Urteil17.06.2009, 14 U 62/08
- Landgericht Aurich, Urteil20.06.2008, 3 O 1271/06(317)
- Oberlandesgericht Oldenburg, Urteil14.10.2008, 12 U 76/08
Bundesgerichtshof Urteil22.07.2010
BGH zur Auslegung des Zuschlags nach einem verzögerten VergabeverfahrenAnspruch auf Mehrvergütung wegen Bauzeitverschiebung nach verzögerten öffentlichen Vergabeverfahren auch bei Erwähnung neuer Bauzeit im Zuschlagsschreiben möglich
Der Bundesgerichtshof hat sich in zwei Verfahren mit der Frage befasst, ob dem Bauunternehmer ein Anspruch auf Mehrvergütung wegen einer Bauzeitverschiebung nach einem verzögerten öffentlichen Vergabeverfahren zusteht.
Bereits in seinem Grundsatzurteil vom 11. Mai 2009 hat der Bundesgerichtshof bereits entschieden, dass ein solcher Mehrvergütungsanspruch bestehen kann, wenn der Zuschlag ungeachtet der inzwischen verstrichenen in der Ausschreibung genannten Bautermine unverändert auf das Angebot erteilt worden ist.
Zuschlag auch dann möglich, wenn ausgeschriebene Termine und Fristen nicht eingehalten werden können
In den hiesigen Fällen hatte der Auftraggeber bereits im Zusammenhang mit dem Zuschlag Erklärungen zur nunmehr geltenden Bauzeit abgegeben. Nach der aktuellen Entscheidung erfolgt ein Zuschlag in einem durch ein Nachprüfungsverfahren verzögerten öffentlichen Vergabeverfahren über Bauleistungen im Zweifel auch dann zu den ausgeschriebenen Fristen und Terminen, wenn diese nicht mehr eingehalten werden können und der Auftraggeber daher im Zuschlagsschreiben eine neue Bauzeit erwähnt.
Sachverhalt im Fall VII ZR 129/09
Im ersten Fall das Oberlandesgericht die Klage der Auftragnehmerin auf Mehrvergütung abgewiesen, soweit diese nicht von der beklagten Auftraggeberin anerkannt worden sei. Die Grundsätze des Urteils des Bundesgerichtshofs vom 11. Mai 2009 fänden hier keine Anwendung, weil die Beklagte mit ihrem Zuschlag das Angebot der Klägerin nicht unverändert angenommen, sondern verbunden mit einem neuen Angebot (Bau zu anderen Zeiten) abgelehnt habe. Dieses neue Angebot habe die Klägerin zu den ursprünglichen Angebotspreisen angenommen. Raum für eine darüber hinaus gehende Vergütung bestehe daher nicht.
Sachverhalt im Fall VII ZR 213/08
In der Sache VII ZR 213/08 hat das Oberlandesgericht hingegen der Klage der Auftragnehmerin im vollen Umfang stattgegeben. Die Beklagte habe mit dem Zuschlag das ursprüngliche Angebot der Klägerin nicht unverändert angenommen, sondern unter dessen Ablehnung ein neues Angebot mit veränderten Ausführungsfristen unterbreitet (§ 150 Abs. 2 BGB*). Dieses habe wiederum die Klägerin nicht unverändert akzeptiert, sondern mit der Auftragsbestätigung eine Mehrvergütung für die Verzögerung begehrt, die die Beklagte jedenfalls nicht habe verweigern dürften.
Bundesgerichtshof hat in beiden Fällen die Berufungsentscheidung aufgehoben
Der Bundesgerichtshof hat in beiden Fällen die Berufungsentscheidung aufgehoben die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Zur Begründung hat er ausgeführt, dass die jeweilige Auslegung der Erklärungen des Auftraggebers im den Zuschlag begleitenden Schreiben nicht interessengerecht erfolgt sei. Der Zuschlag erfolge in Fällen wie diesen im Zweifel auf das ursprüngliche Angebot des Bieters. Die Erwähnung einer neuen Bauzeit sei bei der gebotenen vergaberechtskonformen Auslegung im Zweifel nicht als abänderndes neues Angebot im Sinne des § 150 Abs. 2 BGB zu verstehen, sondern als Hinweis auf die danach notwendige Einigung der Parteien über eine neue Bauzeit. Damit schließt der Senat an die Grundsatzentscheidung an.
Die jeweiligen Berufungsgerichte werden nunmehr über die Höhe des Anspruchs auf Mehrvergütung nach den Grundsätzen nach § 2 Nr. 5 VOB/B** erneut zu entscheiden haben.
Erläuterungen
* § 150 Abs. 2 BGB: Verspätete und abändernde Annahme
(2) Eine Annahme unter Erweiterungen, Einschränkungen oder sonstigen Änderungen gilt als Ablehnung verbunden mit einem neuen Antrag.
** § 2 Nr. 5 VOB/B:
Werden durch Änderung des Bauentwurfs oder andere Anordnungen des Auftraggebers die Grundlagen des Preises für eine im Vertrag vorgesehene Leistung geändert, so ist eine neuer Preis unter Berücksichtigung der Mehr- oder Minderkosten zu vereinbaren. Die Vereinbarung soll vor der Ausführung getroffen werden.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 26.07.2010
Quelle: Bundesgerichtshof/ra-online
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